Was mich mit dem Segeln verbindet, sind a) Abenteuerromane wie die Odyssee (in der Auguste-Lechner-Version, nicht das verkopfte Köhlmeier-Zeug) und b) eine etwas verstörende Kindheitserinnerung an einen Onkel, der in teils von Bierbauch überlappter Badehose mit Blumenmuster eine Kiste Uttendorfer Märzen an Bord eines kleinen Segelboots wuchtet, auf dessen Bug "Angelika" steht.

Insofern bin ich aufÜberraschungen gefasst, als ich zum Treffen mit Österreichs Segel-Legenden Roman Hagara und Hans-Peter Steinacher in Zell am See eintreffe -einer Region, in der man in zwei Tagen problemlos einen kompletten Katalog für Österreich-Tourismus durchfotografieren könnte: Wasser-und Bergsport, Kitzbüheler Horn, Sisi-Nostalgie und Wirtschaftswunderdenkmal Kapruner Stauseen. Ganz zu schweigen von der prächtigen Auswahl für Auto- oder Motorrad-Ausflüge: Glocknerstraße, Nockberge, Hochkönig, Gerlospass, ...

Schneller als der Wind?

Was auf dem schimmernden Blaugrün des Zeller Sees auf mich zugleitet, verblüfft mich dann trotz aller Vorbereitung. Der Katamaran der Klasse Extreme 40 mutet an wie etwas aus Star Trek. Zwölf Meter lang, 19 Meter Masthöhe, Kohlefaser bis ins papierdünne Segeltuch hinein. Über 70 km/h schnell ist er; schneller als der Wind,der ihn antreibt. Da hätte Auguste Lechner lang am Stift gekaut beim Überlegen, ob sie ihren Leser solches Seemannsgarn zumuten darf. Schneller als der Wind? Für "Skipper" Hagara und "Taktiker" Steinacher, der in Zell am See zu Hause ist, keine große Sache: Man nütze einfach den Gegenwind aus.Und das tun die beiden Doppelolympiasieger plus Team nach wie vor im hoch kompetitiven Umfeld. In der Extreme Sailing Series segeln sie heuer einen GC32-Katamaran mit "Foiling"-Technologie, der von Tragflächen aus dem Wasser gehoben wird, um noch schneller zu sein. Dabei komme es darauf an, erklärt Steinacher, das Boot sowohl in der Längsals auch der Querachse zu stabilisieren und die Balance zwischen Sicherheit und Attacke zu finden. Ziel für die Saison, die am 3. Dezember vor Los Cabos zu Ende geht?"Im Wettkampf will man gewinnen", stellt Hagara nüchtern fest. Auf Komfort legt das Teamhöchstens bei der motorisierten Fortbewegung Wert: Statt des Range Rover Sport kommt seit heuer der neue Land Rover Discovery zum Einsatz.

Freundliche Flaute unterm Horn

Dass das "Horn" hier im Pinzgau kein stürmisches Kap, sondern eine beeindruckende Bergkulisse bezeichnet, erweist sich an Bord des Renn-Katamarans für diesen Tag als Wetter-Omen: Die Temperaturen klettern in die Dreißiger, der Zeller See plätschert freundlich. Ein mildes Lüfterl vermeidet jegliche Provokation der Hightech-Segel. Anstelle wilder Tempojagd stellen sich Erinnerungen an diesen Sommertag damals auf der Angelika ein. Mir kommt Coleridge in den Sinn: "As idle as a painted ship/Upon a painted ocean", Sie wissen schon. Gibt"s die Uttendorfer Brauerei eigentlich noch?