Seit der Volkswagen-Konzern bekennen musste, verbotenerweise eine Software eingesetzt zu haben, die gegenüber den Behörden bessere Abgaswerte bestätigt, als die Technik tatsächlich zu leisten imstande ist, ist Feuer am Dach. Was heißt Feuer: Noch nie musste ein Automobilhersteller weltweit eine solche Welle an medialer Schelte einfahren wie Volkswagen. Und das wochenlang.
Die Empörung ist verständlich, denn hier wurde nicht irgendein lässlicher technischer Mangel sichtbar, der mit einer großzügigen Rückholaktion aus der Welt zu schaffen wäre, nein, hier hat das an die Weltspitze der Automobilindustrie drängende Unternehmen eine bewusste Handlung gesetzt, die einzigund allein darauf abzielte, bessere Abgaswerte vorzugaukeln.
Die Marke Volkswagen, stellvertretend für den gesamten Konzern, verlor medial binnen weniger Tage all die Reputation, die sie sich in den rund 70 Jahren ihres Bestehens aufgebaut hat. Mit diesem Imageverlust einhergehend wurde auch das weltweit anerkannte German Engineering infrage gestellt.
Was, so fragt man sich, treibt eine kleine Runde von Software-Spezialisten in eine solche Harakiri-Aktion? Es ist, vereinfacht ausgedrückt, das Faktum, dass die Abgasgrenzwerte immer mehr verschärft werden -ohne Rücksicht auf technisch vorhandene Zielkonflikte: Beim Dieselmotor, dem weitaus effizientesten Verbrennungsmotor, bedeutet eine drastische Absenkung der Stickoxide (NO x) -wie in den USA vorgeschrieben -gleichzeitig eine Erhöhung des Verbrauchs (CO 2), weil entsprechende Abgasnachbehandlungen einfach mehr Leistung abfordern. Verbunden ist das mit deutlich höheren Kosten, die sich im Aufpreis für einen Dieselmotor niederschlagen und am Markt ein klassisches Knock-out-Kriterium darstellen.
Freie Fahrt für die großen Pick-ups
Mit dieser deutlichen Verschärfung der NO x-Grenzwerte ist es den US-Behörden ein Leichtes, lästige Wettbewerber aus Europa mit ihren treibstoffsparenden Dieselmotoren aus dem preissensiblen Massenmarkt zu drängen. Ein Schelm ist, wer jetzt dahinter bloß die Sorge um die Luftreinheit vermutet. Die großen US-Pick-ups mitihren opulenten Benzin-Verbräuchen haben unverändert freie Fahrt.
Das alles legitimiert allerdings nicht, in die Trickkiste zu greifen und bei Abgastests am Rollenprüfstand -bisher unbemerkt -in eine Art "Magermodus" zu wechseln, wie bei Volkswagen geschehen. Fragt sich, warum das dennoch passiert ist. Eine mögliche Erklärung liegt in der strammen Befehlskette des Konzerns, der Volumenziele vorgibt und kein "Geht nicht" duldet. ("Nordkorea minus Straflager",Zitat "Der Spiegel" 34/13). Fakt ist: Dieses Vergehen hat das Ansehen der ganzen Autoindustrie als wesentlicher Innovationstreiber in der Welt beschädigt.
Schwächung eines Mitbewerbers als Ziel?
Die geifernde Vehemenz, mit der in den USA der Volkswagen AG jetzt Entschädigungen in Milliardenhöhe angedroht werden, lässt den Verdacht keimen, dass hier nicht die Umweltbesorgnis im Vordergrund steht, sondern man die aufgelegte Chance sieht, einen Wettbewerber nachhaltig zu schwächen.
Der Aufsichtsrat der Volkswagen AG hat mit dem Bekanntwerden der Manipulation den sofortigen Rücktritt von Dr. Martin Winterkorn verlangt, gleichzeitig die Technikvorstände von Volkswagen, Audi und Porsche suspendiert und die schon geplante neue Struktur des Konzerns vorgezogen. Allerdings jetzt mit anderen Darstellern (aber auch die können noch wechseln, wie der überraschende Rücktrittvon Skoda-Chef Winfried Vahland verdeutlicht, der mit seiner ihm zugedachten neuen Rolle als US-Marktverantwortlicher als Appendix der Marke VW ganz und gar nicht einverstanden war). Die Familien Piëch und Porsche zeigten in diesem Chaos jedenfalls wiedergewonnene Einigkeit mit der Besetzung des künftigen Aufsichtsratsvorsitzenden durch Hans-Dieter Pötsch. Das alles war schnell, richtig und nötig.
