Dass der Abgasskandal den VW-Konzern in gehörige Schwierigkeiten gebracht hat, ist allseits bekannt. In den USA überlegen ganze Bundesstaaten, den Hersteller vor den Kadi zu ziehen und fordern Schadenersatz in Milliardenhöhe. In Österreich, wo rund 388.000 Dieselfahrzeuge mit der manipulierten Software zugelassen sind, läuft aktuell dieRückrufkampagne des Herstellers samt Softwareupdate und- im Falle der ab Ende September in die Werkstätten kommenden Autos -nachträglichem Einbau eines Strömungsgitters vor dem Luftmassenmesser. Doch unabhängig von diesen Nachbesserungen läufen auch hierzulande immer mehr Verfahren an.

Bezirksgericht im Rampenlicht

Tatsächlich ist es das vergleichsweise kleine Bezirksgericht Graz-Ost, das mit einer ersten richtungsweisenden Entscheidung aufwarten kann. Diese wird -sollte sie in den Instanzen bestätigt werden -zumindest in Österreich maßgeblichen Einfluss auf die weitere Judikatur haben. Anders als in einem Urteil des Landgerichtes Bochum (Deutschland) wurde vom hiesigen Gericht nämlich festgestellt, dass es sich bei der illegal in den Fahrzeugen verbauten Software sehr wohl um einen "schweren" Mangel handelt, der im Rahmen der Gewährleistung vom Händler zu sanieren ist und im schlimmsten Fall sogar zur Wandlung des Kaufvertrages führen kann.

Fragwürdiger Verjährungsverzicht

Ausgangspunkt des in Graz verhandelten Verfahrens war der Kauf eines Gebrauchtwagens bei einem freien Händler. Dieser hatte keinen Verjährungsverzicht gegenüber dem von der Rechtsanwaltskanzlei Christandl&Partner vertreten Kunden abgegeben. Soweit bekannt, hat der Verein für Konsumenteninformation (VKI) lediglich die Vertragshändler der betroffenen Marken VW, Audi, Seat und Skoda zur Abgabe einer solchen Verzichtserklärung aufgefordert.

Ungeachtet der Tatsache, dass sichösterreichweit aktuell auch 44 Markenhändler diesem Verjährungsverzicht nicht unterworfen haben, trägt die Textierung des Verzichtes ihre Tücken im Detail. Tatsächlich verzichten die Händler mit dieser Erklärung nur darauf, innerhalb der von ihnen selbst gesetzten Frist sich auf den Einwandder Verjährung zu berufen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Vereinbarung den weiteren Fortlauf der Verjährung in der Zeit der Vergleichsgespräche nicht hemmt. Es ist daher wahrscheinlich, dass zumindest die zweijährige Gewährleistungsfrist während der laufenden Vergleichsgesprächeabläuft -bis 31.Dezember 2017 dürfen sich die Händler darauf nicht berufen, ab dem 1. Jänner 2018 jedoch schon.

Sollte jedoch der angestrebte Vergleich zwischen dem VKI und dem VW-Konzern bis Ende 2017 nicht zustande kommen, droht den Händlern in der Folge ein Klagssturm ungeahnten Ausmaßes, weil mit einem Schlag alle bis dahin geschützten Kunden mit einem massiven und dann auch nur mehr juristisch schwer überbrückbaren Verjährungsproblem konfrontiert sein werden. Bis dahin werden wohl auch weitere Gerichte Entscheidungen getroffen haben, die den Handel voll in die gewährleistungsrechtliche Pflicht nehmen.

Rechtliche Vorkehrungen treffen!

Aus Sicht der Händler scheint es daher ratsam, schon jetzt die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, um sich hinsichtlich der wohl vielfach zu Recht bestehenden Ansprüche geschädigter Kunden an den wahren Verursachern regressieren zu können. Während freie Händler mit dem VW-Konzern in keinem Vertragsverhältnis stehen und daher ohne Angst vor Repressalien in jeder Phase eines Gerichtsverfahrens dem Hersteller den Streit verkünden können, ist die Ausgangssituation für die zur vertraglichen Treue verpflichteten Vertragshändler ungleich schwieriger.

Dass der VW-Konzern zur Abwehr eingeforderter Ansprüche den betroffenen Händlern gerade jene rechtliche Vertretung vorgeschlagen hat, die bisher und vor allem auch gegenüber den eigenen Markenhändlern die Interessen des Importeurs vertreten hat, macht die Sache wohl nicht einfacher.