Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage." Treffender als Mephisto in Goethes "Faust" kann man nicht beklagen, was passiert, wenn an sich sinnvolle Regeln im Laufe der Gesetzgebungsperioden zu unverständlichen Konvoluten anschwellen. Vor diesen muss der einzelne Mensch dann nicht selten kopfschüttelnd kapitulieren. Der Fall der Schönheitssalon-Betreiberin Katia Wagner hat kürzlich im öffentlichen Bewusstsein wieder einmal nach oben gespült, welche Auswüchse die Vorschriften zum Arbeitnehmerschutz hierzulande angenommen haben. Aber das Problem beschränkt sich nicht auf mit Tageslicht unterversorgte Enthaarungs-Studios. Verantwortliche in kleinen und mittelgroßen Kfz-Betrieben haben bei den Berichten sicherlich oft bestätigend mit dem Kopf nicken müssen.

Dabei kann keine Rede davon sein, dass die Notwendigkeit von Arbeitnehmerschutz generell infrage gestellt wird. Ing. Helmut Peer, der für die AUVA österreichische Klein-und Mittelbetriebe in Sachen Arbeitssicherheit berät, vergleicht die Akzeptanz in den Betrieben mit der für die Pickerlüberprüfung beim Auto. "Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer werden von den Betrieben nicht infrage gestellt, sondern als selbstverständlich und notwendig angesehen."

Unfallzahlen sinken

Es ist mit Sicherheit auch diesem allgemein gut ausgeprägten Sicherheitsbewusstsein zuzuschreiben, dass die Arbeitsunfallzahlen stetig im Sinkflug begriffen sind. 2.356 Arbeitsunfälle (ohne Unfälle am Arbeitsweg) ereigneten sich 2016 in Österreichs Kfz-Werkstätten und Autohäusern, um 266 weniger als noch 2010. In Produktionsbetrieben von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen passierten 810 Arbeitsunfälle, 2010 waren es noch 1.018. Ein positiver Trend, der nicht nur im Kfz-Bereich, sondern in der Gesamtwirtschaft zu beobachten ist: Über alle Wirtschaftsklassen hinweg passierten 2016 in Österreich 91.248 Arbeitsunfälle, um 7.747 weniger als noch zu Beginn des Jahrzehnts.

Nach wie vor sind Hand-und Armverletzungen am häufigsten zu behandeln, gefolgt von Kopfverletzungen. Die am meisten gefährdete Altersgruppe sind Arbeitnehmer unter 25 Jahren - über 40 Prozent der Unfälle passieren den Jungen.

Schwierigkeiten für KMUs

Als Einsatzleiter beim AUVA Präventionszentrum Innsbruck kennt Peer die Probleme, vor denen besonders kleinere Betriebe stehen. Denn während sich in großen Firmen eine Abteilung für professionelles Sicherheitsmanagement rechnet, ist in kleineren meist jemand neben seinem normalen Fulltime-Job mit der Arbeitssicherheit betraut.

Diese Personen kämpfen oft schon in organisatorischen Fragen mit ersten Unsicherheiten: Ab wie vielen Mitarbeitern müssen Arbeitsschutzmaßnahmen eingezogen werden? In welchen zeitlichen Abständen muss überprüft werden? Wer darf prüfen? Und wie muss die Überprüfung dokumentiert werden? Sind diese Einstiegshürden einmal gemeistert, können erst die praktischen Fragen angegangen werden. "Die häufigsten Probleme, die wir sehen, betreffen zum Beispiel die Verwendung falscher Putzmittel oder unsachgemäßen Umgang mit gefährlichen Stoffen", erzählt Peer, dem es wichtig ist zu betonen, dass er und seineKollegen -Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner - keine Kontrollore sind, sondern beratend zur Seite stehen.

Mehr als Schutzkleidung

Gesundheitsschutz erfordert jedenfalls mehr als nur die Anschaffung geeigneter Schutzkleidung. Auch bei den Produktherstellern geht der Trend von Einzellösungen hin zu einer systematischen Herangehensweise an Problemstellungen. Branchenriese 3M bietet etwa nicht nur ein komplettes Gehörschutz-Sortiment, sondern darüber hinaus eine App für Android-oder Apple-Smartphones, die das Lärmniveau misst und mittels Ampelfarben anzeigt, ob und welcher Schutz nötig ist. Natürlich empfiehlt das Programm dann auch das passende 3M-Produkt, vom Ohrstöpsel über den Bügel-bis zum Kapselgehörschutz.

System statt Einzellösung ist bei Berufs-und Schutzkleidung sowie Fußmatten mittlerweile für viele Betriebe ganz normal. Staufer Textilpflege aus Linz hat nicht nur Berufs- und Sicherheitskleidung der verschiedenen Schutzklassen im Miet-Sortiment, sondern auch den eleganten Nadelstreifanzug oder das dezente Businesskostüm für Meeting und Kundentermin.

Kostenlose Beratung als Gewinn für die Allgemeinheit

Klein- und Mittelbetriebe bis zu 50 Mitarbeitern können die Beratung der insgesamt neun österreichischen AUVA-Präventionszentren (Infos im Netz unter: www.auva.at/auvasicher) kostenlos in Anspruch nehmen. Eine gute Investition: Für jeden eingesetzten Euro, so rechnen die Experten der Pflichtversicherung vor, erspart sich das Gesundheitssystem 3Euro an Heilungskosten, Rehabilitation oder Renten. Die durchschnittlichen Kosten für einen Arbeitsunfall in einem Kfz-Betrieb betragen laut AUVA 13.000 Euro. Diese Zahl allein sollte allen Beteiligten, auch den politisch Verantwortlichen, ausreichend Ansporn sein, den österreichischen Betriebeneinen effizienten - von Unsinn und Plage freien - Arbeitnehmerschutz zu ermöglichen.