Wenn einer der 450 Besucher nach dem traditionellen Frühstück noch nicht munter war, wurde er spätestens durch jene Zahlen wachgerüttelt, die Mag. Peter Voithofer von der KMU Forschung Austria -"Stammreferent" am A&W-Tag -gleich zu Beginn präsentierte. Denn der Kfz-Sektor ist im Branchenrating von Rang 47 auf Platz 50 abgerutscht -das ist der allerletzte Platz. Zwar sei die Bonität "kurzfristig stabil", sagte Voithofer, doch würden die Unternehmen nur über geringe Reserven verfügen.

Laut Voithofer hat sich die Umsatzrendite im Bilanzjahr 2013/14 von 1,0 auf 1,1 Prozent verbessert , liegt jedoch weiterhin unter jener von 2011/12 (1,4). 43 Prozent der Betriebe befinden sich weiterhin in der Verlustzone (alle Details dazu siehe Seite 18).

Etwas positiver sah die Lage Mag. Gerhard Weinhofer (Creditreform) in der ersten Podiumsdiskussion des Tages: "Ich darf Sie beruhigen, dass die Insolvenzen in der Automobilbranche in den ersten 3 Quartalen 2015 um 5 Prozent und die Zahl der Eröffnung der tatsächlich abgewickelten Insolvenzen um über 12 Prozent zurückgegangen sind."

"Austrifizierung der Standards" für die Händler

Tradition ist am A&W-Tag auch das Zusammenprallen der unterschiedlichen Interessen von Händlern und Importeuren, auch wenn es diesmal nicht ganz so heftig war, wie man dies vielleicht erwarten könnte. Vielleicht auch deshalb, weil sich Dr. Felix Clary und Aldringen sehr konziliant zeigte. Der Sprecher des Arbeitskreises der Automobilimporteure erntete großen Applaus für seine als "persönliche Meinung" vorgebrachte Anregung, dass die Hersteller nicht für alle Händler die gleichen Standards anwenden sollten: "Man sollte zwischen großen und kleinen Händlern unterscheiden, diese also gewissermaßen austrifizieren. Aber diese Frage muss jeder Händler mit dem Importeur selbstlösen." Etwas anderer Meinung war natürlich Komm.-Rat Ing. Josef Schirak, Einzelhandelssprecher im Bundesgremium des Fahrzeughandels: "Die Vorgaben der Hersteller hindern uns daran, wirtschaftliche Erkenntnisse umzusetzen. Wenn diktatorisch die Umsetzung von diversen Maßnahmen, die Geld kosten,gefordert wird, dann nützt die wirtschaftliche Erkenntnis, dass man sich das nicht leisten kann, gar nichts, denn man muss es tun oder der Vertrag läuft spätestens nach 2 Jahren aus." Die Grausamkeiten, so Schirak, würden im 150 Seiten starken Anhang zu den Händlerverträgen stecken: "90 Prozent der Rechte sind beim Hersteller/Importeur, 10 Prozent der Rechte beim Händler."

"Kaufen oder kaufen lassen"

Mit einem klar strukturierten Vortrag ließ Wiesenthal-Vorstand Dr. Alexander Martinowsky aufhorchen: Um zu überleben, müsse jeder Händler entscheiden, ob sein gegenwärtiges Geschäftsmodell auf Dauer tragfähig sei: "Vielleicht überlebt man als B-Händler oder Agent besser? Oder man verkauft sein Unternehmen bei gutem Wind an einen Optimisten. Oder man ist selbst Optimist und kauft die Betriebe seiner Mitbewerber auf, damit man selbst größer ist und bessere Chancen zum Überleben hat." Martinowskys einstiger Markenkollege Dr. Helmut Teissl aus Kärnten meinte, dass Händler sehr rasch an die Grenzen des Legalen stießen: "ZumBeispiel, wenn jemand gleich einen Vorführwagenrabatt auf einen Neuwagen haben und nicht 3 Monate oder 3.000 Kilometer darauf warten will." Wer als Händler da mitspiele, begehe einen Regelverstoß, der sehr rasch schlecht enden könne. Grundsätzlich sei der Markenhandel vor allem im Neuwagenverkauf auf einem Niveau angelangt, wo man sich frage, warum man sich das noch alles antue, schloss Teissl.

