Komm. -Rat Alfred K.
May ist Ende April verstorben und damit wohl
einer der letzten Vertreter des partnerschaftlichen Verhältnisses
zwischen Importeur und Händler. 22 Jahre war May Generaldirektor der
Ford Motor Company Austria, in einer Zeit von großer gegenseitiger
Wertschätzung. Hersteller, Importeur und Händler verdienten in einer
gut funktionierenden Branche und einem wachsenden Markt gutes Geld.
Eine Händlerkonferenz oder eine Neuvorstellung war ein Ereignis,
selbstverständlich lud der Importeur dazu ein, man traf sich gerne
und freute sich auf die Neuheiten.
Der Besuch des Generaldirektors im Betrieb war eine große Ehre und
dieser gab die Wertschätzung an den Betrieb und dessen Mitarbeiter
weiter. Die Händler waren stolz, die Marke vertreten zu dürfen. Und
der Importeur war überzeugt, dass sein Händler weiß, wie er seinen
Markt zu betreuen hatte. Schließlich kennt der Betrieb seine Region
und seineKunden am besten. Auch der Besuch des Zonen-/Gebietsleiters
war ein wichtiger, erfreulicher Termin. Die Zeiten sind lange vorbei.
Definitiv und endgültig.
Ford ist nur zufällig das Beispiel und keine Kritik an Danijel
Dzihic, dem amtierenden Nachfolger von Fred May. Im Gegenteil, Dzihic
bemüht sich vermutlich wie kaum einer der vergangenen
Generaldirektoren um das Verhältnis zu seinen Händlern im Rahmen
seiner Möglichkeiten.
Die Zeiten haben sich geändert
Es geht um die drastische Veränderung im Wirtschaftsleben, das
betrifft alle Marken. Es hilft auch nicht, den guten Zeiten
nachzuweinen, sie kommen nicht mehr zurück.
Wie sieht es heute im Vergleich zu Mays Zeiten aus? Heute kommt der
Außendienst zum Händler, um den Stückzahldruck weiterzugeben. Bei den
Händlerkonferenzen werden neue Schauräume vorgestellt oder neue
Vereinbarungen, wie die Zusammenarbeit zukünftig auszusehen hat.
Händlernetzentwickler scheinen heute eher Einrichtungsberater oder
vielmehr Einrichtungsvorschreiber zu sein. Schauräume und ganze
Autohäuser müssen regelmäßig erneuert werden.
Was bringt das? Und vor allem: Wer soll das bezahlen? Jeder
Unternehmer muss sich fragen, ob sich das noch rechnet. Mit Christian
Schröcker, bislang Skoda-Händler mit drei Standorten in
Oberösterreich, hat nun einer "Nein" gesagt. Ohne große Emotionen,
ohne Auseinandersetzung mit dem Importeur hat er die Verträge
zurückgelegt und will wieder freier Unternehmer sein. Die
vorgeschriebenen Investitionen rechnen sich nicht füreinen Händler
seiner Größe. Zumal nicht abzusehen ist, dass er danach mehr Autos
verkauft oder repariert als heute. Hut ab vor dieser Entscheidung!
Zahlen und Fakten zählen
Das ist beim Importeur so, und das muss auch beim Händler so sein.
Jeder Unternehmer muss seine Marke, seinen Betrieb, seine Region und
das Einzugsgebiet genau analysieren und dann exakt rechnen. So
weiterzuarbeiten wie bisher, weil man es viele Jahre getan hat, man
selber als Eigentümer, die Mitarbeiter und vor allem die Kunden sich
an die Markegewöhnt haben oder ihr sogar emotional verbunden sind,
ist zu wenig. Ist die Marke die richtige, was gibt die Region
überhaupt her? Braucht es eine zusätzliche Marke oder besser gar
keine mehr?
Wir haben auf den folgenden Seiten ein paar Beispiele
zusammengesucht. Stellvertretend für die Branche haben wir kleine bis
mittlere Betriebe besucht. Man bekommt den Eindruck, dass manche
Betriebe trotz einer Marke erfolgreich sind, nicht deswegen.
Schließlich müssen 2,8 Prozent durchschnittlicher Verlust pro
verkaufter Einheit (Quelle: Musterkostenrechnung fu ?r Neuwagen, KMU
Forschung) mit ganzem Engagement des Betriebes wieder wettgemacht
werden. Es ist egal, welche Marke draufsteht. Nach wie vor sind der
Unternehmer und seine Mitarbeiter entscheidend, ob ein Betrieb
erfolgreich ist. Und mit diesem Selbstbewusstsein müssen Unternehmer
in die Zukunft gehen. Kein Unternehmer darf sich gegen die
betriebswirtschaftliche Vernunft in Investitionen drängen lassen. Das
wird die große Herausforderung der nächsten Zeit.