Bei der allgemeinen Diskussionüber die Zukunft des Automobils
drängen sich Parallelen zur heimischen Politik auf. Es wird alles
Erdenkliche versprochen, ohne die Umsetzung zu berücksichtigen.
Da
werden einerseits Hoffnungen auf den Elektroantrieb erweckt und wem
das nicht reicht, der möge sich gleich auf das autonome Fahrenvorbereiten. Ein kurzer Griff zum Taschenrechner steht einer
allgemeinen Verbreitung solcher Wunschvorstellungen entgegen. Nicht
zuletzt fehlt es an klaren gesetzlichen Vorgaben zur
Vereinheitlichung der Systeme, was aber voraussetzen würde, dass wie
beim Katalysator die Gesetzgebung die technischeEntwicklung
vorantreibt und diese nicht wie momentan der Entwicklung hinten
nachläuft.
So positiv sich die internationale Normierung technischer Systeme im
Automobilsektor auch bisher ausgewirkt hat, in Perioden größerer
Änderungen erweist sich der Apparat als sehr schwerfällig. Da ist
zunächst die nahezu weltweite Organisation ECE, die einige Jährchen
zur Ausarbeitung von Normen braucht, danach beraten die Gremien der
EU über deren Anerkennung und dann erst beginnt die Umsetzung in
nationales Recht. Unter dem Strich muss daher mit einem Zeitraum von
10 Jahren bis zu einer verbindlichen Umsetzung gerechnet werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass in den genannten Institutionen wegen
ihrer internen Gliederung nicht für alle Details einer technischen
Umsetzung gleiche Verantwortlichkeiten gegeben sind. Dies gilt
insbesondere für Elektroautos, deren Hauptproblem in der
Energieversorgung liegt. Abgesehen von den unterschiedlichen
Steckersystemen wären vor allem bei Lieferautos Systeme zum
Batteriewechsel hilfreich. Ohne technische Normierung werden Lösungen
einzelner Hersteller keine ausreichende Verbreitung am Markt
erreichen. Batterien von Elektroautos könnten auch bei der Lösung
eines allgemeinen Energieproblems behilflich sein, da etwa der von
Windanlagen gelieferte Strom entweder sofort verbrauchtoder irgendwo
gespeichert werden muss.
Wesentlich komplexer als beim Elektroauto stellt sich der Bedarf an
technischen und gesetzlichen Normen für das autonome Fahren dar. Wo
liegen die Grenzen des sensorgesteuerten Fahrvermögens? Wann hat der
Lenker einzugreifen? Wer ist für Unvorhergesehenes (z. B. nicht
erkennbarer Ölfilm auf der Fahrbahn) verantwortlich? War die
eingeleitete Abwehrhandlung der Software technisch gerechtfertigt
(legendäre Frage bei Gericht: ausweichen oder bremsen)? Bleibt der
Autonome nach einem leichten Sachschaden eigentlich stehen oder
begeht er generell Fahrerflucht? Fazit aus dem Ganzen ist, dass es
auf keinen Fall ohne Lenker geht. Zudem ist wie im automatisierten
Flugverkehr ein Fahrtenschreiber mit Aufzeichnung sämtlicher
Sensordaten unbedingt erforderlich. Gesetzliche Ansätze zur
Beantwortung solcher Fragen sind bislang nicht erkennbar. Da
hauptsächlich visuell wirkende Sensoren zum Einsatz gelangen, sind
zudem Grundvoraussetzungen der Straßeninfrastruktur festzulegen.
Das am häufigsten genannte Argument zur Einführung autonomen Fahrens
ist die menschliche Unzulänglichkeit, die für 90 Prozent der
Verkehrsunfälle verantwortlich sein soll. Es darf aber vor allem bei
schweren Unfällen nicht vergessen werden, dass krasse
Überschreitungen gesetzlicher oder durch Vernunft gebotener Grenzen
vorkommen. Würde es also möglich sein, dem selbstfahrenden Auto den
Befehl zu erteilen, sämtliche Grenzen der Physik auszunützen, um so
schnell als möglich ans Ziel zu gelangen? Wohl kaum! Dazu gehört eine
gehörige Portion Leichtsinn. Auch der Gedanke, sich dann
alkoholisiert ans Steuer setzen zu können, dürfte einer
unrealistischen Einschätzung entspringen.
Es gibt viele bemerkenswerte Hilfseinrichtungen wie
Notbremsassistenten oder Scheinwerfer mit Ausblendung des
Gegenverkehrs, die uns das Lenken entscheidend erleichtern. Es wäre
wesentlich vernünftiger, für deren rasche und flächendeckende
Verbreitung zu sorgen, als den aufwändigen und teuren Griff nach den
Sternen zu wagen. Das sind Minderheitenprogramme.