Während der größte russische Autohersteller AvtoVAZ einen neuen Chef
bekommt, sucht die Renault-Nissan-Allianz nach Lösungen aus der
Krise.
Die Gerüchte kursierten seit einigen Monaten, doch Anfang März kam
die Bestätigung: Bo Andersson, Präsident und CEO des größten
russischen Autoherstellers AvtoVAZ, tritt vorzeitig zurück. Der seit
Anfang 2014 an der Spitze von AvtoVAZ stehende charismatische Schwede
hat es sich vor allem mit dem russischen Aktionär Rostec verscherzt.
An dem Joint Venture Alliance Rostec Auto, das 74,5 Prozent von
AvtoVAZ kontrolliert, ist die Renault-Nissan-Allianz mit 67,13
Prozent beteiligt. Der Rest gehört der Staatsfirma Rostec. Sergej
Tschemesow, CEO von Rostec, bezeichnete die Verluste von AvtoVAZ, die
manchmal unsensible Vorgangsweise bei Entlassungen und die
Bevorzugung ausländischer Zulieferer als Gründe für die Entlassung
Anderssons. "Die Spannung baute sich auf", so Tschemesow über
Andersson kurz vor der Abberufung. "Ich sagte ihm mehrmals, dass er
vorsichtig sein soll, aber er versteht es nicht."
Schwierige Aufgabe
Auf den Franzosen Nicolas Maure, der bisher die Renault-Tochter Dacia
sowie alle Renault-Aktivitäten in Rumänien leitete und Anfang April
neuer Chef von AvtoVAZ mit den Werken in Togliatti und Izhewsk wurde,
warten schwierige Aufgaben. Die Krise in Russland sowie anderen
GUS-Ländern dauert an. Das Hauptwerk in Togliatti hat im Vorjahr
352.000 Autos gebaut, um ein Fünftel weniger als 2014.Zum Vergleich:
2008 haben 802.000 Autos die Montagebänder verlassen, die jährliche
Kapazität beträgt eine Million Einheiten.
Mit den 2015 angelaufenen Lada Vesta und Xray gibt es neue Modelle,
mit denen man wieder verstärkt exportieren will. Doch AvtoVAZ ist
nicht nur Lada. In den beiden Werken entstehen auch sieben Modelle
für Renault, Nissan und Datsun. Die Allianz befindet sich auf der
Suche nach neuen Märkten. So wurden bereits Exporte der in Togliatti
gebauten Renault Logan und Sandero nach Vietnam angekündigt. Geprüft
werden Lieferungen von Karosserien an das algerische Renault-Werk.
Auch die auf dem Lada Kalina und Granta basierenden Datsun mi-DO und
on-DO könnten in weitere Länder ausgeführt werden. "Wegen des sehr
schwachen Rubels wurde Russland zu einer Exportbasis, die sehr
konkurrenzfähig ist", sagt Vincent Cobee, globaler Chef der Marke
Datsun bei Nissan. "Deswegen prüfen wir den Export von Autos aus
Russland auf einige Märkte außerhalb der GUS".
Kostenvorteil Lokalproduktion
Die starke Lokalisierung der Renault-,Nissan-und Datsun-Modelle
sowohl bei AvtoVAZ als auch im Renault-Werk in Moskau und in der
Nissan-Fabrik in St. Petersburg hilft der Allianz bei der Reduzierung
der krisenbedingten Verluste.
So bietet Renault mehrere bei uns verkaufte Modelle in Russland gar
nicht an. Die im Land gebauten und die Logan-Plattform nutzenden
Renault Logan, Sandero und Duster sorgen für den Großteil der
Stückzahlen. Heuer wird in Moskau mit dem 4x4-Crossover Renault
Kaptur ein weiteres Modell anlaufen. Im Gegensatz zu "unserem" Captur
basiert das russische Auto, dessen Name mit "K" beginnt, auf der
Logan-Plattform. "Renault hat seit Jahren einen tollen Job bei der
Lokalisierung gemacht und wir sind für Zeiten, in welchen man das
Maximum im Land produzieren sollte, gut vorbereitet", sagt
Jean-Christophe Kugler, neuer Europa-Chef von Renault, der bis Ende
März für die Eurasia-Region inklusive Russland zuständig war. "Das
neue Modell wird von der Arbeit der letzten Jahre profitieren."
Nissan musste Anfang März die zweite Schicht in St. Petersburg
streichen. Die Produktion des Hatchbacks Tiida im AvtoVAZ-Werk
Izhewsk wurde für einige Monate unterbrochen. Laut Guillaume Cartier,
Verkaufs-und Marketingchef von Nissan in Europa, widmet man in der
Europa-Zentrale aktuell keinem Markt mehr Zeit als dem russischen.