ach vielen Jahren des teils sehr lieblosen Vorantastens beginnt jetzt die zweite Phase der Elektromobilität. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen es reine Glückssache war, ob der Strom in einem als alltagstauglich angepriesenen Automobil wirklich für volle 50 Kilometer reichen würde. Oder die Absage von Ausfahrten, nur weil es ein paar Grad zu kalt dafür war. Längst hat die internationale Automobilindustrie erkannt, dass in der Zukunft kein Weg an der Elektromobilität vorbeiführt, auch wenn zurzeit Fragen wie jene nach neuen Batterietechnologien ebenso wenig beantwortet werden können wie jene nach den Quellen des Stroms. Keine Antwort gibt es auch auf die Frage, ob der elektrische Antrieb wirklich umweltfreundlicher ist als moderne Verbrennungsmotoren.

Das Henne-Ei-Prinzip, das zuvor schon mitverantwortlich für das Scheitern der wunderbaren Erd-Bio-Gasfahrzeuge war, hat in den letzten Jahren nicht nur viele Verzögerungen für rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge verursacht, sondern auch all jene wirtschaftlich abgestraft, die versucht haben, sich eine Vorreiterrolle zu sichern. Um mit einem Auto Geld zu verdienen, muss es - aus welchem Grund auch immer - begehrenswert sein. Das gelingt nicht mit Leichtbaukisten, die sich fahren wie Leiterwagen und damit eine gleichermaßen wirtschaftliche wie umweltfreundliche Möglichkeit schaffen, von A nach B zu kommen. Die Zielgruppe, die auf solche Fahrzeuge anspricht, kann es sich aus verschiedensten Gründen nicht leisten, in neue, nicht ausgereifte Technologien zu investieren. Schon gar nicht, wenn ein solches Fahrzeug alle Transportaufgaben einer Familie und dazu zählen fallweise auch Langstrecken erfüllen können muss. Neue Technologien müssen immer erst die "Reichen" ausprobieren, das war schon beim Umstieg vom Pferd aufs Auto so und wiederholte sich viele weitere Male.

Wie es wirklich geht - und da sei die Sache mit dem Geld verdienen einmal außen vor gelassen -hat uns Tesla in den letzten Jahren gezeigt. Das richtige Marketing und ein hoher Preis vorausgesetzt, können dafür sorgen, dass Menschen, die sich die Elektromobilität leisten können, diese plötzlich auch haben wollen. Weder das Model S noch das Model X sind in der Lage, gegen preislich vergleichbare Mitbewerber mit Verbrennungsmotoren objektiv zu punkten, sieht man einmal vom wirklich beeindruckenden "Selbstfahrmodus" der beiden Tesla-Modellreihen ab. Und doch stehen die Kunden Schlange, um sie zu bekommen, alle Einschränkungen inklusive.

Ob es die Sehnsucht nach der nahezu geräuschlosen Fortbewegung, die perfekte Vernetzung mit dem Internet oder doch nur ein neues Prestigedenken ist, bleibt aktuell unbeantwortet. Es ist im Grunde aber auch egal. Zu glauben, alle Tesla-Käufer wären Gründenker, ist angesichts der Tatsache, dass die allermeisten von ihnen auch Sport-und/oder Geländewagen mit Verbrennungsmotoren unter der Haube in ihren Garagen haben, eine ziemlich verzerrte - um nicht zu sagen völlig falsche - Einschätzung der Situation.

Für all das, was Tesla bisher geleistet hat, müssten die klassischen Automobilhersteller in aller Welt eigentlich sehr dankbar sein. Man könnte sogar noch weiter gehen und sagen, sie müssten Tesla kaufen und untereinander aufteilen, um Tesla-Gründer Elon Musk frisches Geld für neue Projekte zukommen zu lassen, zumal er bestimmt viele andere Dinge noch deutlich besser kann, als Autos zu bauen.

Allen Autosalons der vergangen Monate, von jenem in New York vielleicht abgesehen, gemein war, dass viele namhafte Hersteller weit mehr als nur irgendeine Idee in Sachen Elektromobilität präsentierten. Im Mittelpunkt dabei nicht die Mobilität der breiten Masse, sondern jene, die sich in luxuriösen SUV-Modellen, Oberklasse-Limousinen und Spitzen-Sportwagen abspielt. Die Industrie bekennt sich damit, endlich das Thema von oben nach unten in Angriff zu nehmen und trifft eine goldrichtige Entscheidung, nicht zuletzt, weil sie damit viel schneller anfängt, auch abseits der Verbrennungsmotoren gutes Geld zu verdienen.

