Die Shredder sind ein wichtiger, doch in derÖffentlichkeit nicht sonderlich auffälliger Teil der Autobranche. Deshalb nahm kaum jemand Notiz davon, als im Vorjahr auf Bestreben eines niederösterreichischen Unternehmens ein höchstgerichtliches Urteil erging -außer dieses Magazin, das bereits im Jänner 2014 darüber berichtet hat. "Das Ende der Exporte?" lautete damals unsere Schlagzeile. Nun wird immer deutlicher, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) auch das Ende der Wrackbörse bedeuten könnte.

Abfall statt Auto

Anhand von 4 Musterfahrzeugen hatte der VwGH festgehalten, dass Autos nur dann ungehindert exportiert werden dürfen, wenn sie noch zum "bestimmungsgemäßen Gebrauch" geeignet sind - also zum Einsatz auf öffentlichen Straßen und nicht etwa nur zur Verwendung als Ersatzteilspender. Festhalten lässt sich dies daran, dass derartige Fahrzeuge noch ein "Pickerl" besitzen oder - im Fall von Beschädigungen -die Kosten für die Wiederherstellung der Zulassungsfähigkeit unter dem Zeitwert liegen. Relevant sind dabei die österreichischen Stundensätze und Teilepreise - nicht etwa die unter Umständen deutlich niedrigeren Kosten im Ausland.

Erfüllt ein Fahrzeug diese Kriterien nicht, wird es aufgrund der enthaltenen Betriebsmittel als "gefährlicher Abfall" eingestuft. Laut Paragraph 5 der Altfahrzeug-Verordnung muss dessen ordnungsgemäße Entsorgung sichergestellt werden. Davon kann nur die Rede sein, wenn ein befugter Entsorger das Wrack erwirbt. Für einen allfälligen Export muss eine Bewilligung gemäß Paragraph 69 des Abfallwirtschaftsgesetzes eingeholt werden. Dass der typische osteuropäische Wrackbörsen-Bestbieter mit Pritschenwagen und Anhänger diese Auflagen nicht erfüllt, liegt auf der Hand.

Kein "Silbertablett" mehr

Brisant ist die Entscheidung des VwGH deshalb, weil bisher ein geschädigter Autofahrer jeden Wrackpreis akzeptieren musste, der ihm vom Haftpflichtversicherer "auf dem Silbertablett" übermittelt wurde. Dies ging aus einem Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) hervor. Von der mit dem "Silbertablett" verbunden Risikolosigkeit für den Wrackverkäufer kann aber keine Rede mehr sein: Beim Havarieverkauf an einen nicht zur Abfallübernahme berechtigten Wrackbörsen-Bestbieter handelt es sich nämlich um alles andere als ein Kavaliersdelikt. Das Abfallwirtschaftsgesetz bedroht den Letztbesitzer mit Strafen von 850 bis sage und schreibe 41.000 Euro, wenn der Käufer kein berechtigter Übernehmer ist. "Darüber hinaus muss der Letztbesitzer die Rückführung des Fahrzeugs nach Österreich finanzieren", informiert Komm.-Rat Burkhard Ernst, Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels. Dass die Transportkosten aus dem Kaukasus oder aus Nigeria nicht eben aus der Portokassa bezahlt werden können, ist wohl für jedermann nachvollziehbar. Zu alledem wurde auch noch ein spezieller Strafrahmen für eine "Gewerbsmäßigkeit" eingeführt: Einem sorglosen Wrackverkäufer kann somit auch die Beihilfe zum Umweltdelikt des Paragraph 180 Strafgesetzbuch mit einem Strafrahmen bis zu einem Jahr Haft angelastet werden.

Autohäuser aufgepasst!

Hart am Kriminal bewegen sich aber nicht nur die Autobesitzer, sondern auch die Automobilbetriebe - und zwar dann, wenn sie ein Fahrzeug per Zession zur Weiterverwertungübernehmen. Ernst richtet daher eine eindringliche Warnung an seine Mitglieder: "Keine Fahrzeugübergabe an Wrackbörsen-Bestbieter, sofern diese nicht zugelassene Entsorgungsunternehmen sind, sowie keine Lagerung von wirtschaftlichen Totalschäden, da auch dies gesetzeswidrig ist." Das Bundesgremium rät den Betrieben darüber hinaus, beim Export an sich reparaturfähiger Fahrzeuge ebenfalls Vorsicht walten zu lassen. Schließlich sei aufgrund der VwGH-Entscheidung mit deutlich schärferen Kontrollen durch die Umweltbehörden zu rechnen. Zur Absicherung empfehle sich die "Bescheinigung überdie Reparaturfähigkeit eines Fahrzeugs", die in einem vom Umweltministerium veröffentlichten Handbuch für den Gebrauchtwarenexport enthalten ist und auch über die Wirtschaftskammer bezogen werden kann.

Versicherungen als Mittäter?

Für die Versicherungen ist die nunmehr publik gewordene Rechtslage ein schwerer Schlag. Schließlich konnten sie sich durch die wrackbörsenbedingt überhöhten Restwerte und den daraus folgenden Anstieg der "Totalschäden" in den vergangenen Jahren Millionenbeträge ersparen. An sich müssten sie gegenüber dem Fahrzeugbesitzer aber den Nachweis erbringen, dass ein Angebot aus der Wrackbörse voll und ganz den Anforderungen des Abfallwirtschaftsgesetzes entspricht - und auch dafür haften. Solange sie dies nicht tun, kann man einem Versicherungsnehmer, der ein Restwertangebot aus der Wrackbörse ablehnt, keinesfalls einen Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht vorwerfen.

Laut Auffassung von Ernst baumelt noch ein weiteres juristisches Damoklesschwertüber den Köpfen der Versicherungsmanager: Diese würden sich als "Mittäter des illegalen Exports" strafbar machen. "Meines Wissens verfügt kein einziger Versicherer über eine Genehmigung, um als Makler von gefährlichem Abfall zu agieren", so Ernst.

Schweigsame Assekuranzen

Wie reagieren die Assekuranzen auf das Urteil des VwGH? Bisher herrscht eisiges Schweigen. Dr. Erik Eybl, Vorsitzender des Schadenausschusses im Verband der VersicherungsunternehmenÖsterreichs, verweist auf Anfrage nur auf eine "genaue rechtliche Prüfung" - bis deren Ergebnis vorliege, könne man schlicht gar nichts zur Materie sagen.

Großes öffentliches Interesse

Die Shredderbetriebe sind mit dem von ihnen angestoßenen Prozess unterdessen durchaus zufrieden. "Plötzlich interessieren sich Politiker, Behörden und die Exekutive für die Thematik", berichtet Branchensprecher Ing. Walter Kletzmayr. Konkrete Zahlen könne man zwar noch nicht nennen, doch sei man zuversichtlich, dass der Wrackexport heuer nichtmehr ganz so dramatisch ausfallen werde wie 2013: Damals standen rund 262.000 aus dem Bestand gefallenen Fahrzeugen lediglich 74.000 Wracks gegenüber, die bei den heimischen Shreddern ebenso gewinnbringend wie ordnungsgemäß verwertet wurden.