und ehrt mir ihre Kunst." Dieser Lobgesang des Hans Sachs in Richard
Wagners "Meistersinger" scheint im Kfz-Gewerbe außer Mode zu sein.
Denn der Weg zum "Meister" ist steinig.
Lehre, Gesellenprüfung und Meisterkurse kosten Zeit und Geld. Warum
soll sich einer dieser Tortur unterziehen? Schließlich reicht eine
simple Bescheinigung seiner fachlichen Kompetenz durch einen
Kfz-Sachverständigen, um damit als vollwertiger
Kraftfahrzeugtechniker eine Kfz-Werkstätte zu eröffnen.
Die ersten Erleichterungen hat es bereits 2002 mit der Novellierung
der Gewerbeordnung gegeben. Für jedes reglementierte Gewerbe wurde
der Zugang im Verordnungsweg festgelegt. Sobald der
Werkstättenaspirant die in der Verordnung festgelegten
Voraussetzungen erfüllt hatte, galt die fachliche Qualifikation ex
lege als erwiesen. Konnte ein derartiger "genereller
Befähigungsnachweis" nicht erbracht werden, stand die Möglichkeit
offen, die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen
Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen durch individuelle
Beweismittel nachzuweisen ("individueller Befähigungsnachweis").
Überdies wurde die Zulassung zur Meisterprüfung nicht mehr an den
Nachweis einer abgeschlossenen Berufsausbildung und einer
zweijährigen Praxis gebunden. Ein bestandener Lehrabschluss konnte
Teile der Meisterprüfung ersetzen.
Weitere Erleichterungen
2008 hat das Wirtschaftsministerium den Weg zum Kfz-Techniker,
Kfz-Spengler und Kfz-Lackierer weiter erleichtert. Neben geprüften
Meistern bekamen auch TUund FH-Absolventen aus dem Bereich
Maschinenbau bei Nachweis einer einjährigen einschlägigen Praxis den
Gewerbeschein.
Absolventen einer Werkmeisterschule für Berufstätige hatten nach
einer erfolgreichen Unternehmerprüfung und einer zweijährigen
einschlägigen Praxis Anspruch auf den begehrten Gewerbeschein. Eine
weitere Alternative war der Abschluss einer von der Kammer als
vollwertig anerkannten Kfz-Ausbildung und eine mindestens vierjährige
einschlägige Praxis als Selbstständiger oder Betriebsleiter.
Anderseits reichen aber auch Zeugnisse über eine fünfjährige
unselbstständige Kfz-Tätigkeit in Verbindung mit einer dreijährigen
einschlägigen Tätigkeit als Selbstständiger.
In der Praxis kann somit ein fertiger Lehrling mit fünf Praxisjahren
mit einer Servicebox starten und nach dreijähriger Selbstständigkeit
den Kfz-Gewerbeschein anfordern. Oder er lässt sich von einem
befreundeten Kfz-Unternehmer ein Zeugnis über eine sechsjährige
einschlägige Tätigkeit als Betriebsleiter ausstellen.
Zulassungsbedingungen weiter verwässert
Während einzelne Innungsmitglieder weiterhin vehement um die Qualität
der Lehrlingsausbildung kämpften, kam es 2012 zu einer weiteren
-europaweiten -Verwässerung der Zulassungsbedingungen. Zur
Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung von Berufsausbildungen
innerhalb der EU wurde der § 19 derGewerbeordnung novelliert.
Seither kann die "individuelle Befähigung" der Gewerbebehörde einfach
durch ein Privatgutachten eines Kfz-Sachverständigen nachgewiesen
werden. Der bescheinigt seinem Kunden, dass er über die "für die
jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeitenund
Erfahrungen verfügt".
Diese Gutachten sind ab 800 Euro wohlfeil zu erhalten. Für die für
den Bereich Gewerbe in Wien zuständige Magistratsabteilung 63 gibt es
auch keine Veranlassung, die Qualität dieser Nachweise zu bezweifeln.
Schließlich stammen sie von honorigen Mitgliedern des Wiener
Innungsausschusses wie etwa Helmut Neverla, Cheftechniker bei
Oldtimerrallyes, odervom ehemaligen Innungsmeister Ing. Werner
Fessl, der auch im Wiener Gremialausschuss Sitz und Stimme hat. Oder
vom Autohändler und Oldtimer-Guru Franz Steinbacher. Alles alte
Kämmerer, die sich ihre Meisterprüfung noch mühsam erkämpfen mussten.
Über "preiswerte Alternative" entsetzt
Selbst alte Branchenprofis kannten diese legale Lücke im dualen
Ausbildungssystem nicht. "Ich hab" das ursprünglich gar nicht glauben
können", ist Eduard Strobl, Seniorchef von Peugeot Strobl in Wien,
über diese Rechtslage entsetzt. Deren ursprüngliche Idee war es, etwa
Kfz-Technikern mit einem türkischen oder serbischen Meisterbrief den
Besuch und die Kosten einer österreichischen Meisterschule zu
ersparen. In der Zwischenzeit hat sich diese preiswerte Alternative
eines Sachverständigengutachtens herumgesprochen. Strobl, seit etwa
einem Jahr als stellvertretender Innungsmeister in Wien tätig, sieht
damit die profunde Berufsausbildung mit den dazugehörigen Lehrgängen
und Prüfungen gefährdet. "Warum soll einer für seine Ausbildung,
seine Kenntnisse und seinen Meistertitel 10.000 Euro ausgeben, wenn
er den Befähigungsnachweis und die Gewerbeberechtigung auch um 1.000
Euro bekommt?", ärgert er sich "über diese Clique, diebei dem Ganzen
mitmacht".
730 Meisterbetriebe, 701 Servicestationen
Politisch lässt sich dieses neue System als Liberalisierung des
Gewerbes gut verkaufen. So stehen in Wien 730 Meisterbetrieben
bereits 701 Servicestationen gegenüber. Den Ärger haben dann in
erster Linie jene Kunden, denen unerfahrene Mechaniker bei einer
Reparatur ihr Auto verpfuschen. Ärger haben letztlich auch die
Arbeiterkammern, die sich als Konsumentenschützer mit solchen
verpfuschten Reparaturen und den daraus resultierenden Reklamationen
herumzuschlagen haben.