Kann man im Kfz-Geschäft noch Geld verdienen? Wir zeigen auf den
nächsten Seiten einige positive Beispiele. Die Markenverträge werden
aufgrund der hohen Investitionen dabei immer mehr zum Hindernis.
Über den Neuwagen Geld zu verdienen, ist zukünftig wohl nur mehr über
eine gewisse Größe möglich. Das ist auch den Importeursvertretern
bewusst, doch die Konzepte aus den Herstellerzentralen sind auf
deutlich größere Märkte, eine größere Anzahl an Ballungszentren und
damit insgesamt auf deutlich größere Betriebe ausgelegt. Linda
Jackson, die neue Citroën-Chefin in der Pariser Konzernzentrale,
definiert das Ziel mit 300 bis 500 Verkäufen pro Jahr und Händler.
Citroën Österreich stellt zwar klar, dass diese Pläne nicht für
Österreich gelten, aber man sieht die großdimensionierte Denke der
Konzernlenker.
Kleine Marktverantwortungsgebiete
Die TopografieÖsterreichs mit einwohnermäßig vergleichsweise kleinen
Marktverantwortungsgebieten macht es sehr schwer, die Investitionen
in Auflagen und Verkaufsstandards wieder zu verdienen. Und diese
Standards werden laufend erhöht, schließlich haben die Hersteller
durch die neue GVO deutlich Aufwind bekommen.
Die Möglichkeiten für wirklich große Betriebe sind in Österreich
begrenzt. Die größeren Händler haben ihr Wachstum in der Fläche
umgesetzt, also mit mehreren Filialen der Stammmarke, und damit das
Volumen entsprechend erhöht. Meistens ist das in den vergangenen
Jahren durch die Übernahme von ehemaligen Mitbewerber-Betrieben
erfolgt, die entweder keinen Nachfolger gehabt haben oder in
wirtschaftliche Turbulenzen geraten sind. "Wir haben schon vor 7 bis
8 Jahren das Händlersterben prognostiziert. Die meisten dieser
Betriebe sind aber nicht vom Markt verschwunden, sondern wurden
übernommen", erklärt Einzelhandelssprecher Komm.-Rat Josef Schirak,
einer der längstdienenden Kfz-Funktionäre und mit ausreichend
Mehrmarkenerfahrung im gleichnamigen Autohaus in St. Pölten.
Andere, alteingesessene Betriebe haben die steigenden Kosten und die
rückläufigen Margen mit Markenvielfalt umgesetzt. So wurden speziell
nach der Umsetzung der GVO 2002 aus Betrieben, die historisch mit
einer Marke verbunden waren, plötzlich klassische Mehrmarken-Outlets.
Mit allen Herausforderungen, die solche Lösungen mit sich bringen:
Mitarbeiterschulungen, Absatzziele, Marketing, CI, Schauräume, und
das alles jeweils pro Marke.
Importeure machen die Preise
Generell hat sich das System in den vergangenen Jahren drastisch
verändert. Die alte Importeurs-Meinung: Egal welche Marge man dem
Händler gibt, er wird sie im Kampf mit seinem Markenkollegen
herschenken, hat mittlerweile ihre Konsequenzen. Die Basis-Spanne ist
so gering, dass der Händler kaum mehr Spielraum für Aktionen und
Spezialkonditionen hat. Die Preise werden von den Importeuren
gemacht, wie wir heute täglich im Radio hören können. Speziell im
Volumensegment wird das bisschen Marge ja tatsächlich gebraucht, um
den Vertrieb zu finanzieren. Es sei denn, der Händler spielt beim
Stückzahl-Beschönigen mit und zeigt bei Kurzzulassungsaufforderung
noch öfter auf als ohnehin notwendig.
Probleme für die mittelgroßen Betriebe
Die Möglichkeiten für die größeren Betriebe sind klar. Schwierig wird
es für die mittelgroßen Betriebe. Die Klein-und Kleinstunternehmen
werden hingegen über die überschaubare Kostenstruktur und die
Werkstätte weiterhin erfolgreich sein. Oder mehr denn je! Die
Stundensätze haben speziell in Ballungszentren Dimensionen
angenommen, die für Normalverdiener kaum mehr zu bezahlen sind.
Kleinere oder markenfreie Betriebe im ländlichen Raum gewinnen daher
dazu.
Vertriebskanal der Zukunft?
Fraglich ist, ob der Verkauf zukünftig überhaupt noch über den
klassischen Vertriebskanal läuft. Die Vielfalt an Fahrzeuge ist
selbst für größere Partner kaum mehr darzustellen. Am Beispiel BMW
sieht man die gewaltige Entwicklung: Waren 1980 mit 3er, 3er
Coupe/Cabrio, 5er, 6er und 7er gerade einmal 5 Modelle im Angebot,
sind es aktuell 14 Modellreihen, großteils noch mit verschiedenen
Karosserievarianten. Dazu kommen Mini und die i-Modelle mit eigenen
Händlerverträgen. Wer soll die dafür notwendigen Schauräume und
Vorführwagen noch bezahlen ...
Schon jetzt richten die Premiummarken virtuelle Schauräume ein, wo
der Kunde über einen Hightech-Bildschirm Stoff-und Materialmuster
seines Modells aussucht. Muss dieser virtuelle Schauraum wirklich
beim Händler mit angeschlossener Werkstätte aufgebaut sein? Oder ist
die Frequenz in mondäner Innenstadtlage oder im Einkaufszentrum nicht
deutlich besser? Letztlich geht es nur mehr um den Abschluss und um
den Preis. Wird das über den Händler gehen, über importeurseigene
Betriebe oder nur mehr übers Internet?
Wer nimmt den Gebrauchtwagen?
Die Gebrauchtwagen-Rücknahme wird heute als Vorteil für den
etablierten Handel ins Treffen geführt, auch hier findet gerade eine
gänzlich neue Entwicklung statt. Wurde das alte Fahrzeug bislang an
den ausliefernden Händler zurückgegeben, hört diese Tradition immer
mehr auf. Eigene Plattformen entwickeln sich, und auch eigene Händler
werden sich dafür spezialisieren. Lesen Sie dazu auch den Artikel
"Wir möchten Ihren Alten" auf Seite 59 des Hauptheftes dieser
Ausgabe. (GEW)