Ins Fußball-Sponsoring drängen heute nahezu alle Automobilhersteller.
Wenn möglich direkt zu den Spitzenclubs oder als Hauptsponsoren bei
Welt-und Europameisterschaften oder aber in der Champions-und
Europa-League- alle mit unglaublichen Einschaltquoten bei den
TV-Übertragungen in alle Welt.
In Manchester gibt es auf der Zufahrt zum Old-Trafford-Stadion eine
Spur, die nur für Fahrzeuge mit den vier Ringen offen ist: die
"Audi-Line". Es ist der kürzeste Weg zum VIP-Parkplatz bei Spielen
von Manchester United. Für die Audi-Passagiere ein lässiges
Vergnügen, angesichts all derer, die im "falschen" Auto sitzen und
sich nur im Schritttempo auf die vollgestopften Stadion-Parkplätze
zubewegen.
Das mag in der Anfahrtsphase temperaturerhöhend für all jene sein,
die nicht zu den Privilegierten zählen, aber es ist ein kleines
Beispiel, wie man heutzutage Fußball-Sponsoring in einen
Kundenvorteil ummünzen kann.
Skybox-Karten -also der Zugang zu jenem Bereich, der nur für
Ober-VIPs offensteht -dienen heute als Begegnungszone der Automanager
mit Großkunden oder Gästen aus der eigenen Vertriebsorganisation. Wie
auch immer, eine Einladung gar zu einem Champions-League-Spiel oder
sei es auch zu einem Bundesliga-Match zählt zu den besonderen
Gelegenheiten, Kunden in ihrem eigenen Interessen-Umfeld zu hofieren.
Ja, es soll auch Kunden geben, die sich geschmeichelt fühlen, wenn
der Autohändler ein Fan derselben Fußball-Mannschaft ist.
Früher war der Fußball verpönt
Das war nicht immer so. Lange Zeit war der Fußballplatz außerhalb des
Radars von Sponsoraktivitäten der Autohersteller. Die Zielgruppe der
lärmenden, biertrinkenden und johlenden Fans galt insbesondere bei
den Nobelmarken geradezu als verpönt. Das hat sich gewandelt, seit
sich Spitzenvereine (die dank ihres Spielerpotenzials in der
Champions-League regelmäßig spielen) den professionellen Umgang mit
Sponsoren für sich entdeckten. Bayern München war hier der
Brustlöser. Als erster Spitzenverein bemühte man sich um Sponsoren,
die ebenfalls in einer eigenen Liga spielten: also untadelige, höchst
erfolgreiche Unternehmen aus allenmöglichen Branchen. Und wenn diese
gleichzeitig auch die Kosten für den eigenen Spieleraufwand -etwa für
den Vereinsfuhrpark damit reduzieren konnten -was Besseres konnte
nicht passieren. (Wenn der Fußballfan gleichzeitig Audi-Chef ist,
macht es die Entscheidung leichter).
Die Lizitation im Fußballsport-Sponsoring in Deutschland fand ein
jähes Ende, als die Audi AG über eine Tochtergesellschaft kurzerhand
8,3 Prozent der Aktien von Bayern München erwarb und als
Anteilseigner somit die Sponsor-Mitstreiter BMW und Mercedes (ihr
Hausverein ist der VfB Stuttgart) auf Dauer aus dem Rittern um das
Bayern-Sponsoring aus dem Bewerb nahm. Damit war klar, dass seither
alle Bayern-Spieler mit Audi-Fahrzeugen ausgestattet werden und
vielfach auch als Markenbotschafter zum Einsatz kommen. Auf das
Marken-Logo auf dem Vereinsleiberl hingegen wurde indes verzichtet.
Aus gutem Grund, damit sichdie unvermeidliche Formkurve nicht aufs
Markenimage abfärben kann.
Dieses Engagement machte Schule: Manchester United, Ajax Amsterdam,
Real Madrid und (Rapid-Fans bitte jetzt ausatmen) auch Red Bull
Salzburg haben Audi als Sponsor und eine Flotte flotter Audi.
