Die chinesische WKW-Gruppe will mit einem Elektroauto, das in
Deutschland gefertigt wird, starten: Doch wie sind die
Erfolgsaussichten?
Der deutsche Univ.-Prof. Ferdinand Dudenhöffer ist ein Mann der
klaren Worte und messerscharfen Analysen, so auch bei seiner
Beurteilung der Erfolgsaussichten des chinesischen Investments der
Pekinger WKW-Gruppe in Deutschland: "WKW Automotive ist ein reiner
Auto-Zulieferer, der keine Erfahrung mit den Qualitätsstandards und
dem Lohnniveau in Deutschland hat und noch nie als Auftragsfertiger
tätig war."
Zwar wurde vor 17 Jahren WKW China nur als Zuliefer-Joint-Venture
zwischen der deutschen WKW-Gruppe und der Investment-Firma Beijing
Zhong Huan Investment Management Co. Ltd. gegründet. Seit 2002 ist
die chinesische Gruppe rasch gewachsen und beschäftigt heute mehr als
10.000 Mitarbeiter in 11 Tochterfirmen, die hochwertige Autoteile für
die VW-Gruppe, Daimler, BMW, Volvo, Ford, GM und SAIC in ganz China
fertigen.
Im April 2017 berichtete die deutsche Presse erstmalsüber das
Investment von WKW in Rothenburg (nahe der polnischen Grenze). Der
sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig war erfreut über das
Cash-Investment eines "chinesischen Zulieferers" in der Höhe von
sagenhaften 1,14 Milliarden Euro. Auf dem 200 Hektar großen Gelände
des ehemaligen NVA-Militärflughafens soll ja nur ein Zulieferwerk
errichtet werden. Doch die Immobilie hat mehr zu bieten: optimale
Rahmenbedingungen für ein komplexes Fertigungswerk mit großen
Montagelinien auf einem gut nivellierten Grundstück mit tragfähigen
Betonflächen. Plant der Investor gar die Einschleusung eines
elektrischen trojanischen Pferdes aus China, das den Niedergang der
Diesel-Autolobby in Deutschland beschleunigen soll?
Serienfertigung soll 2019 beginnen
Chinesische Internet-Recherchen bestätigen es: WKW hat fast
zeitgleich am 20. März 2017 einen strategischen Kooperationsvertrag
mit der Hybrid Kinetik Gruppe aus Hong Kong unterzeichnet. Beide
Unternehmen haben inzwischen ein Joint Venture zur Fertigung von
hochstromfähigen, kurzschlussfesten und sehr hohe Ladezyklen
verträglichenLithiumtitanat-Batterien für Elektroautos in Ningbo
gestartet. Am Standort in Rothenburg plant WKW&Hybrid Kinetik die
Serienfertigung der HK600 Limousine im Jahr 2019 und wird sowohl den
importierten Tesla-Modellen als auch den neuen deutschen
Oberklassen-Elektrikern von Audi, BMW und Daimler Konkurrenz machen.
Die deutsche WKW-Tochter Delon Automotive GmbH verspricht die
Schaffung von 1.000 Arbeitsplätzen, genug um den HK600 in Rothenburg
zu fertigen (Magna in Graz produziert mit ca. 3.500 Mitarbeitern
mehrere Modelle). Die deutschen Regionalförderstellen in der
strukturschwachen Region mit hoher Arbeitslosigkeit an der Ostgrenze
sind begeistert: Nationale und EU-Fördermittel lassen sich für die
Investoren zusätzlich lukrieren.
Für einen chinesischen Premium-Elektroautofertiger ist der Standort
auch aus einem weiteren Grund äußerst attraktiv: Im Umkreis von 250
Kilometern produzieren etablierte deutsche Autobauer wie VW, Porsche
und BMW Mittel-und Oberklassefahrzeuge im SUV-und im
Limousinen-Segment. Daimler errichtet überdies in Kamenz eine
Batteriefabrik und VW plant die Fertigung von Elektroautos in
Dresden.
Netz von Zulieferern schon in der Umgebung
Die Delon Automotive GmbH wurde im Mai 2017 im chinesischen
Firmenbuch eingetragen, das Investment wird mit 1,139 Milliarden Euro
angegeben -ganz schön hoch für einen Zulieferer, der angeblich nur
Fahrzeug-Innenteile und DekorElemente produzieren wird. Vielmehr
orientiert sich Delon am Erfolgsmodell von Magna und wird ein
Auftragsfertiger für chinesische Elektroautobauer in Deutschland.
Die "automotiven Stärkefelder" in der Region sind die
Zuliefer-Netzwerke für VW, Porsche und BMW. Delon kann aus einem
Lieferantenpool von mehr als 750 hochwertigen Teileherstellern für
Modelle wie VW Passat, Porsche Cayenne, Macan und Panamera zugreifen
und wird sicher auch Lieferanten für den BMW i3 (seit 2013 in Leipzig
gefertigt) überzeugen können.
China förderte zuerst die EV-Führerschaft im eigenen Land durch die
geschickte, einseitige Förderpolitik, gleichzeitig wurden deutsche
Autobauer massiv "demotiviert"(Insider sprechen von ganz bewusster
Behinderung). Diese Strategie wurde schon erfolgreich gegenüber
ausländischen Unternehmen in Shanghai in den Jahren 1948 bis 1953
nach der Machtübernahme der Kommunisten angewendet, die letzten Endes
zum "freiwilligen Verkauf verlustbringender, einst hochprofitabler
Betriebe an die Regierung" führte.
Dieser smartere Schritt des Regimes in Peking ist gut geplant: Die
Export-Hürde wird erst gar nicht in Angriff genommen, sondern man
fördert gleich die Errichtung von Montagewerken für Elektroautos im
Kernland der europäischen Autoindustrie. Das Qualitäts-Label "Made in
Germany" ist ein gutes Kaufargument für die Kundschaft im oberen
Mittelklasse-Segment. Das europäische Fahrzeug-Design und die
Prototypen-Entwicklung bis zur Serienreife kommt von der
italienischen Pininfarina-Gruppe.
Für markenungebundene österreichische Importeure und Autohändler
könnten die Umwälzungen in der Autobranche durch die chinesische
E-Mobilität durchaus eine Chance für neue Geschäfte sein.