Durch die strengen Bestimmungen stehen die Hersteller vor der
Entscheidung, ihre "alten" Modelle zu adaptieren oder diese durch
neue Modelle zu ersetzen. Was auch den Händlern eine Flut von
Neuheiten bescheren könnte.
Wer soll wann wasüberwachen? Das wurde für das Auto recht penibel
geregelt. Bei der Überwachung der Autofahrer und Werkstätten wird die
Einhaltung der Vorschriften im Rahmen der Pickerl-Überprüfung (§ 57a
KFG) auf unterer Ebene genau kontrolliert. Bei der Überwachung der
Autoindustrie haben die Politiker inder Vergangenheit öfter ein Auge
zugedrückt. Das soll sich demnächst ändern. Univ.-Prof. Dr. Werner
Tober von der Technischen Universität Wien hilft dabei, etwas Licht
ins Dickicht der Emissionspolitik zu bringen.
EU viel strenger als die USA
Oft werden Autos - vor allem wegen ihrer CO2-Emission - als
Klimakiller angeprangert. Je höher der Spritverbrauch, desto höher
der CO2-Ausstoß. Vor allem die SUVs waren das Feindbild aller Grünen.
Den amerikanischen Politikern war das eher egal. Denn ihre Landsleute
lieben großvolumige Autos - weshalb es den Konsumentenschützern in
erster Linie darum ging, die Autopreise und den Benzinpreis niedrig
zu halten. Um den Klimawandel sollen sich die Europäer sorgen. So hat
die EU den Autoproduzenten zur Rettung unseres Klimas immer
niedrigere Verbrauchswerte vorgeschrieben. In Österreich wurde mit
der extra dafür erfundenen NoVA der CO2-Ausstoß pro Kilometer zum
Maßstab der Besteuerung - statt des bisherigen Literverbrauchs pro
Kilometer. Nach dem plakativen Motto: Weniger Sprit - weniger CO2
Doch die aufwändige Technik brachte vor allem beim Dieselmotor höhere
Autopreise. Das mussten die heimischen Autofahrer für den Klimaschutz
schon in Kauf nehmen. Dafür beschlossen die Finanzminister, den
Diesel etwas weniger zu besteuern, um den Konsumenten den Kauf der
teureren Autos schmackhafter zu machen. Durch den geringeren
Verbrauch und den billigeren Diesel konnte die Amortisationsschwelle
für den teureren Autokauf unter 15.000 Jahreskilometer gesenkt
werden. Damit wurden die teuren, aber sparsamen Diesel doch noch
konkurrenzfähig.
Klar wusste jeder, dass auch der Dieselmotor Schadstoffe emittiert -
den Dieselruß. Aber dafür gibt es Filtersysteme. Deshalb schossen
sich grüne Aktivisten weiterhin auf den CO2-Ausstoß des Diesels ein.
So führte Greenpeace im April 1999 aus: "Der Verbrauchsvorteil des
Diesels in der Größenordnung von 15 bis 20 Prozent aufgrund des
höheren Wirkungsgrades relativiert sich erheblich, wenn nicht auf die
Literzahl, sondern auf die klimarelevante Menge Kohlendioxyd im Abgas
geachtet wird. Ein Liter Benzin verbrennt mit Luft zu 2,32 kg CO2,
ein Liter Diesel jedoch -aufgrund der höheren Dichte und des höheren
Nach dem derzeitigen Stand der Technik werden alle Messungen nur am
Rollenprüfstand durchgeführt. Auch alle Vorschriften wurden daran
gekoppelt - auf oberster Ebene mit den von der
UN-Wirtschafskommission in Genf entwickelten "regulations". Dort
werden für den weltweiten Gebrauch technische Vorschriften
entwickelt, die dann in das nationale Recht übernommen werden sollen.
Ob und wann das dann passiert, ist jedem Mitgliedstaat überlassen.
"Von der Idee her entspricht das einer Norm - aber mit
Gesetzescharakter, wenn die Vorschrift bereits ins nationale Recht
übernommen wurde", sagt Tober. So sollen den Herstellern aufwendige
nationale Genehmigungsverfahren erspart bleiben.
Strenge Vorschriften, aber keine Einheitlichkeit
So muss etwa ein indischer Teileproduzent danach trachten, dass seine
Produkte diesen UN/ECE-"regulations" entsprechen. Dann kann er sie in
jedem anderen UN-Staat, der diese Vorschriften ebenfalls bereitsübernommen hat, ohne weitere Auflagen verkaufen. Die entsprechenden
UN-Abgasvorschriften wurden auch von der EU als Verordnung -zuletzt
2008 an Euro 5 und Euro 6 angepasst - als VO "692/2008" übernommen.
Und auch den WLTC, den Kohlenstoffgehalts - zu 2,63 kg CO2. Damit
werden pro Diesel 13,4 Prozent mehr CO2 ausgestoßen. Der CO2 Vorteil
von Diesel gegenüber Benzin liegt damit nur noch in der Größenordnung
von 2 bis 7 Prozent."
Aus der Sicht von Greenpeace schrumpft der Diesel-Vorteilüberhaupt
auf null, wenn man die neueste Diesel-Technologie mit den neuesten
aufgeladenen Benzinmotoren vergleicht.
Wer ist schuld am Diesel-Dilemma?
Die Grünen legten ihren Fokus auf CO2 - und alle Politiker trabten
mit. So auch die deutsche Kanzlerin, als sie sich 2010 mit
Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger traf. Der ihr empfahl,
sich für niedrigere Stickoxid-Werte einzusetzen. Was sie auch prompt
tat, ohne die Folgen für die europäischen Diesel-Produzenten
abzuschätzen, die beim Spagat zwischen rechtlichen Vorschriften und
technischer Machbarkeit zu schummeln begannen. Was sie ja bei den
Verbrauchsangaben längst gewöhnt waren und was die meisten Autofahrer
nicht weiter störte.
Deshalb rechtfertigte Angela Merkel ihre bisherige Toleranz gegenüber
dem VW-Konzern vor dem deutschen NOx-Untersuchungsausschuss jüngst
recht banal: Sie habe damals den Klimawandel und die Senkung von
CO2-Emissionen für entscheidend gehalten. Von irgendwelchen
NOx-Emissionsvorschriften wird sie wohl nichts gewusst haben.