Subtiler Sexismus oder auch Mikrosexismus ist im Schweizer
Arbeitsleben nach wie vor gang und gäbe. In der Autobranche
vermutlich noch extremer. Wie sich Frau dagegen wehren kann, erklärt
die US-Autorin Jessica Bennett in ihrem neuen Buch «Feminist Fight
Club». Eine spannende Lektüre, um mit Frauenpower ins neue Jahr zu
starten.
Sexismus am Arbeitsplatz ist ein Thema, das viele Frauen beschäftigt.
Ihn zu erkennen, zu benennen und zu entlarven, gelingt uns oftmals
erst beim nächsten Mädelstreffen oder Frauenabend - weit weg vom
eigentlichen Ort des Geschehens.
Genauso erging es der Autorin und Journalistin Jessica Bennett.
Gemeinsam mit ihren Freundinnen, zu der Zeit alle in der Kreativ-und
Medienbranche New Yorks beschäftigt, gründete sie deshalb vor einigen
Jahren den «Feminist Fight Club». Ungefähr einmal im Monat haben sie
sich in dem elterlichen Apartment eines Mitgliedes getroffen und sich
über ihre Erfahrungen im Berufsleben, den Sexismus, der ihnen
begegnete, ausgetauscht, sich gegenseitig getröstetund bestärkt.
Damals war die einzige Regel die, dass alles, was im Feminist Fight
Club (FFC) besprochen wurde, dort blieb.
Doch irgendwann begriffen Bennett und ihre Freundinnen, dass es an
der Zeit war, offen gegen den Sexismus vorzugehen. Regel Nummer eins
und zwei des FFC wurde -in Anlehnung an den Film«Fight Club» mit
Brad Pitt: «You must talk about the Feminist Fight Club.» Aber auch
Solidarität unter Frauen wurde in den Regeln manifestiert: Regel
Nummer drei lautet zum Beispiel: «We fight PATRIARCHY, not each
other.» Und Regel Nummer vier beginnt mit: «Membership to the FFC
means you´ve taken an oath to help other women -all women.» Der
Kollektivitätsanspruch der FFC-Bewegung wird in Regel Nummer acht
deutlich: «No wallflowers. Everyone must fight.»
Gemeinsam, nicht gegeneinander
Der Kampf gegen sexistische Strukturen ist für Bennett also ein
gemeinsamer, dem sich keines der Mitglieder entziehen darf. Wie aber
bekämpft man das Patriarchat im Büroalltag? Diese Frage trieb auch
den FFC um.
Sie fanden Antworten, die die Ebene der Theorie verlassen und im
alltäglichen Kampf gegen Rassismus Anwendung finden können. Um diese
Antworten mit möglichst vielen Frauen teilen zu können, hat Bennett
deshalb nun ein humorvolles, aber auch wütendes Buch voller
praktikabler Tipps für den Kampf gegen Sexismus geschrieben:
«Feminist Fight Club. An office survival manual (for a sexist
workplace).»
Um sexistische Verhältnisse zu bekämpfen, braucht es aber noch mehr.
Eine Waffe des FFC ist dabei der Humor. Auf dem Cover des Buches
steht zum Beispiel: «Book is 21 per cent more expensive for men» -
der Gender-Pay-Gap liegt in den USA bei 21 Prozent. Das Buch kostet
natürlich für alle gleich viel, aber alleindie Idee zeigt, wie
absurd es ist, dass es diesen Gehaltsunterschied immer noch gibt.
Humor hilft der Sache also ungemein. Er kannTüren zu Leuten öffnen,
denen das Thema sonst zu unangenehm wäre. Und ein humorvoller Umgang
kann dazu beitragen, dass der Mythos der humorlosen Feministin
endlich beseitigt wird.
