Ein Beispiel: Im September 2010 landete ein teurer Schlitten nach einem Unfall in der Kfz-Werkstatt. Der Chef kannte den Kunden, da er dessen geleastes Auto schon seit sechs Jahren in Betreuung hatte. Im Zulassungsschein war dies mit "Inhaber aufgrund Leasinggeschäft" vermerkt. Der Kunde hatte in diesem Zusammenhang der Werkstätte schon vor einem halben Jahr mitgeteilt, dass er das alte Auto - Neuwert 151.000 Euro -der Leasinggesellschaft mittlerweile abgekauft habe.

Daher wurde ohne Rücksicht auf den Leasingvermerk die Reparatur erledigt. Doch der Kunde war offenbar schon länger in Geldnöten. Er zahlte die Rechnung über 8.588,30 Euro nicht. Das Auto blieb daher in der Werkstätte - der Kunde wurde geklagt. Das Gericht erließ ein Versäumungsurteil, das Auto blieb wegen deroffenen Rechnung weiter in der Werkstätte und sollte aufgrund des Urteils exekutiv verwertet werden.

Dafür kontaktierte die Werkstätte die Leasinggesellschaft. Und erfuhr zu ihrer Verblüffung, dass der Leasingvertrag erst Ende 2010 - somit drei Monate nach der Unfallreparatur - aufgelöst worden war. Und zwar deshalb, weil der Kunde bei der Leasinggesellschaft wegen offener Leasingraten ebenfalls in der Kreide war. Ein Zahlungsbefehl gegen den Leasingnehmer über 59.459,74 Euro sei bereits im Jänner 2011 in Rechtskraft erwachsen.

Die Leasinggesellschaft wusste lediglich nicht, wo der Leasingnehmer und ihr Auto verblieben waren. Erst im Februar 2012 wurde sie durch den Anruf der Werkstätte, die zu ihrem Geld kommen wollte, munter. Sie verlangte ihr Auto zurück. Die Werkstätte wollte es aber erst herausgeben, wenn ihr die Leasinggesellschaft die Reparaturkosten - samt 2.563,20 Euro Standkosten und Kosten des Versäumungsurteils - ersetzt.

Leasinggesellschaft kontra Werkstatt vor Gericht

Die Leasinggesellschaft klagte auf Herausgabe. Die Reparatur sei ohne Rücksprache mit ihr erfolgt - sie habe dazu auch keinen Auftrag erteilt. Es bestehe daher kein Rückbehaltungsrecht. Die Werkstätte konterte mit dem Argument, dass sie das Rückbehaltungsrecht aufgrund der Information des Kunden gutgläubig erworben habe: "Das Retentionsrecht nach § 471 ABGB gelteauch dann, wenn nicht der Eigentümer des Fahrzeugs als Werkbesteller auftrete, sondern ein Dritter, der über das Fahrzeug verfügungsberechtigt sei."

Das Landesgericht Wiener Neustadt wies die Klage ab. Begründung: Die Werkstätte habe gutgläubig darauf vertrauen können, dass sie auch gegenüber der Leasinggesellschaft als tatsächliche Eigentümerin des Autos ein Rückbehaltungsrecht habe. Der Oberste Gerichtshof drehte das Urteil um und verurteilte die Werkstätte zur Herausgabe. Ein gutgläubigerErwerb des Rückbehaltungsrechtes setzt "Redlichkeit" voraus. Die ist jedoch bereits bei "leichter Fahrlässigkeit" ausgeschlossen. Bei einer Diskrepanz zwischen dem Vermerk im Zulassungsschein und der Behauptung des Kunden, das Auto bereits gekauft zu haben, wären weitere Nachforschungen nötig gewesen. Die wurden jedoch fahrlässig unterlassen.

Schlechte Aussichten?

Tatsächlich hätte es für die Werkstätte einen einfachen Weg gegeben, doch noch ihr Zurückbehaltungsrecht durchzusetzen. Und zwar aufgrund der Vertragsklausel, das Fahrzeug im eigenen Namen und auf eigene Kosten reparieren zu lassen. Damit wäre der Kunde auch als Leasingnehmer zur Auftragsvergabe berechtigt gewesen - und wäre somit der Werkstätte mangels Zahlung zur Zurückbehaltung berechtigt gewesen.

Für das Bestehen eines derartigen Rechtes ist jedoch die Werkstätte behauptungs- und beweispflichtig. Von Amts wegen ist dies vom Gericht nicht zu berücksichtigen. Der OGH (3Ob243/13a) vertrat jedoch die spitzfindige Ansicht, dass für diese vertraglich vereinbarte Instandhaltungspflicht vor Gericht kein rechtzeitiges und ausreichendes Vorbringen erstattet wurde. Womit die Werkstätte -mangels Zurückbehaltungsrecht - den Reparaturkosten wahrscheinlich vergeblich nachlaufen wird.