Im Schraubstock

Ähnlich sah dies auch Mag. Andreas Zederbauer, Chef der Zederbauer + Partner GmbH: "Immer weniger Manager scheinen in dieser Branche arbeiten zu wollen, weil die Ausgangslage eine sehr schwierige ist." Neben der unbefriedigenden Ertragslage sei auch die Schraubstockposition zwischen Hersteller-undKundeninteressen sehr unbequem. Zudem seien auch die Banken zurückhaltend. "Alle Hausbanken arbeiten mit dem Thema Branchenranking. Wenn man 50. von 50 Branchen ist, kann man sich vorstellen, wie groß die Bereitschaft der Banken ist, in diese Branche zu investieren."

Eine Erkenntnis, der Burkhard Ernst, Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels, in seiner Stellungnahme nur zustimmen konnte. Er ist allerdings optimistisch, dass sich die Lage wieder verbessert.

Werkstattgeschäft weiter unter Druck

Natürlich wurde auch der zunehmend schwierigeren Situation der Werkstätten breiter Raum gewidmet: Neben dem steigenden Druck durch den Graumarkt und den "Pfusch" verschärfe sich die Lage auch durch die "Nichtbeachtung der Gewerbegrenzen", sagte Bundesinnungsmeister Komm.-Rat Friedrich Nagl. Das Problem manifestiere sich etwa darin, "dass die Servicestationen von Tankstellen in das Kerngeschäft der Werkstätten hineinarbeiten" würden. Komm.-Rat Georg Schmuttermeier, Werkstattbesitzer und Autohändler aus Oeynhausen (NÖ), ergänzte die Ausführung dahingehend, dass einer Verfolgung des Pfuschs "fehlende Kapazitäten der Finanzpolizei" gegenüberstehen würden.

"Opel-Schlüssel wieder stolz auf den Tisch legen"

Erstmals waren beim A&W-Tag auch internationale Automanager als Referenten mit dabei: Die größte Aufmerksamkeit erhielt Tina Müller, Marketingchefin von Opel in Rüsselsheim. Seit der Kampagne "Umparken im Kopf" sei es gelungen, dass Kunden den Opel-Schlüssel stolz auf den Tisch legten und nicht mehr in ihrer Hosentasche versteckten. Durch die Einführung neuer Modelle werde Opel das Durchschnittsalter seines Portfolios von 4,7 Jahren (2014) auf 2,9 Jahre senken. Müller lobte auch den österreichischen Importeur, der seinen Marktanteil heuer weiter gesteigert habe, während andere Volumenmarken verlieren würden.

Einer der ranghöchsten Österreicher in der Autobranche ist mittlerweile Thomas A. Schmid: Der Hyundai-Europachef präsentierte in seinem Referat mehrere internationale Beispiele, wo Kunden digital Autos kaufen können. Er glaubt, dass digitale Schauräume, wo Kunden Autos selbst am Computer konfigurieren und denKaufvertrag mit einem Verkäufer abschließen, bald verstärkt Realität werden.

Die Herausforderung "Treue Kunden in fordernden Zeiten" behandelte Axel Berger, Vorstandsvorsitzender der CG Car-Garantie Versicherungs-AG: Im gesättigten Markt gelte es für den Händler, unter den möglichen Kundenbeziehungsmaßnahmen die sinnvollen und tatsächlich ertragssteigernden herauszufinden. Bei 10-jähriger Bindung bezifferte Berger das Umsatzpotenzial (fabrikatsübergreifend) bei Neuwagenkunden mit 71.600 Euro, bei Gebrauchtwagenkunden immerhin mit 30.300 Euro. An Erfolgsfaktoren nannte er, die Zielgruppe zu kennen, Vertrauen aufzubauen, die Aktivitäten von Verkauf und Service zu vernetzen und dabei den Kunden-und Fahrzeug-Lebenszyklus zu berücksichtigen.

"Renditeperle für Werkstätten"

Auch in den nächsten Jahrzehnten werde das Motoröl die "Renditeperle" für Werkstätten bleiben, ist sich Gerhard Wolf, Geschäftsführer von Castrol Austria, sicher. Castrol konzentriere sich als global agierender Konzern auf "die Entwicklung und Produktion von technologisch höchst anspruchsvollen Schmierstoffen". Nur so könne Castrol "Entwicklungspartner der Autoindustrie" sein. Gleichzeitig unterstrich er jedoch die "große Bedeutung" von regionalen Servicepartnern, die die Kunden vor Ort betreuen können. Mit den beiden neuen Partnern Adamol und Obereder habe man 2 Vertriebspartner ausgewählt, die"in diesem Metier federführend sind".

