Lob und Tadel. So hat es die Erfahrung gelehrt.
Ausschliesslich Tadel
und man wird nicht ernst genommen. Also zuerst Lob: Verlängerte
durchgezogene Sicherheitslinien bei Autobahneinfahrten im Kanton
Aargau. So begreifen die Autofahrer, dass sie mit wenigstens 80 km/h
auf die Autobahn einfahren sollen, bevor sie gleich auf die linke
Spur ausschwenken. Und neuerdings die Signalisation am Baregg. Sie
signalisiert auf allen drei Spuren Destination Zürich, statt den
Verkehr nach Zürich früh nach links zu lenken. Der Kanton Aargau
erzieht zum Rechtsfahren! Lob: Überholverbote für Lastwagen wurden
fast schweizweit eingerichtet. Das war"s dann aber schon, weil
zeitlich begrenzt. Und für Cars und die Fernbusse gelten sie nicht,
so bringt das nichts. Es bleibt nur Tadel. So für den Kanton Zürich,
wo der 4,5 Kilometer lange Uetlibergtunnel auf 80 km/h limitiert ist.
Grund: Nach der Röhre wird Müll aufgesammelt.
Das Astra ist gemeint, immer wieder das Astra. Das die
Rahmenbedingungen bestimmt und nun in den Agglomerationen Tempo 80
auf Autobahnen durchsetzen will, frequenzabhängig, wie es heisst.
Unser Verkehrsdepartement müsste sich durchringen, die
Verkehrsteilnehmer als erwachsene Menschen wahrzunehmen -oder halt
die Latten für den Erwerb des Führerausweises höher legen.
Verkehrssinn ist freilich keine Anforderung. Im Fokus steht das
ökologische und defensive Fahren. Damit entkrampft man den
Individualverkehr nicht; das Recht liegt stets bei den Bremsern und
kostet Kapazitäten. WeitererTadel: Durchgezogene Sicherheitslinie
nach Buchrain Richtung Luzern, Vorwegweiser Gotthard beziehungsweise
Basel schon vor dem Rathausen-Tunnel. Radar bei der Einspurstrecke,
wo man beschleunigen könnte, um die Einspurenden nicht zum Bremsen zu
zwingen. Richtung Rothenburg neuerdings dreispurig: Vorwegweiser nach
Rothenburg schon in Luzern, so fahren selbst die Sattelschlepper
bereits Kilometer vor der Ausfahrt auf der mittleren Spur. Tadel an
den Kanton mit den flächendeckenden Radarfallen; Stauentschlackung
ist nicht mehr möglich. Das Chaos hat man abendlich ab halb fünf.
Das CH-Verkehrssystem funktioniert so: Hauptsache Kolonnenverkehr, ja
nicht Gasgeben. Tempo 80 ausserorts dank Waldsterben, so kann man
sichtbehindernde und träge Lastwagen legal nicht überholen. Das
schlimmste Übel, spült aber seit Laserüberwachungen und flexiblen
Radaranhängern Millionen in die Kantonskassen und Autofahrer
interimistisch in den öffentlichen Verkehr. Es zu unterlassen, würde
Millionenverluste für die angepassten Budgets bedeuten. Also muss
trotz «Besserung» der Verkehrsteilnehmer die Schraube weiter
angezogen werden. Eines Tages wird das Kindergartenprinzip greifen:
Keiner gibt mehr Gas, um Situationen zu entschärfen, und den Kantonen
werden Millionen im Budget fehlen. Also muss man erfinderisch neue
Bussenfallen entwickeln. Für Sattelschlepper viel zu enge Kreisel,
nach dem man sich dazu entschieden hatte, weitere Flächen für
Logistikunternehmungen freizugeben. Keine Weitsicht, groteske
Verkehrsdesaster mitten in der Schweiz, wo noch vor Kurzem Kühe
weideten.
Saniert wird immer, meistens auf Vorrat, was dazu führt, dass selbst
auf Hauptstrassen in hoher Kadenz Signalregulierungen wegen
Einspurigkeit während zehn Monaten installiert werden müssen. Im Jahr
darauf folgen die Garantiearbeiten. Vorinformationen unterwegs?
Fehlanzeige! Man könnte ja auf die Idee kommen, ein «Nebengleis» zu
nutzen. Das bringt die Anwohner auf die Palme und würde dazu führen,
mit dem Sanieren schneller vorwärts machen zu müssen. Nein, besser
die möglichen Umwegstrecken ebenfalls mit einer Baustelle beglücken.
Koordiniertes Unkoordinieren, ein schweizweit erfolgreiches Konzept,
den motorisierten Strassenverkehr zu domestizieren: Hauptsache, man
darfüberhaupt noch Auto fahren. Und auf Autobahnen
vorTagesbaustellen kaum je Möglichkeiten, den Pannenstreifen zu
nutzen, obwohl die teuren Signalisationen der Tiefbauämter dazu
vorhanden wären.
Der Leser wird vielleicht beipflichten. Man sollte aber fragen:«Wie
haben Sie zur Milchkuhinitiative abgestimmt beziehungsweise haben Sie
überhaupt daran teilgenommen?» Dabei ging es nämlich nicht nur um die
Finanzierung der Verkehrssysteme, sondern es war eine Abstimmung mit
politischer Schwerkraft. Das Resultat bekräftigt die Politiker und in
der Folge das Astra, die Tiefbauinspektorate und die
Bauunternehmungen in ihremTun, den Autofahrer weiterhin zu piesacken.
Es hat beispielsweise die linke Stadtzürcher Regierung geradezu
beflügelt, verschiedene 50er-Zonen neu in das 30er-Regime
einzubinden: Der Verkehrskindergarten Schweiz ist nicht nur, aber
auch, von uns gemacht.