Eine neueÄra für den Vertrieb
Was jetzt folgen wird, ist eine radikale Kürzung des bisher geplanten, milliardenschweren Investitionsprogramms für die nächsten Jahre -mit massiven Folgen auf die weltweite Zulieferindustrie. Und es wird nach diesem Sündenfall auch eine neue Führungskultur einziehen. Eine, die sich nicht bloß an Rekorden orientiert, sondern an den Werten, die Volkswagen immer schon auszeichnen. Der neue Vorsitzende Matthias Müller scheint ein Garant dafür zu sein. Er verfügt über das nötige Wissen, den Rückhalt in der Belegschaft und besitzt Bodenhaftung. Diese Krise wird auch eine neue Ära im Vertrieb einläuten: Vorbei die Zeiten, in denen der Volkswagen-Konzern nur mit seiner Produktflut das Geschehen bestimmt und den Takt vorgegeben hat. Künftig bestimmt einzig die Kraft der Vertriebsorganisation über das Wohl und Weh dieses Konzerns. Jetzt gilt es, das Vertrauen der vielen Millionen Kunden wieder zu gewinnen. Und das gelingtnicht durch noch so flotte Werbespots und aufgesetzte PR-und Marketingmaßnahmen aus Wolfsburg, sondern einzig und allein durch die Stärkung der Beziehungsqualität des Handels und der Werkstätten im täglichen, persönlichen Kundenkontakt. Hier -und nur hier -liegt die Chance von Volkswagen, sich wieder rasch zu erfangen.
Konzernspitze wird es künftig "billiger" geben
Es sei daran erinnert, dass VW bis in die frühen 1970er-Jahre vor allem durch seinen Kundendienst groß geworden ist und damit auch die noch so mageren Produktzeiten überstanden hat. Erst mit Ferdinand Piëch an der Spitze entwickelte sich das Unternehmen zu dem technikbestimmten Konzern mit der großen Produktpalette quer durch alle Marken.
Aber geblendet durch diese enormen Markterfolge glaubte das nachgerückte Wolfsburger Management, die Produkte verkaufen sich ohnehin von selbst. Daraus erklärt sich manche Überheblichkeit im Umgang mit den Vertriebsorganisationen, die mit strammen Zielvorgaben über Stück und Marktanteile, zeitlich limitierten Verträgen, Kundenzufriedenheitsindizes, Zertifizierungen aller Art, CI-Vorschriften, reduzierten Entgelten bei Garantiearbeiten sowie durch verschärfte Compliance-Vorschriften etc. seit Jahren immer aufs Neue gelöchert gefordert werden.
Demut und volle Unterstützung des Handels und der Werkstätten sind jetzt wieder angesagt. Das Auto ist nicht verkauft, wenn es dem Handel auf den Hof gestellt wird, sondern dann, wenn der Kunde es bezahlt. Volkswagen wird wieder die starke Marke, wenn jetzt alle Kraft und alle Ressourcen der Vertriebsorganisation gewidmet werden. Nur hiermit kann man Kundenvertrauen wieder gewinnen.
Chance für ein direktes Gespräch mit den Kunden
Die Rückrufaktion von kolportierten 11 Millionen Fahrzeugen weltweit und davon 363.000 in Österreich mit dem beanstandeten kleinen Dieselmotor ist eine Chance für ein direktes Gespräch mit den Kunden. Darauf müssen alle Mitarbeiter gut vorbereitet sein -durch entsprechendes Wissen über die Vorgänge und über die Klärung dessen, was am Auto zu tun ist und wie sich das gegebenenfalls auf die Leistung auswirkt. Hier ist Offenheit verpflichtend und jedes Gemauschel zu vermeiden.
Dieösterreichische Vertriebsorganisation ist nicht zuletzt durch die professionelle Führung und Kenntnis des Geschäfts durch die Porsche Holding Salzburg die effizienteste weltweit. Kunden, die sich schon bisher gut betreut fühlten, bleiben auch bei der Marke. Aber um die Rückgewinnung des Vertrauens muss gekämpft werden. Nicht jeder für sich. Sondern alle gemeinsam -in wechselseitigem Respekt.
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