May ist Ende April verstorben und damit wohl einer der letzten Vertreter des partnerschaftlichen Verhältnisses zwischen Importeur und Händler. 22 Jahre war May Generaldirektor der Ford Motor Company Austria, in einer Zeit von großer gegenseitiger Wertschätzung. Hersteller, Importeur und Händler verdienten in einer gut funktionierenden Branche und einem wachsenden Markt gutes Geld. Eine Händlerkonferenz oder eine Neuvorstellung war ein Ereignis, selbstverständlich lud der Importeur dazu ein, man traf sich gerne und freute sich auf die Neuheiten.

Der Besuch des Generaldirektors im Betrieb war eine große Ehre und dieser gab die Wertschätzung an den Betrieb und dessen Mitarbeiter weiter. Die Händler waren stolz, die Marke vertreten zu dürfen. Und der Importeur war überzeugt, dass sein Händler weiß, wie er seinen Markt zu betreuen hatte. Schließlich kennt der Betrieb seine Region und seineKunden am besten. Auch der Besuch des Zonen-/Gebietsleiters war ein wichtiger, erfreulicher Termin. Die Zeiten sind lange vorbei. Definitiv und endgültig.

Ford ist nur zufällig das Beispiel und keine Kritik an Danijel Dzihic, dem amtierenden Nachfolger von Fred May. Im Gegenteil, Dzihic bemüht sich vermutlich wie kaum einer der vergangenen Generaldirektoren um das Verhältnis zu seinen Händlern im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Die Zeiten haben sich geändert

Es geht um die drastische Veränderung im Wirtschaftsleben, das betrifft alle Marken. Es hilft auch nicht, den guten Zeiten nachzuweinen, sie kommen nicht mehr zurück.

Wie sieht es heute im Vergleich zu Mays Zeiten aus? Heute kommt der Außendienst zum Händler, um den Stückzahldruck weiterzugeben. Bei den Händlerkonferenzen werden neue Schauräume vorgestellt oder neue Vereinbarungen, wie die Zusammenarbeit zukünftig auszusehen hat. Händlernetzentwickler scheinen heute eher Einrichtungsberater oder vielmehr Einrichtungsvorschreiber zu sein. Schauräume und ganze Autohäuser müssen regelmäßig erneuert werden.

Was bringt das? Und vor allem: Wer soll das bezahlen? Jeder Unternehmer muss sich fragen, ob sich das noch rechnet. Mit Christian Schröcker, bislang Skoda-Händler mit drei Standorten in Oberösterreich, hat nun einer "Nein" gesagt. Ohne große Emotionen, ohne Auseinandersetzung mit dem Importeur hat er die Verträge zurückgelegt und will wieder freier Unternehmer sein. Die vorgeschriebenen Investitionen rechnen sich nicht füreinen Händler seiner Größe. Zumal nicht abzusehen ist, dass er danach mehr Autos verkauft oder repariert als heute. Hut ab vor dieser Entscheidung!

Zahlen und Fakten zählen

Das ist beim Importeur so, und das muss auch beim Händler so sein. Jeder Unternehmer muss seine Marke, seinen Betrieb, seine Region und das Einzugsgebiet genau analysieren und dann exakt rechnen. So weiterzuarbeiten wie bisher, weil man es viele Jahre getan hat, man selber als Eigentümer, die Mitarbeiter und vor allem die Kunden sich an die Markegewöhnt haben oder ihr sogar emotional verbunden sind, ist zu wenig. Ist die Marke die richtige, was gibt die Region überhaupt her? Braucht es eine zusätzliche Marke oder besser gar keine mehr?

Wir haben auf den folgenden Seiten ein paar Beispiele zusammengesucht. Stellvertretend für die Branche haben wir kleine bis mittlere Betriebe besucht. Man bekommt den Eindruck, dass manche Betriebe trotz einer Marke erfolgreich sind, nicht deswegen. Schließlich müssen 2,8 Prozent durchschnittlicher Verlust pro verkaufter Einheit (Quelle: Musterkostenrechnung fu ?r Neuwagen, KMU Forschung) mit ganzem Engagement des Betriebes wieder wettgemacht werden. Es ist egal, welche Marke draufsteht. Nach wie vor sind der Unternehmer und seine Mitarbeiter entscheidend, ob ein Betrieb erfolgreich ist. Und mit diesem Selbstbewusstsein müssen Unternehmer in die Zukunft gehen. Kein Unternehmer darf sich gegen die betriebswirtschaftliche Vernunft in Investitionen drängen lassen. Das wird die große Herausforderung der nächsten Zeit.