Beweist der VW-Skandal, dass der Dieselmotor nur noch mit Tricks und
Mogeleien die neuesten Abgasstandards erfüllen kann? Nein, meint
Univ. -Prof.
Dr. Bernhard Geringer. Allerdings werde der Selbstzünder
in Zukunft nur mehr für gewisse Nutzer Sinn machen. Mit der
thermodynamischen Effizienz des Dieselmotors kann kein anderer
Antrieb mithalten. "Aus der in Kraftstoffen chemisch gebundenen
Energie wird über den Dieselverbrennungsprozess die meiste Nutzarbeit
gewonnen. Alle anderen Wärmewandlungsprozesse wie Ottomotor,
Gasturbine oder auch unkonventionelle Ideen wie Dampfmotor oder
Stirlingmotor sind ungünstiger", erläutert Geringer, Vorstand des
Instituts für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnikan der TU Wien.
Dies liege an ungünstigeren Brennraum-Prozesstemperaturen, höheren
Energieverlusten durch Abgase oder trägem Systemverhalten.
Sauber mit Hürden
Die Effizienz des Dieselmotors ist jedoch auch sein Nachteil. "Das
beim Ottomotoräußerst wirksame Dreiwege-Katalysatorsystem ist wegen
der mageren Abgaszusammensetzung nicht möglich", so Geringer: "Die
als Alternative infrage kommenden Entstickungslösungen mittels
Speicherkat oder SCR-System sind komplexer und haben aufgrund
notwendiger aufwendigerer Sensorik und Regelung längere Zeit für die
Entwicklung gebraucht." Dass derartige Ansätze nichtsdestotrotz zum
Ziel führen können, beweist die Nutzfahrzeugbranche, in der
SCR-Systeme bereits seit einem Jahrzehnt zum Standard gehören. Auch
langlebige und effiziente Dieselpartikelfilter sind Stand der
Technik.
Vielfalt der Antriebe
"Diese Reinigungssysteme kosten etwas, brauchen Bauraum und
verursachen einen gewissen Wartungsaufwand. Wenn man bereit ist,
diese Anforderungen zuzugestehen, funktionieren sie aber einwandfrei
und dauerhaft", sagt Geringer: "Ich sehe daher keinen Grund, dem
Diesel ein Ende als Fahrzeugantrieb vorherzusagen." Allerdings
steigen die Kosten für die Abgasnachbehandlungssysteme im selben Maß,
in dem die Emissionsstandards strenger werden. "Daher werden
zukünftige Dieselantriebe nur mehr für Vielnutzer wirtschaftlich
erschwinglich sein", prognostiziert Geringer. Bei kleineren Autos mit
geringeren Fahrtleistungen dürften sich eher Ottoantriebe,
Benzinhybridmotoren oder reine Elektroantriebe durchsetzen.
Angesichts dessen hat Geringer schon ein recht klares Bild davon,
welche Antriebstechnologien in der (mittelfristigen) Zukunft unsere
Mobilität sicherstellen werden: "Diesel für Vielfahrer und große,
schwere Autos -Benziner oder alternative Technologien für Wenigfahrer
und urbane Nutzer." (HAY)