Wut und Humor sind also die Antriebsmotoren des FFC. Wie kann das
Buch aber auf täglicher Basis helfen? Zum Beispiel enthält es Tipps,
wie Frauen sich gegenseitig in Meetingsituationen unterstützen
können: Merkst du, dass deine Kollegin mitten im Satz von einem
anderen Kollegen unterbrochen wird, schreite ein und sag etwas wie:
«Ich würde gerne hören, was Anna dazu zu sagen hat.» Laut Bennett
sollten wir Frauen viel mehr füreinander unterbrechen.
Ein anderes Beispiel: Es gibt ein ganzes Kapitel zum Thema
Gehaltsverhandlungen. Dort führt Bennett zuerst Fakten auf, die
beweisen, dass der Gender-Pay-Gap real ist, und erklärt einmal mehr,
warum wir endlich dagegen angehen müssen. Dabei hilft, dass Bennett
eine von uns ist. Sie räumt ein, dass sie selbst solche Verhandlungen
hasst und dass sie unglaublich schlecht darin war, bis sie endlich
aufgehört hat, Ausreden zu finden. Genau deswegen kann sie vielleicht
die besten Tipps geben. Auf den folgenden Seiten folgen, nach einer
ausführlichen Anleitung, wie man sich auf das Gespräch vorbereiten
kann, Protokolle möglicher Gesprächsverlaufe, die helfen können, auf
jegliche Reaktion des Chefs die richtige Antwort zu geben. Dabei
verliert Bennett nie den Bezug zur Realität, sie betont immer wieder,
dass es nicht darum gehe, zu jammern, sondern darum, das zu bekommen,
was man verdient. Nicht mehr -aber, verdammt noch mal, auch nicht
weniger.
Frauen sollen sich gegenseitig unterstützen
Ein wichtiges Anliegen ist Bennett dabei, wie erwähnt, auch die
Solidarität unter Frauen. Sie zieht eine Umfrage heran, in der 95
Prozent der Frauen angaben, dass sie sich bei der Arbeit von einer
anderen Frau unterschätzt fühlten: «You´ve been the underminer
yourself!» Auch das müssen wir uns bewusst machen und unser Verhalten
dementsprechend ändern. Auch Männer dürften von Bennetts Ratschlägen
profitieren. Sie können ebenfalls in einen FFC aufgenommen werden -
und sind als Verbündete gar essentiell, so die Autorin.
Ein wichtigerTeil im Buch beschäftigt sich mit den grössten «Feinden»
und wie Frau darauf reagieren sollte. Da wäre zum Beispiel der
«Manterrupter». Er lässt Frauen nicht ausreden. Bennett rät: einfach
weiterreden. Wenn ein Mann dazwischenredet, sollte Frau unbeirrt
fortfahren. Gleichzeitig kann Frau ihm einen Blick zuwerfen, der
bedeutet: «Wage es nicht, mich zu unterbrechen.» Weitere Tipps: Den
Störenfried direkt ansprechen, sich nach vorne lehnen und am
Sitzungstisch einen strategisch günstigen Platz ergattern.
Ein weiterer«Feind» ist der Ideenklauer, er heimst das Lob für die
Arbeit anderer ein. Studien zeigen, dass in gemischten Arbeitsgruppen
tendenziell die Männer die Lorbeeren für die gemeinsame Arbeit
erhalten. Mühsam ist auch der «Zur-Sekretärin-Degradierer». Dieser
Kollege macht Frau gern zu seiner Sekretärin. Er fragt etwa, ob sie
in einem Meeting Notizen machen könnten, setzt sie in den CC
wichtiger E-Mails
und bittet sie, Kaffee für einen Kunden zu holen. Zu guter Letzt gibt
es da noch den «Mansplainer». Er ist schlauer als sie. Das denkt er
zumindest. Er erklärt Frauen auf eine gönnerhafte, oft herablassende
Art die Welt. Häufig auch, ohne dass Frau ihn darum gebeten hätte.
Wie man mit all diesen Männertypen umgeht,erklärt Bennett witzig und
direkt in ihrem Buch, das Frauen dabei helfen soll, groteske
Situationen mit Humor und guten Argumenten zu bewältigen.