Großzahler werden durch die Reform der Wirtschaftskammer entlastet:
Den Autohändlern bringt das aber nichts.
Wenn Sepp Schellhorn, Hotelier und NEOS-Nationalrat, die
Zwangsmitgliedschaft in der Kammer bekämpft, ist das vergebliche
Liebesmüh. Ihre Zulässigkeit wurde vom EuGH überprüft, ihre Zukunft
ist dank großkoalitionärer Beschlüsse verfassungsrechtlich verankert.
Vielleicht sollten sich die Kammerkritiker weniger auf die
festzementierte Zwangsmitgliedschaft konzentrieren, sondern die
unangemessen hohen Kammerumlagen ins Visier nehmen.
Wie mühsam dieser Weg ist, musste jüngst das Bundesfinanzgericht
(BFG) erleben, und zwar als der in letzter ordentlicher Instanz für
die gesetzeskonforme Einhebung der Kammerumlagen zuständige
Gerichtshof. Wieso das BFG, was hat das mit den Kammerumlagen zu tun?
Ganz einfach, weil die Kämmerer per Gesetz den "Abgabenbehörden des
Bundes" - sprich: den Finanzämtern -die undankbare Aufgabe aufgehalst
haben, als Inkassobüro der Kammern zu dienen. Sie müssen von den
Zwangsmitgliedern neben der an die Lohnsumme gekoppelten KU2 auch die
allein von der Höhe des Umsatzes abhängige Kammerumlage KU1
eintreiben.
Dies mit der Auflage, dass deren Höhe die Kammermitglieder nicht
unverhältnismäßig belasten darf. Wobei die Höhe dieser Belastung von
der KU1-Bemessungsgrundlage abhängig ist. Und diese wird per
Verordnung von der Wirtschaftskammer Österreich festgelegt. Was macht
nun das Finanzamt, wenn ein Kammermitglied -etwa ein Autohändler
-durch die Kammerumlage unverhältnismäßig belastet wird? Der
naheliegende Weg wäre, dafür die Bemessungsgrundlage zu reduzieren.
Diese Kompetenz hat die Kammer im Wirtschaftskammergesetz (WKG) aber
ihrem "Erweiterten Präsidium" vorbehalten.
Unverhältnismäßig hohe Belastung
Dem kann das Finanzamt aufgrund des von der WKÖ den Parlamentariern
unterjubelten WKG keine Weisungen erteilen, die Bemessungsgrundlage
zu reduzieren. Und zwar auf jene Höhe, die eine gesetzlich
unzulässige - unverhältnismäßige -Belastung der Autohändler generell
ausschließt. Fazit: Selbst darf das Finanzamt die Bemessungsgrundlage
nicht reduzieren -und die WKÖ macht es nicht.
Angesichts dieses Dilemmas hat das BFG im Falle eines
Wertpapiermaklers, bei dem das Finanzamt eine unverhältnismäßig hohe
- und damit gesetzwidrige -KU1 eintreiben sollte, den VfGH um
Überprüfung dieser unerfreulichen Gesetzeslage ersucht. Worauf dieser
ein Gesetzesprüfungsverfahren (G 126/2016) eingeleitet hat. Mit einem
für alle Kammermitglieder unerfreulichen VfGH-Urteil: Die Bedenken
des BFGseien zwar durchaus verständlich. Allerdings habe das Gericht
nicht dargelegt, dass eine größere Zahl von Kammermitgliedern von
dieser Gesetzesregulierung betroffen sei. Der VfGH verwies auf seine
schon 1995 getroffene Entscheidung, dass den Kammern bei der
Festlegung "der Kriterien zur Berechnung der Umlagen ein weiter
rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt". Weshalb der
BFG-Antrag auf Aufhebung der bedenklichen Gesetzeslage abgewiesen
wurde.
Entscheidend sei, dass nach dem WKG eine Herabsetzung der
KU1-Bemessungsgrundlage nur dann zulässig sei, wenn ganze
Berufsgruppen unter einer unverhältnismäßigen Belastung zu leiden
hätten. Im konkreten Beschwerdefall habe die KU1 zwar 39 Prozent des
Jahresgewinns 2010 verzehrt. Dies könne auch durchaus
unverhältnismäßig sein. Der BFG habe aber nicht vorgebracht, dass
davon ein ganzer Berufszweig betroffen sei. Soweit es sich nur um
einen Einzelfall handle, dürfe der Gesetzgeber -somit letztlich die
Kammer, die dem Parlament das WKG vorgebe -"derartige Härtefälle in
Kauf nehmen".
Was bringt die Reform den Autohändlern?
Tatsache ist, dass sämtliche Autohändler mit ihren hohen, aber
ertraglosen Umsätzen mit einer unverhältnismäßig hohen KU1 belastet
werden. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass mit einer im
April abgesegneten "Kammerreform" ab 2019 die Großzahler um 15
Millionen entlastet werden sollen. Erfreulich etwa für die Voest, die
sich damit eine Million pro Jahr ersparen kann. Den Autohändlern
bringt das aber nichts.
Rechtsanwalt Dr. Martin Brenner versucht daher im Auftrag von vier
Beschwerdeführern - das eigentlich dafür zuständige Bundesgremium der
Autohändler hat sich an dieses heiße Eisen nicht herangewagt - den
VfGH doch noch umzustimmen. "Aus den Erhebungen der KMU Forschung
Austria ergibt sich, dass tausende Kfz-Betriebe von einer überhöhten
KU1 betroffen sind", sagt Brenner. Es ist für ihn unvorstellbar, dass
es sich dabei nur um tausende einzelne "Härtefälle" handelt.
Vielleicht könnte da eine positive Entscheidung des VfGH die WKÖ zu
einer echten Umlagenreform zwingen - womit sie auch den
kammerkritischen NEOS etwas den Wind aus den Segeln nehmen würde.