Stell Dir vor, es gibt einen praktischen Weg, Händlerwünsche beim
Importeur durchzusetzen -und keiner nützt ihn! Sie möchten wissen, um
was es sich dabei handelt? Ganz einfach: Um die bereits seit Jahren
existenten gesetzlichen Schutzbestimmungen, für welche unsere
Standesvertreter jahrelang gekämpft haben. Von denen viele Händler
nicht einmal ahnen, dass es sie gibt.
Weil sie im Geschäftsalltag
keine Zeit hatten, sich neben den vielen Händlerrundschreiben auch um
solche "Nebensächlichkeiten" zu kümmern.
Da gab es bereits 2003 den neuen§454 Unternehmensgesetzbuch -im
Juristenjargon kurz und treffend "Investitionsschutzgesetz" genannt.
Vor allem der Zähigkeit der Wiener VW-Händlerin Leopoldine Schwandl
ist es zu danken, dass es zu dieser sinnvollen Ergänzung des
Handelsgesetzbuches gekommen ist. Mit der es möglich wurde,
frustrierte Investitionen bei Vertragsende vom Importeur ersetzt zu
erhalten.
Zehn Jahre später folgte der zweite Streich. Damals sind die
-befristeten -branchenspezifischen EU-Wettbewerbsregeln der
Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung 1400/2002 ersatzlos ausgelaufen.
Dem Bundesgremium gelang es, dass der Gesetzgeber die vom Ende
bedrohten "kartellrechtlichen" Händlerschutzbestimmungen als
zivilrechtliche Ansprüche im österreichischen Recht verankert hat.
Ein Erfolg, um den uns sämtliche Kfz-Händlerverbände im Ausland
beneiden. Mit dem "Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz" (KraSchG) ist es
möglich, faktisch alle zwischen den Markenhändlern und ihren
jeweiligen Importeuren strittigen Vertragspunkte vor eine beim
Bundesgremium eingerichtete Schiedsstelle zur Beurteilung zu bringen.
Schon bisher gab es in den Händler-und Serviceverträgen entsprechende
Schiedsklauseln. Diese sahen- je nach Phantasie der Konzernjuristen
-komplizierte und aufwendige Schiedsverfahren vor. Daher war es nicht
verwunderlich, dass diese Schiedsregeln kaum zur Anwendung kamen.
Die im KraSchG zwingend vor dem Klagsweg vorgeschriebenen
"Schiedsverfahren" sind -wie die bisherigen vertraglichen
Schiedsklauseln -nicht bindend. Das Verfahren endet daher nicht mit
einem vollstreckbaren Urteil. Das ist in der Praxis unter
Geschäftspartnern auch nicht immer notwendig. Dafür geht es flott und
ohne große Formalitäten. In einem formlosen Antrag wird der strittige
Sachverhalt dargelegt. Es werden- wie bei Gericht -dafür auch gleich
die dafür erforderlichen Beweise angeboten. Der Antragsgegner legt
seinerseits alle zur Beurteilung erforderlichen Argumente auf den
Tisch. Bei Gericht bestellt der Richter dann meist einen
Sachverständigen, der sich auf diesen -für einen außenstehenden
Juristen oft unverständlichen -Sachverhalt einen Reim machen soll.
Diesem Sachverständigen vertraut der Richter. Auf Basis seines
Gutachtens zimmert er -oft nach Jahren -ein Urteil. Falls sich die
Streitteile nicht schon vorher -finanziell und psychisch erschöpft
-auf einen Kompromiss geeinigt haben.
Im Schiedsverfahren des Bundesgremiums geht es einfacher: Da ist von
Haus aus der Sachverständige am Zug. Er prüft den Sachverhalt und
liefert ein Schiedsgutachten, auf dessen Basis sich die Parteien
einigen können -oder auch nicht. Diesem Verfahren fehlt jener
unangenehme Beigeschmack, der mit einer "Klage" oft verbunden ist:
Einen Geschäftspartner, mit dem man vielleicht noch immerzusammenarbeitet oder in der Vergangenheit jahrelang gut
zusammengearbeitet hat, zerrt man nicht vor einen Richter. Da wird
eine "Klage" oft als persönliche Missachtung, Geringschätzung oder
Beleidigung gewertet. Mit der "Klage" wird Porzellan zerschlagen, das
sich nur noch schwer kitten lässt.
Das fällt beim Schiedsverfahren weg. Deshalb ist es für mich ein
Rätsel, dass diese neue Möglichkeit, Meinungsdifferenzen einem
Sachverständigen zur Beurteilung zu unterbreiten, bisher kaum genutzt
wird. Noch dazu, da für dieses Verfahren nicht einmal ein
Rechtsanwalt erforderlich ist, dessen Kosten viele fürchten. Mithilfe
des Bundesgremiums sind auch die Verfahrenskosten minimal. Die vom
Gremium ausgewählten Schiedsmänner waren bereit, ihre Dienste zu
einem Bruchteil eines gerichtlichen SV-Gutachtens zur Verfügung zu
stellen. Vielleicht liegt des Rätsels Lösung einfach darin, dass
niemand dieses probate Schlichtungsverfahren kennt. Und daher keiner
auf die Idee gekommen ist, im Streitfalle eine derartige Lösung in
Betracht zu ziehen. Aber vielleicht wird sich ja das in Zukunft
ändern.