Was spielt sich im Autohandel außerhalb der Landesgrenzen ab? Welche internationalen Trends sind erkennbar? Wie wirken sich Herstellerstrategien in jenen Märkten aus, in denen sie bereits umgesetzt wurden? Zur Beantwortung dieser Fragen treffen sich die Händleranwälte des Netzwerks "European Distribution Lawyers"(kurz EDL) regelmäßig am Sitz ihrer Kanzleien zwischen Helsinki und Rom, um so die wichtigsten Neuigkeiten auszutauschen. "AUTO&Wirtschaft" war beim jüngsten Treffen in London als Zaungast mit dabei und konnte die folgenden Eindrücke sammeln.

Rendite-und Rechtssorgen in Spanien

Die Rentabilität der spanischen Opel-Betriebe liegt bei der Nullgrenze. GM trachtet daher, die Zahl der Servicepartner zu reduzieren. Vor allem kleineren Betrieben werden unter dem Vorwand von "Standardverfehlungen" die Verträge gekündigt. Gegen den Anspruch auf neuerliche Autorisierung als Opel-Werkstätte wendet GM ein, dass zuerst eine "Abkühlungsfrist" von einem Jahr abzuwarten sei. Außerdem wurden wegen unerlaubter Preisabsprachen bereits 47 Händler von ihren Kunden geklagt. Angefeuert durch Presseberichte ist davon auszugehen, dass es noch wesentlich mehr Verfahren geben wird. Derzeit ist nichtabsehbar, wie diese enden werden.

Streitbare Franzosen

General Motors hat quer durch Europa dem Chevrolet-Vertriebsnetz das Licht ausgeblasen, ohne dass es zu größeren Händleraufständen gekommen wäre. Viele waren gleichzeitig Opel-Händler und wollten deshalb keinen Streit mit dem Konzern riskieren. So wurde das Händlernetz billig abgespeist -aber nicht in Frankreich. Dort hat die Händlervereinigung CNPA ("Conseil des Professions de l"Automobile") gegen die unzureichende Händlerabfertigung geklagt. Das Verfahren ist derzeit beim Pariser Handelsgericht ("Tribunal de Commerce de Paris") anhängig.

Auf 4 grobe Verfehlungen stützen sich die Klagen: Erstens wurden noch im Juni 2013 neue Händlerverträge vergeben, für welche hohe Investitionen erforderlich waren. Einige Wochen später erfolgte über die Presse die lakonische Mitteilung, dass es die Marke in Kürze nicht mehr geben wird. Aus Loyalitätsgründen wäre eserforderlich gewesen, die Vertriebspartner schon wesentlich früher auf solche gravierende Einschnitte vorzubereiten.

Zweitens beanstandet die CNPA die mangelnde Loyalität von GM zur Marke Chevrolet und will dem Gericht beweisen, dass die Rückzugsentscheidung nur darauf abzielte, Opel als zweite Konzernmarke auf Vordermann zu bringen. Die den Chevrolet-Partnern zugefügten Verluste hätte GM daher voll zu bezahlen.

Drittens hatte GM schon Monate vor dem Bekanntwerden des Rückzugs von Chevrolet die Auslieferung bereits verkaufter Autos verzögert. Damit hatten die Händler das Problem, ihren Käufern bereits entwertete Neuwagen auszuliefern. Viertens gab es entgegen den Ankündigungen in der Abbauphase keine Lagerware, keine Verkaufsplanung und keine Budgetplanung.

Umstrukturierungen in Deutschland

Die deutschen Citroën-Serviceverträge laufen Ende Juni 2016 aus. Die neuen Verträge sind an unrentable Standards geknüpft, aber Voraussetzung für den Händlervertrag. Wer bei dieser neuen Vertragslage nicht mitspielen will, verliert somit den Händlervertrag -wobei Citroën dafür keinen Ausgleichsanspruch anerkennt. Toyota hat mit einer einjährigen Strukturkündigung alle Händlerverträge gekündigt. Vorschläge zur Neugestaltung des Netzes liegen noch nicht vor. Bei Fiat wurde das Netz radikal von 550 Partnern auf 280 reduziert. Wie es nun weitergehen soll, ist offen.

Schließlich hat VW den Händlern eine klare Weisung erteilt, sich bei Forderungen aus dem Abgasskandal nicht in Verhandlungen einzulassen. Auch in anderen Ländern werden daraus resultierende Schadenersatz-und Gewährleistungsansprüche strikt abgelehnt.

Arme Griechen

Die Dauerkrise in Griechenland hat den Autohandel faktisch ausgelöscht. In früheren Jahren lag der normale Markt bei 250.000 Neuzulassungen pro Jahr, 2015 waren es lediglich 75.000 Stück. Wenn davon 50 Prozent auf das Mietwagengeschäft entfallen, verbleiben allen Händlern zusammen wenig mehr als 35.000 Stück. Von einem "Automarkt" kann bei diesem Volumen keine Rede mehr sein. In Athen haben die letzten kleinen Händler ihr wirtschaftliches Leben ausgehaucht. Nur einige größere konnten überleben -und die erfüllen die von den Herstellern gewünschten Standards nicht. Um nicht auch diese zu verlieren, verzichten die Hersteller sanktionslos auf ihre CI-Sonderwünsche - was sich die Händler in anderen Ländern zum Vorbild nehmen könnten.

Belgische Konzentrationsbemühungen

Die belgischen Händler konnten 2015 ihre Rentabilität auf 1,8 Prozent verbessern. Der Markt hat sich bei rund 500.000 Neuzulassungen eingependelt, wobei sich durch die Steuergesetzgebung der Anteil an Firmenwagen beträchtlich erhöht hat. Aktuell fordert VW größere Partner auf, kleinere aufzukaufen. DerartigeBestrebungen hat es bei anderen Marken schon öfter gegeben, sie sind jedoch alle gescheitert.