Für die nächsten Jahre scheint somit der Weg durch leistungsstarke schwere Modelle vorgegeben, die ihre Kraft nur dann auf die Straße bringen, wenn sie über vier angetriebene Räder verfügen, womit das Thema Allrad zum echten Zukunftsthema mutiert, was wiederum für viele Experten überraschendsein wird. Dass das keine leeren Worte sind, beweisen rund 90 Prozent aller neuen Automobil-Studien, die markenunabhängig allesamt groß und mächtig auftreten. Sobald wesentliche Schritte hinsichtlich der Entwicklung der Batterietechnologien abgehakt sind, wird sich die Industrie dem Thema Leichtbau widmen und erst dann, wenn es auch dort gravierende Fortschritte gibt, wird man zu kleinen, leichten und günstigen Modellen übergehen, für die ein Allradantrieb voraussichtlich nicht notwendig sein wird.

Während also die Zukunft des Allradantriebes zumindest in den höheren Preisklassen gesichert scheint, muss sich der Verbrennungsmotor langsam Sorgen um seine Zukunft machen. Nicht, weil er nicht noch enormes Potenzial bereithalten würde oder gar, weil er alles zusammengerechnet weniger umweltfreundlich wäre, sondern weil seine Nutzung in der automobilen Zukunft zu teuer käme und weil die Elektromobilität völlig neue Karosserievarianten erlaubt, die den Wunsch nach zusätzlichem Komfort und Platz bei vernünftigen Außenabmessungen erfüllen kann. Über Erfolg und Misserfolg entscheidet in Zukunft das Design neuer Automobile noch viel mehr als bisher und der Verbrennungsmotor kommt nicht umhin, dieses negativ zu beeinflussen. Elektromotoren sind im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren nicht an gewisse Abmessungsverhältnisse gebunden. Zusätzlich ist es möglich, einen Elektromotor direkt am Rad anzubringen. Dass Batterien nahezu jede erdenkliche Form annehmen können, zeigen uns längst die Elektrofahrräder. Sogar dann, wenn die Hersteller irgendwann erkennen sollten, ein spezielles Getriebe zu benötigen, um die Fahrbarkeit von Elektroautos weiter zu optimieren, dürfte sich dafür ein Plätzchen finden. Keinen Platz sieht modernes Design jedoch für klassische Antriebswellen, herkömmliche Getriebe und andere essenzielle Bauteile heutiger Automobile vor, wodurch irgendwann alle Hersteller dazu übergehen werden, Verbrennungsmotoren nur noch in Nischenund Auslaufmodellenzur Anwendung zu bringen.

Klassische Geländewagen wird dies nur dort betreffen, wo die Infrastruktur noch nicht ausreichend gegeben ist. Hierzulande jedoch werden auch echte Offroader die Vorteile des rein elektrischen Antriebs schnell verinnerlichen. Als Beispiel dafür sei nur die Anpassungsfähigkeit an den Untergrund angeführt, dererst durch den Wegfall eines mechanischen Radantriebs möglich wird. Extrem spannend sind auch die hohen Drehmomente, die rein elektrisch auf jedes Rad übertragen werden können und all die Möglichkeiten einer externen Steuerung, um in gefährlichen Situationen nicht selbst an Bord sein zu müssen.

Auf den nächsten Seiten widmen wir uns jenen Neuheiten, mit denen wir in den letzten Wochen erstmals konfrontiert waren und wir zum Teil schon in ein oder zwei Jahren live auf der Straße erleben werden. Den Abschluss des Schwerpunktthemas des heurigen ALLRADKATALOGs bildet ein Einblick in die Kompetenz, über die österreichische Unternehmen im Bereich der Elektromobilität bereits verfügen. Natürlich wird das Ende der Verbrennungsmotoren auch im Bereich der extrem wichtigen österreichischen Zulieferindustrie alles auf den Kopf stellen, doch auch die Elektromobilität macht nicht alles kaputt, sondern öffnet auch viele neue Geschäftsbereiche, in denen Österreich seine Bedeutung als Autoland nicht nur sichern, sondern im besten Fall sogar ausbauen kann. Die Zukunft kann beginnen. «