Fiat hatte sich 2017 die Promotion des Sondermodells "Anniversario"
zum 60. Geburtstag des ewig jungen 500ers einiges kosten lassen.
Da
machte "Oscar"-Preisträger Adrien Brody eine Zeitreise ins Mailand
der 1960er-Jahre. Er flirtete in der Ära des Dolce Vita zu den
Klängen des "Come Prima" von Mario Lanza -und dann wurde sein
romantischer Ausflug im "Nuova Cinquecento" am 6. Februar 2018 vom
Handelsgericht Wien jäh unterbrochen. Das vom VKI begehrteUnterlassungsurteil 11Cg 62/17f kommt zum Ergebnis, dass der
sentimentale Fernsehspot nichts als eine irreführend unvollständige
Leasingwerbung sei.
Tausend Zeichen in zwei Sekunden Brody ist an dem Debakel unschuldig.
Sein viereinhalb Minuten langer Auftritt wurde von der FCA Austria
GmbH aus Kostengründen auf 30 Sekunden eingedampft und mittels einer
Einblendung von 4 Sekunden unter den Slogan gestellt: "Der neue Fiat
Cinquecento Anniversario -schon ab EUR 65,-/MONAT* INKL. 4 JAHREN
GARANTIE**". 2 weitere Sekunden dienen dem halb so großen
schriftlichen Hinweis über die Modalitäten dieses Leasingangebotes.
Tausend Zeichen lang, die niemand in 2 Sekunden lesen kann.
Dieser Spot geriet ins Fadenkreuz des Vereins für
Konsumenteninformation. Der rügte, dass "die Wiedergabe der
Standardinformationen in einem unleserlichen Kleindruck für die Dauer
von einer Sekunde in einer dreißigsekündigen Fernsehwerbung nicht der
Anforderung entspreche, Standardinformationen klar, prägnant und
auffallend zu erteilen".
Die Fiat-Werber hätten das vorausahnen können: Bereits zuvor sind sie
mit dem im TV für den Fiat 500 propagierten Slogan "500 Tage zum
Nulltarif" auf die Nase gefallen. Im Urteil 5R45/16y vom 20.10.2016
entschied das Oberlandesgericht Wien rechtskräftig, dass die Werbung
"Null Euro Anzahlung -null Euro Zinsen" ohne ausreichende Hinweise
auf die Gesamtkosten der Finanzierung rechtswidrig war.
Fiat sah das Ganze anders: " Eine Geschäftsanbahnung für den Kauf
eines Kfz erfolge üblicherweise in Autohäusern oder durch
Informationssuche im Internet. Der beanstandete Fernsehspot solle
lediglich Interesse wecken und sei weit vor einer Geschäftsanbahnung
angesiedelt. Dass bei der Fernsehwerbung nicht auf den
Gesamtkreditbetrag,effektiven Jahreszinssatz und Gebühren verwiesen
werde, sei nicht rechtswidrig, weil das Publikum aufgrund der
geringen Aufmerksamkeit bei Fernsehwerbung ohnehin keine
detaillierten Informationen erwarte."
Worauf das OLG klarstellte: "§ 5 VKrG verfolgt das Ziel, den
spezifischen Schutz des Verbrauchers sehr frühzeitig beginnen zu
lassen, nämlich weit vor dem Einsetzen der vorvertraglichen Phase.
Die Relevanz der Irreführungseignung ist schon dann zu bejahen, wenn
die unrichtige Angabe den Durchschnittsverbraucher dazu veranlassen
kann, sich näher mit dem Angebot des Unternehmens zu befassen."
Verbraucher erhält Informationen anderweitig Fiat beklagte sich, das
Handelsgericht habe die Besonderheiten des Fernsehens nicht
berücksichtigt. "Die von §5 VKrG geforderten Standardinformationen
seien so umfangreich, dass sie weder für eine Verlesung in einem
Werbespot noch zur Einblendung als Text taugten."Für einen
derartigen Fall bestimmt das Gesetz, dass der Werbende alle jene
Maßnahmen zu treffen hat, diese Informationen dem Verbraucher
anderweitig zur Verfügung zu stellen. Bei der Beurteilung dieser
Informationspflicht ist aus der Sicht des OLG "in erster Linie darauf
abzustellen, ob ein deutlicher, verständlicher Hinweis darauf
besteht, dass weiterführende Informationen bestehen und wo diese zu
finden sind".
FCA hat aus diesem Urteil nichts gelernt. "Die Zusatzinformationen
erfolgen nur für ca. 2 Sekunden und somit in einer Zeit, in der sie
keinesfalls zur Gänze gelesen werden können. Die Fernsehwerbung ist
daher nicht auffallend im Sinne des § 5 VKrG", begründet Richter Dr.
Alexander Sackl die Verurteilung der Beklagten. Auch der Hinweis in
der Internetwerbung sei unzureichendgewesen. Ob Fiat dieses Urteil
schluckt oder wie vor Jahren in Berufung geht, war zu
Redaktionsschluss offen. (KNÖ)