Thomas Koch, Vertriebsleiter Automotive Aftermarket bei der Robert Bosch GmbH, unterstrich die Notwendigkeit von klaren rechtlichen Rahmenbedingungen für die Entwicklung und den Einsatz von vernetzten Fahrzeugen. So müsse der Fahrer bzw. Halter entscheiden können, "wer welche Fahrzeugdaten nutzen darf". Ebenso müssten Standards für die Datensicherheit und das Serviceangebot geschaffen werden. Dafür brauche es auch eine offene Telematikplattform, wobei die europäische Automobilindustrie "in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission in diesem Punkt eine Vorreiterrolle einnehmen könnte".

Auf diese Frage ging auch Dipl.-Ing. Oliver Schmerold, Verbandsdirektor desÖAMTC, ein: "Die Herausforderung besteht darin, die Datenschutzgesetze nicht ins Hintertreffen geraten zu lassen." Es werde "auf europäischer und nationaler Ebene intensiv daran gearbeitet, dass die Informationen nicht zum Eigentum von IT-Firmen und Autoherstellern werden". Mag. Markus Auferbauer,Chef des Motornetzwerks willhaben.at, skizzierte die Veränderung der Verkaufswege im Autohandel und zeigte die Chancen durch die "digitale Revolution". Oft sei neben der Schärfung des eigenen Profils am Markt intensiverer Einsatz des richtigen Kundenbindungsmanagements und zielgerichtetes Ansprechen potenzieller Kunden erforderlich.

Viel Aufmerksamkeit erhielt auch Dipl.-Kfm. Hannes Brachat, Herausgeber der Zeitschrift "Autohaus": Die Autohersteller sollten den Händlern viel mehr Freiheiten lassen als bisher. Sein Appell: Um den Herstellern/Importeuren auf Augenhöhe begegnen zu können, müssten die einzelnen Händler untereinander viel solidarischer sein als derzeit.

Netzwerken und sich informieren

Der Kunde möchte seine Zeit möglichst effektiv nutzen, wenn er einen ganzen Tag unserem 8. A&W-Tag in der Wiener Hofburg widmet. Er möchte sich wohlfühlen, netzwerken und informiert werden, in welche Richtung sich die Kfz-Branche bewegen lässt. So schafften wir es von Lederers Medienwelt, über 400 Gäste aus dem In-und Ausland auf höchstem Niveau zu unterhalten. Die Referenten vermittelten unserer Branche die wichtigsten Botschaften: "Sei dein eigener Unternehmer, dein Performer. Entwickle neben deinem stationären Autohaus/Servicebetrieb nach und nach gleichgewichtig dein virtuelles Autohaus." Wir trauen uns im führenden Fachverlag zu, sich mit uns weiterzuentwickeln, neue Zielgruppen und interessante Angebots-und Nachfragesegmente zu erobern.

Kein fairer Wettkampf

Hat die Autobranche die nötige Kondition, um den vor ihr liegenden Zehnkampf zu bewältigen? Ist sie finanziell in ausreichender Form, sind die Importeure konstruktive Coaches ihrer Händler, steckt die Politik ein angemessenes Spielfeld ab und ist die mediale Öffentlichkeit ein fairer Schiedsrichter? Allzu oft muss die Antwort "Nein" lauten. Wir von Lederers Medienwelt können diesen Zustand nicht im Alleingang ändern, doch wir werden nicht aufhören, auf Missstände hinzuweisen und Positivbeispiele aufzuzeigen -damit jeder eine faire Chance erhält, Höchstleistungen zu erbringen!

Spitzentreffen mit Mehrwert

Wer sich vom A&W-Tag hochkarätige Vorträge, spannende Podiumsdiskussionen und ungezwungenes Networking erwartet hatte, wurde nicht enttäuscht. Doch im imperialen Ambiente der Wiener Hofburg wurde noch mehr geboten: Erstmals präsentierten insgesamt 13 Partnerfirmen an ihren Infoständen neue Produkte und Dienstleistungen. Die Stärken von Kongress und Messe, vereint in einem übersichtlichen Event-Forum: Wir freuen uns darauf, dieses einzigartige Konzept 2016 mit noch mehr Ausstellern umzusetzen!