Für Autohändler und Werkstätten sind die Stromkosten ein
beträchtlicher Fixposten: Doch warum sind sie so hoch, obwohl sich
die gesunkenen Ölpreise ja eigentlich auch auf den Strompreis
auswirken müssten? Wir haben uns das komplizierte System einmal
genauer angeschaut.
Um den Strompreis ist es in letzter Zeit recht still geworden. Bei
sinkendenÖlpreisen konnten die Kunden sehr wohl davon ausgehen, dass
auch die Stromkosten niedriger sein werden. "AUTO&Wirtschaft" hat
sich daher die Stromrechnungen einiger Autohäuser angesehen.
Resultat: Von sinkenden Strompreisen war keine Spur zu spüren.
Die tatsächlichen Marktpreise für den Stromhandel spiegeln sich im
ÖSPI. Das ist der seit 2008 von der Österreichischen Energieagentur
veröffentliche Österreichische Strompreisindex. Dieser orientiert
sich seinerseits an den Notierungen der Leipziger Energiebörse Epex.
Dort werden Stromkontingente derzeit mit 2,28 Cent pro Kilowattstunde
gehandelt. Vor sechs Monaten lagen die Preise noch bei knapp 4 Cent.
Im Dezember 2008 lag der ÖSPI-Index bei 147,44, im Mai 2016 bei
54,24. Dieser erfreuliche Preisverfall sagt jedoch nichts über die
tatsächlich von Firmen und Haushalten an den Stromlieferanten zu
zahlenden Strompreise aus.
Hohe Gebühren und Steuern unvermeidlich
Die Energieagentur hat eine simple Erklärung: "Der ÖSPI bildet nur
die reine Energiekomponente ab. Der Gesamtpreis für Strom teilt sich
beim Endkonsumenten mit knapp 40 Prozent auf die Energiekomponente
und zu 60 Prozent auf Netzgebühren, Steuern und Abgaben auf." Nach
diesen Quellen lag der Strompreis 2015 für Haushalte bei 21,2
Cent/kWh. Auf den Energie- und Netzpreis entfielen 12,6 Cent, die
Steuern und Abgaben betrugen 7,5 Cent/kWh. Die Energieagentur zieht
daraus den Schluss: "Mit dem ÖSPI kann keine Aussage getroffen
werden, wie die Energieanbieter ihre Preise gegenüber den Endkunden
tatsächlich gestalten."
Auch Josef Urschitz von der Tageszeitung "Die Presse" stellte daher
kürzlich fest: "In einer Marktwirtschaft hätte sich die
Konsumentenstromrechnung in den vergangenen zehn Jahren also fast
halbiert. Ein Blick auf alte Rechnungen zeigt: Dem ist nicht so.
Irgendjemand hat die Differenz eingesteckt."
Große Zahl an diversen Abgaben
Das Autohaus Strohmeier in Wien bekam für den Betrieb "Am Hundsturm"
zum 31. Jänner 2016 eine Jahresabrechnung über 26.060 kWh. Dafür
wurden von der Wien Energie 3.427,92 Euro netto in Rechnung gestellt.
Aufgegliedert wurde dies in 1.357,51 Euro "Energiekosten", 1.164,81
Euro "Netzkosten" und 905,60 Euro "Steuern und Abgaben". DieseSteuern haben aber nichts mit der Mehrwertsteuer zu tun, denn diese
wird am Ende als Steuer auf die Steuer noch auf die 3.427,92 Euro
draufgeschlagen.
Was sind dann aber diese 905,60 Euro an "Steuern und Abgaben"? In der
Rechnungsaufschlüsselung stößt man da auf Begriffe wie
"Elektrizitätsabgabe", "Gebrauchsabgabe Energie", "Gebrauchsabgabe
Netznutzung","KWK-Pauschale","Ökostrompauschale","Ökostromförderbeitrag"
für "Netznutzung Grundpreis" und "Netznutzung-Arbeitspreis" sowie ein
"Netzverlustentgelt". Diese Begriffe werdenin der Abrechnung zwar
erläutert, ohne dass man daraus schlauer wird: So dienen die
Ökostromförderbeiträge "gemäß §48 Ökostromgesetz der Abdeckung der
Mindestaufwendungen der Ökostromabwicklungsstelle". Die
Ökostrompauschale "wird gemäß §45 Ökostromgesetz zur Förderung von
elektrischer Energie aus Ökostromanlagen an die
Ökostromabwicklungsstelle OeMAG abgeführt".
Ökostrompauschale verdreifacht
"Diese Abrechnung ist für mich ein böhmisches Dorf", spricht
Firmenchef Wolfgang Strohmeier allen Stromkunden aus dem Herzen.
Diese fußt auf dem per 1. Juli 2012 eingeführten Ökostromgesetz. Das
schreibt vor, dass 38 Prozent der Ökostromförderung über die
Pauschale eingehoben werden müssen. Den Rest holen sich die
Öko-Verwalter über einen Zuschlag zum Strompreis. Das Ganze wird mit
der Ökostrompauschale-Verordnung und der
Ökostromförderungsbeitrag-Verordnung reglementiert.
Der Abrechnung ist nicht zu entnehmen, dass sich dieÖkostrompauschale mit 1.1.2015 verdreifacht hat. In den vergangenen
vier Jahren haben sich die Ökostromzuschläge von 1,09 auf 2,46 Cent
pro Kilowattstunde mehr als verdoppelt. Da sich niemand beim
Strompreis auskennt, gibt es auch niemanden, der sich gegen diese
Abzocke wehrt.
Wie ist es möglich, dass der Spotpreis für Strom bei 2,28 Cent liegt
und den Haushalten 21,2 Cent verrechnet werden? Dies ist dem
Fördersystem zu verdanken, das uns versteckte Strompreiserhöhungen
beschert hat. Mit diesen ist das Fördervolumen 2014 um 40 Prozent auf
658 Millionen Euro gestiegen. Damit wurde es möglich, hoch
geförderten Ökostrom zur falschen Zeit ins Netz zu drücken. Diese
Überproduktion führt zu den niedrigen Spotpreisen, von denen die
Stromverbraucher jedoch nichts haben. Denn sie werden losgelöst von
der Marktwirtschaft über die Ökostromabgaben zur Kasse gebeten.
Strohmeier zahlt 13,15 Cent/kWh, durchschnittlich liegt der
Strompreis für mittelständische Abnehmer zwischen 11 und 14 Cent.
Davon entfallen bloß 5 Cent - oder 29 Prozent - auf die Energiekosten
"Es gab Anbieter, die mir den Strom um 20 Prozent billiger angeboten
haben", sagt Strohmeier und verzichtete dennoch auf einen Wechsel:
"Die Ersparnis hätte sich im Trinkgeldbereich bewegt."
Nach§50 des Ökostromgesetzes ist zur Verwaltung der Fördermittel von
der Ökostromabwicklungsstelle ein Konto einzurichten. Zur
Mittelverteilung ist nach§ 24 die Abwicklungsstelle für
Investitionszuschüsse zuständig. Daneben gibt es auch regional
unterschiedliche Landesförderungen. Für Unternehmer ist es daher
sinnvoller, dieses irre System zu nutzen und ab einer gewissen
Betriebsgröße für den Eigenbedarf - etwa mit einer
Photovoltaik-Anlage (siehe April-Ausgabe 2016) - Stromproduzent zu
werden und die Fördertöpfe anzuzapfen. Entsprechend dem Ratschlag von
Urschitz: "Wenn wir schon eine falsch konstruierte Ökoförderung
zwangsfinanzieren, dann wollen wir wenigstens auch deren Früchte
selbst ernten."