Elektroautos erfreuen sich hoher politischer und mittlerweile in
vielen Ländern auch finanzieller Protektion in Form von Kaufprämien.
Allein: Die Autofahrer wollen nicht so recht.
"Elektromobilität ist
wie Ketchup: Du schüttelst und schüttelst und du weißt, irgendwann
kommt was. Aber du weißt nicht wann und wie viel", konstatierte
unlängst der Daimler-Entwicklungschef Ola Källenius.
Auch der Automobilhandel tut sich noch schwer mit dem Thema
"Elektromobilität". Immer wieder berichten potenzielle Käufer, dass
ihnen im Autohaus zwar die Elektromodelle gezeigt würden, der
Verkäufer dann aber am Schluss doch zum Kauf eines konventionell
angetriebenen Fahrzeugs rate. Sicher schwingt da die Angst mit, dass
der Käufer eines Elektrofahrzeugs im Alltagsbetrieb von der nach wie
vor geringen Reichweite dieser Fahrzeuge negativ überrascht wird und
dann die Schuld beim Verkäufer sucht, der ihn schlecht beraten hätte.
Da geht man lieber den sicheren Weg: Wenn man einen Benziner oder
Diesel verkauft, weiß man, was man hat.
Trotz der nachvollziehbaren Zurückhaltung: Der Automobilhandel muss
sich dem Verkauf von Elektrofahrzeugen öffnen, denn die Hersteller
werden in den nächsten Jahren ihr Angebot beträchtlich erweitern,
weil nur so die künftigen gültigen CO2-Grenzwerte erreicht werden.
Dabei sollte man die Elektromobilität durchaus auch alsChance sehen,
für neue, vor allem urbane und jüngere Zielgruppen interessant zu
werden, die mit der konventionellen Antriebstechnik nichts mehr am
Hut haben. Denn Elektroautos -Tesla macht es der Branche vor - haben
durchaus auch etwas mit Life-Style zu tun. Und das vor allem dann,
wenn die Fahrzeuge mit innovativen und interessanten IT-Features
ausgestattet werden. Als gelegentlicher Fahrer eines Tesla Model X
mache ich zum Beispiel die Feststellung, dass Kinder sich die Nase an
der Scheibe plattdrücken. Früher hat man das gemacht, um auf den
Tachometer zu schauen und zu sehen, wie schnell ein Auto fährt. Heute
ist es der 17-Zoll-Touchscreen, der das Interesse und die
Begeisterung der Kids weckt. Oder nehmen wir die Overthe-Air-Updates:
Viele jüngere Menschen finden das "cooler" als eine
Trockensumpfschmierung.
In der Konsequenz bedeutet das: Um Elektroautos erfolgreich zu
verkaufen, muss man nicht nur seine Produktkenntnisse erweitern,
sondern auch seinen Mindset als Verkäufer verändern. Man muss sich
auf Zielgruppen einstellen, die beim Kauf eines Autos anderes im Sinn
haben als PS und brachialen Sound. Wenn man das tut, hat man die
Chance, auch als Autohaus zum Kompetenzführer in Sachen
Elektromobilität zu werden. Andernfalls droht das Image zu verstauben
undam Ende steht man als der ewig Gestrige im Abseits. Eine
Herausforderung ist das E-Auto natürlich auch für den Service. Die
Ausbreitung der Elektromobilität wird den Trend zu rückläufigen
Wartungs-und Reparaturarbeiten in der Branche noch verstärken. Vor
allem der Verlust des Ölgeschäfts isteine echte Bedrohung für die
Profitabilität in der Werkstatt. Für das professionelle Autohaus
heißt das: Man muss heute langfristige Servicestrategien entwickeln.
Dabei geht es darum, sich neue Geschäftsfelder zu erschließen oder
die vorhandenen zu stärken.
Nach wie vor werden im Aftersales viele Potenziale an Drittanbieter
verschenkt: Wie steht es zum Beispiel mit einem ganzheitlichen
Räder-und Reifenmanagement? Welche zusätzlichen Angebote kann man
beim Car Refreshing und der Werterhaltung der Fahrzeuge machen?
Bietet man Smart Repair wirklich aktiv an? Wie steht es mit der
Betreuung von Young-und Oldtimern? Schließlich könnte auch das
Geschäft mit Ladesäulen und deren regelmäßige Wartung für Autohäuser
interessant werden.
Der Trend in die Elektromobilität lässt sich nicht aufhalten. Erster
zu sein ist besser, als hinterher zu rennen. Als Autohändler ist man
also gut beraten, auch ein wenig an der Ketchup-Flasche
mitzuschütteln. Man wird sich schon nicht bekleckern!