Brot und Spiele
Ganz anders die Lage in Wolfsburg. Dort prangt das VW-Zeichen schon
lange auf der Brust. Denn der dortige VfL ist sozusagen der
Hausverein, zu dem die Volkswagen-Werker zum Heimspiel pilgern. Der
soziale Aspekt eines Engagements beim VfL Wolfsburg stand daher immer
im Vordergrund: als Unterhaltung und Abwechslung für die Familien der
Volkswagen-Werker in der schichtfreien Zeit.
Mit Ferdinand Piëch an der Spitze des Konzerns (ab 1993) gab es auch
das Grünsignal für die Unterstützung zum Bau der Volkswagen-Arena in
unmittelbarer Umgebung zur ebenfalls neu erbauten Autostadt. Wobei
festgehalten sei, dass Piëch nichts vom Fußball verstand und daraus
auch kein Hehl machte. Vielmehr begriff er, dass die Wolfsburger aus
ihrem höchst provinziellen Umfeld herausgeholt werden mussten. Auch
mit Aktivitäten dieser Art.
Dass der VfL Wolfsburg 2009überraschend sogar Deutscher
Fußballmeister wurde, kürte führende Mitglieder des oberen
Volkswagenmanagements auch zu selbsterklärten Experten im
Fußballgeschäft. Immerhin gehören dem Konzern 100 Prozent des
Fußballvereins und ein Aufsichtsrat beim VfL ist in der Wolfsburger
Wahrnehmung mindestens gleich bedeutend wie ein Aufsichtsrat beim
Autohersteller.
Seither tummeln sich zu den Heimspielen im VIP-Bereich vor allem
Vorstands-und Betriebsratsmitglieder. Seither werden bei wichtigen
internationalen Spielen des VfL Wolfsburg die Bänder angehalten.
Dass der Deutsche Fußballpokal von Volkswagen gesponsert wird und
daher bei Cupspielen alle (!) teilnehmenden Mannschaften das VW-Logo
am Oberarm tragen, mag für Fußballfans und gleichzeitig Fahrer
anderer Marken schmerzhaft sein -aber hier geht es primär um die
Fernseh-Werbezeit.
Und zu alledem steigt jetzt auch noch der FC Ingolstadt auf! Dieser
Verein gilt als der kleinere Hausverein der Audi AG, die mit der
Quattro GmbH knapp 20 Prozent hält und auch den Audi-Sportpark an den
Verein vermietet hat. Wir dürfen schon jetzt gespannt sein, wie sich
das Getümmel auf dem Feld bei den firmeninternen Bundesligamatches
zwischen den Audiunterstützten und den VW-unterstützten Teams
auswirken wird. Wie wird sich der Vorstandsvorsitzende indieser
Szenerie dem Volk zeigen? Lächelnd, unbewegt wie der nordkoreanische
Staatschef? Oder im Dauerapplaus, jeden Torschuss (von der einen wie
von der anderen Mannschaft) bejubelnd?
Sponsoren wetteifern um die besten Clubs
Nehmen wir einmal an, es gäbe kein Engagement der deutschen
Automobilhersteller im alles dominierenden Bundesliga-Fußballsport.
Es würde niemand verstehen. Dass es in der Zwischenzeit auch einen
heftigen Wettbewerb im Sponsoring um die attraktivsten Clubs gibt,
ist völlig normal. Und dass einer dem anderen einen Club ausspannen
möchte, liegt genauso auf der Hand. Damit müsste alsbald auch die
Kritik an Red Bull Leipzig in den Hintergrund treten. Immerhin
schieben die Bullen ihre Spieler zwischen der österreichischen und
der deutschen Bundesliga hin und her. Da kann auch die Volkswagen AG
noch etwas lernen und für einen ihrer Vereine vielleicht beim von VW
Kamper unterstützten SK Rapid einmal nachfassen. Schön wär"s. (RED)