Mit der X-Klasse wagt sich Mercedes als erster Premiumhersteller in
den Nutzfahrzeugbereich.
Was in Europa der VW Golf ist, ist in den USA der Ford F-150. Und der
ist kein kompaktes Schrägheck, sondern ein 5,9 Meter langer Pickup.
Dass die - in Beamtendeutsch wenig schmeichelhaft "Pritsche"
genannten Wagen - auch hierzulande immer beliebter werden, ist jedoch
nicht vom Tisch zu weisen, weshalb sich jetzt auch der erste deutsche
Premium-Hersteller in den Bereich vorwagt. Und das tun die
Stuttgarter nicht ohne Unterstützung eines erfahrenen Pick-up-Bauers.
So basiert die neue X-Klasse, die bei uns am 10. November auf den
Markt kommt, technisch auf dem Nissan Navara, der wiederum eng mit
dem in naher Zukunft auf den Markt kommenden Renault Alaskan (siehe
Seite 18) verwandt ist. Außerdem wird die europäische Version der
X-Klasse im Nissan-Werk in Barcelona gebaut. Wie viel Mercedes steckt
also im mindestens 40.692 Euro teureren Stern mit Ladefläche?
Hackeln zum Luxustarif?
Mit einem Einstiegspreis von 40.692 Euro bildet der Mercedes das Ende
der Fahnenstange im Pickup-Segment. Seine Konkurrenten Fiat Fullback,
VW Amarok, Ford Ranger, Mitsubishi L200, Toyota Hilux, Nissan Navara
und der kommende Renault Alaskan sind teilweise fast die Hälfte
günstiger. Man darf jedoch annehmen, dass der Lifestyle-Laster mit
Stern ohnehin im besser betuchten Kundenkreis wildern wird. Für den
künftigen Markterfolg sprechen auch die dreistelligen
Vorbestellungen, die von Kunden stammen, die das Fahrzeug noch nie in
natura gesehen haben.
Drei Varianten im Angebot!
Mercedes offeriert insgesamt drei Varianten der X-Klasse: Die
Basisvariante "Pure" ist für den harten Einsatz konzipiert und glänzt
vor allem durch Funktionalität und Robustheit. Die
"Progressive"-Version (im Bild) ist etwas mehr Bling-Bling und
richtet sich an Menschen, die einen robusten Pickup mit mehr
Stylingelementen und Komfort suchen - das klassische
Dual-Use-Fahrzeug für Arbeit und Freizeit also. Die
"Power"-Ausführung wiederum bildet die Spitze der
Ausstattungsmöglichkeiten und richtet sich an Käufer, die auf Optik,
Performance und Komfort stehen und nichts zu transportieren haben ...
Kein Benziner im Programm!
In Europa ist das Pickup-Segment reinrassiges Diesel-Territorium,
weshalb Mercedes-Benz ausschließlich Selbstzünder offeriert. Ab Start
sind die Vierzylinder 220d (163 PS) und 250d (190 PS) zu haben. Ab
Mitte 2018 ergänzt der Sechszylinder 350d mit 258 PS die
Motorenpalette. Die schwächeren Diesel verfügen über zuschaltbaren
Allradantrieb, der stärkste Selbstzünder ist stets mittels
permanentem 4WD-Antrieb unterwegs.
Nicht alles gleich!
Das Fahrgestell der X-Klasse basiert auf einem robusten
Stahlprofil-Leiterrahmen mit Schraubenfedern und gleicht in großen
Zügen dem des Nissan Navara. Das heißt: Vorn steckt eine robuste
Doppelquerlenker-Einzelradaufhängung, hinten eine belastbare
Fünflenker-Starrachse. Dazu hat Mercedes an der Spur gedreht und der
X-Klasse breitere Räder verpasst. Das soll in Summe eine
komfortablere Abstimmung als beim Nissan ergeben und höhere
Kurvengeschwindigkeiten erlauben.
Kein Lichtband am Hintern!
Das umlaufende Brems-Lichterband der Studie "Concept X-Class" hat es
leider nicht in die Serie geschafft. Schade, denn damit wäre die
X-Klasse zum Blickfang im Pickup-Segment mutiert. Trotz einem
massiven Stoßfänger und den versteckten Auspuffrohren ist der Hintern
der Serienversion schlussendlich etwas beliebig geraten, mit einer
Ladefläche, die eine Euro-Palette fasst, den serienmäßigen
Verzurrösen und der 12-Volt-Steckdose bleibt aber zumindest der
Praxisnutzen hoch.
Fesch und ziemlich edel!
Im Innenraum ist der Einfluss von Mercedes an der höheren Material-
und Verarbeitungsqualität deutlich sicht- und spürbar, auch wenn der
Knauf vom Automatikwahlhebel auf einem etwas altbacken wirkenden
Chrom-Stangerl sitzt. Optional erhältlich ist etwa das "Comand
Online"-System, das unter anderem Navi, Sprachsteuerung und eine
integrierte Festplatte mitbringt. Gesteuert wird das System über das
Touchpad auf der Mittelkonsole, zudem sind gegen Aufpreis eine
360-Grad-Kamera und alle modernen Fahrassistenten an Bord.
Fährt sich wie ein großer Pkw!
Handling und Ausstattung der X-Klasse erinnern an die V-Klasse,
während die Nutz-und Anhängelast (1.100 beziehungsweise 3.500
Kilogramm) sowie die knapp 22 Zentimeter Bodenfreiheit typische
Charakterzüge von Nutzfahrzeugen sind und sie fit für gröbere
Aufgaben machen.