Gibt es die freie Lkw-Werkstattüberhaupt noch? Die Frage ist auch in dieser Deutlichkeit keinesfalls übertrieben. Der Zug zur Marken-Spezialisierung hat im Geschäft mit den schweren Nutzfahrzeugen deutlich mehr Dynamik als am Pkw-Sektor. Hier wie dort hält modernste Technik Einzug, die gewartet werden will - eine Entwicklung,die Ansprüche an die Ausrüstung ebenso stellt wie an die Aus-und Weiterbildung der Mitarbeiter. "Wir sind mittlerweile so weit, dass wir Fremdfabrikate nicht mehr angreifen", sagt Komm.-Rat Walter Aichwalder, Kärntner Landesinnungsmeister für Fahrzeugtechnik, der Werkstatt und -als längstgedienter DAF-Händler Österreichs - Nfz-Handel in Klagenfurt betreibt. Es fehle vor allem an Erfahrung und Einarbeitung in die durch Elektronik bedingten Eigenheiten der Fabrikate, die nicht mehr bewältigbar seien. "Selbst Reparaturen, die an sich rein mechanischer Natur sind, erfordern ein "Anlernen", das nur mit dem entsprechenden Computer durchgeführt werden kann", gibt er ein Beispiel. "Die Elektronik hat das Berufsbild verändert", teilt Nikolaus Glisic, Geschäftsführer von Petschl-Werkstätten in Perg, die Ansicht des Kärntner Unternehmerkollegen, sieht aber auch den Vorteil: Was die "eigenen" Marken betrifft, genießt man hohe Kundentreue. "Es gibt kaum noch freie Anbieter, die dieselben Dienstleistungen in derselben Qualität erbringen können wie wir."

Einen besorgniserregenden Trend sieht Aichwalder in der Tatsache, dass große Fuhrparks mehr und mehr selbst große Werkstätten unterhalten. Seine Kunden sind Flotten mit 40 bis 45 Fahrzeugen, und auch kleinere Kärntner Unternehmer.

One-Stop-Shop

Bei den Fabrikaten, mit denen man Verträge abgeschlossen hat, wird dafür die komplette Bandbreite aller Arbeiten abgedeckt. Die zahlreichen Überprüfungen -von §57a über Fahrtenschreiber bis zu Lärmarmüberprüfung oder Kranüberprüfung - stellen die Auslastung der Werkstatt sicher, sind Umsatzbringer und eine Möglichkeit zur Kundenbindung. Akribie bei der Durchführung sei unerlässlich, sagt Aichwalder: "Bei uns in Kärnten werden sehr viele Revisionen durchgeführt; insgesamt gibt es dabei wenig Grund zu Beanstandungen." Wichtig sei, dass die Betriebe ihre Mitarbeiter regelmäßig zu den Schulungen schicken -technisch tue sich im Bereich §-57a-Überprüfung im Nfz-Sektor deutlich mehr als bei den Pkws.

Dass die Asfinag mit ihren mobilen Prüfstellen kleinlich empfindliche Strafen verteile, das nennt Aichwalder auf gut Kärntnerisch "Läuse klauben". Die Legitimation dafür leite sich der Autobahnbetreiber aus dem Bild des gefährlichen Auslands-Lkw ab, das zumindest teilweise stimme. "Oft ist die Zugmaschine gut, was hinten dranhängt, ist gefährlich."

Noch mehr Sicherheit und Fairness soll ab 2019 der Schritt zum Smart-Tacho bringen, ist sich Mag. Franz Weinberger, Leiter des Unterausschusses Nutzfahrzeuge im Arbeitskreis der Automobilimporteure, sicher: "Im Ringen um faire Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU ein wesentlicher Schritt nach vorn." Allerdings schadet die wachsende Korrektheit durchaus auch dem Werkstattgeschäft. Früher sei ein Lkw im Fernverkehr von einem Fahrer etwa 180.000 Kilometer im Jahr bewegt worden, heute gerade noch 120.000 -mit den erwartbaren Auswirkungen auf Service-und Reparaturgeschäft.

Wie sauber geht noch?

Kritisch sieht IV-Funktionär Weinberger die Forderung nach immer noch saubereren Trucks. "Wir haben bereits heute sehr sparsame Fahrzeuge, die im Fernverkehr weit unter 30 l/100 km schaffen - mit 40 t Gewicht! Das lässt sich zwar noch weiter optimieren, aber das bekommt man nicht gratis." Gerade im Frachtgeschäft müsse man jede Teuerung gut argumentieren können. "Einen Lkw kauft der Unternehmer nicht zum Spaß." In Sachen Wirtschaftlichkeit sei der Kunde ohnehin strenger als das Gesetz. Alternative Antriebe sieht Weinberger bestenfalls im Entstehen, eine Ablöse des Diesels im Frachtgewerbe sei nicht in Sicht. "EVwerden im urbanen Zustellgeschäft eine Berechtigung haben", gibt er immerhin zu und erwähnt Flüssiggas (LPG) als interessante Alternative mit wettbewerbsfähiger Reichweite. Der Brennstoffzelle -immer wieder im Gerede als "Elektroantrieb für Brummis" - erteilt er eine klare Absage: Es fehle jegliche Infrastruktur.

Das 2. und 3. Leben des schwarzen Goldes

Mit etwa 250.000 verkauften Truck-und Busreifen pro Jahr zählt Bridgestone zu den größten Anbietern von Nfz-Pneus in Österreich, auch in den wesentlich kleineren Bereichen Agrar und Erdbewegung ist man tätig. Die Marktentwicklung 2017 bezeichnet Martin Krauss, Country Manager für Österreich, als "stabil" - die Händler seien der Preiserhöhung zu Jahresbeginn mit Einlager-Strategien begegnet, was sich jetzt im Herbst wieder nivelliere.

Mit seiner 100-Prozent-Tochter Bandag ist Bridgestone weltweit der größte Kalterneuerer von Nfz-Reifen. "Zwar ist das Runderneuern in anderen Ländern beliebter, aber auch in Österreich schätzt man die 60 Prozent Kostenersparnis, die sich durch das 2. und 3. Leben eines Reifens erzielen lassen." Natürlich sei auch die Umweltfreundlichkeit ein zugkräftiges Argument für das Runderneuern, dessen teilweise schlechter Ruf auf Technologien der Vergangenheit zurückzuführen sei. Besonders gern in Anspruch genommen wird die Runderneuerung dort, wo Reifen im Betrieb beschädigt werden, also im Bereich Bau. Bandag bietet zu jedem Neureifen ein identisches Profilbeim Runderneuerten an.

Das Reifengeschäft mit den schweren Brummern "Truck und Bus" teilt sich in die 3 Segmente: Bau, Regional und Long Range, mit jeweils spezifischen Anforderungen an Material und Profil. In der Kundenbeziehung sei das Geschäft stark "endverbrauchergetrieben", so Krauss. "Eine gute Zusammenarbeit zwischen Hersteller, dem Handel als verlängertem Arm und dem Kunden ist enorm wichtig." Neben der Hauptmarke Bridgestone ist der japanische Konzern auch mit der Preis-Leistungs-Marke Firestone und der Budget-Brand Dayton am Markt. Letztere steigt per Ende 2017 auch in den Markt für Leicht-und Medium-Lkw-Reifen mit ein.