Dass Menschen nächtelang vor Geschäften ausharren, um als Erste das neue Smartphone oder die begehrten Konzerttickets zu ergattern, ist in unserer Konsumgesellschaft nicht ungewöhnlich. Doch wer hätte bis vor wenigen Monaten gedacht, dass dies auch für ein Auto geschieht? Noch dazu für eines, das lediglich als Prototyp existiert und das frühestens in ein paar Jahren in den Schauräumen stehen wird -falls der notorisch defizitäre Hersteller dann noch existiert? Der Vorverkaufsstart des Tesla Model 3 bewies, welche Faszination das Produkt "Automobil" auch im Jahr 2016 entfachen kann -und zwar selbst bei jenen Kundengruppen, die sich laut der jahrelang massenmedial verbreiteten Auffassung eigentlich vom Auto abgewandt haben: Vor den Tesla Stores campierten vor allem jüngere Menschen aus urbanen Milieus.

Jugendliche Autofans Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen diese Momentaufnahme. "Die Bereitschaft der jungen Leute zum Autofahren ist nach wie vor hoch", sagt der Marktforscher Michael Borgert, der mit seinem Unternehmen BBE Automotive deutsche Autofahrer befragt hat. Demnach besitzen 92 Prozent der Neunzehnbis Vierundzwanzigjährigen einen Führerschein und haben diesen mit durchschnittlich 17,9 Jahren erworben. In der nächsthöheren Altersgruppe sind es dagegen nur 90 Prozent, das Einstiegsalter war fast ein Jahr höher. Für 87 Prozent der Deutschen zwischen 18 und 39 ist ein Leben ohne Auto schlicht unvorstellbar -und, in der "GenerationSmartphone" besonders bemerkenswert: Knapp zwei Drittel der Achtzehn- bis Neununddreißigjährigen würden ein Monat lang eher auf das Handy als auf das eigene Auto verzichten.

In den Breitenmedien haben derartige Studien bisher kaum Widerhall gefunden. Dort dominiert nach wie vor die Sichtweise von VCÖ und Co, laut der das eigene Auto ein nur mehr in ländlichen Regionen benötigtes Auslaufmodell ist, das im städtischen Raum bestenfalls in Form des Carsharings eine langfristige Existenzberechtigung hat. Doch Carsharing ist bisher ein Nischenprogramm, woran sich laut BBE Automotive wenig ändern wird: Bis 2025 werde aufgrund der "geteilten" Nutzung von Fahrzeugen maximal 1 Prozent des Pkw-Bestands wegfallen, prognostizieren die Experten.

Beeindruckende FortschritteÄhnlich unterrepräsentiert wie diese Einschätzungen sind in der massenmedialen Darstellung die Umweltfortschritte der Autohersteller. Dabei könnte die Branche in der allgegenwärtigen Abgas-und Klimadebatte durchaus selbstbewusst auftreten. Wenn das Auto von (nicht nur grünen) Politikern und ähnlich denkenden Medienschaffenden als größter Klimasünder dargestellt wird, sollte lauter Widerspruch Pflicht sein: Schließlich ist es eine Tatsche, dass nur 13 Prozent des österreichischen CO 2-Ausstoßes von Pkws verursacht werden. Der Anteil des Pkw-Verkehrs an den Feinstaubemissionen ist zwischen 1990 und 2014 von 7,8 auf 3,6 Prozent zurückgegangen, jener der Stickoxidemissionen zwischen 1980 und 2014 von 29,2 Prozent auf 12,8 Prozent -all das trotz eines deutlich gestiegenen Fahrzeugbestands!

Getrieben vom Wettbewerb unter den Herstellern einerseits und den Emissionsvorgaben des Gesetzgebers andererseits, wird es in den nächsten Jahren zu weiteren massiven Umweltfortschritten kommen. Ab 2021 dürfen die Neuwagenflotten der europäischen Autobauer nur mehr 95 Gramm CO 2 pro Kilometer ausstoßen -eine Reduktion um 40 Prozent gegenüber dem Durchschnitt des Jahres 2007. Parallel schreiten die Hybridisierung und, in einer breiter werdenden Nische, die Elektrifizierung der Antriebstechnologien voran.

Mutiger auftreten!

All das beweist, dass das Konsumgut Automobil auch nach rund 120 Jahren nicht am Ende seines Lebenszyklus angelangt ist. Im Gegenteil - befeuert durch weiter entwickelte Technologien, könnte das Automobil selbst in reifen Märkten seine beste Zeit noch vor sich haben. Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die wirtschaftlichen Herausforderungen für regionale Autobetriebe mindestens ebenso groß sind wie für den eingangs erwähnten Elektroautopionier Tesla. Es ist aber ein guter Grund, mit mehr Selbstbewusstsein als bisher der Zukunft -und der kritischen Medienöffentlichkeit -entgegenzutreten. (HAY)