Die Industrie sei der Motor der Wirtschaft. Insbesondere Deutschland als größter Nettozahler in der EU sei hierbei von entscheidender Bedeutung. „Durch Ihre einschneidenden Eingriffe in die deutsche Automobilindustrie gerät dieser zentrale Wirtschaftszweig derzeit dramatisch ins Wanken“, so Ernst. Dies wiederum habe auch bedeutende Auswirkungen auf die österreichische Wirtschaft, die durch eine große Zahl österreichischer Zulieferbetriebe eng mit der deutschen Automobilindustrie verbunden sei.
Ernst befürchtet dramatische Konsequenzen: Wenn beispielsweise der VW-Konzern schwierigen Zeiten entgegensehe und ins Wanken gerate, hätte dies Folgen für ein deutsches Bundesland, das als Shareholder von den Dividenden des Unternehmens profitiere. „Wenn ein deutsches Bundesland aufgrund Ihrer Maßnahmen ins Wanken gerät - um bei diesem Begriff zu bleiben wird Deutschland wanken und die Nettozahlungen für die EU nicht mehr erbringen können. Wenn dies eintritt, zerfällt Europa wieder in das, was es einmal war, und zwar in Nationalstaaten, welche von den wirtschaftlichen Konkurrenten China und Amerika natürlich leichter zu „sanktionieren“ sind“, Ernst.
Ernst vermisse darüber hinaus auch „Maßnahmen der europäischen Kommission zur Schaffung europäischer Autarkie“. Die Corona-Krise habe „uns eindringlich gelehrt, dass es – zumindest im Notfall – geschlossene Lieferketten innerhalb Europas geben muss, diese Verfehlung wird uns durch den nach wie vor bestehenden Mikrochip-Engpass schmerzlich vor Augen geführt.“ Unter diesen Voraussetzungen stehe Europa „am Rande der Auflösung und jahrzehntelange Kleinarbeit droht verloren zu gehen“. Ernst weist auch auf weitere Maßnahmen hin, auf welche die europäische Bevölkerung dringend warte: Das betreffe die militärische, steuerliche und juristische Gleichschaltung Europas sowie die Lösung der Flüchtlingsthematik.
„Das Bild, das Ihr Handeln bei vielen Europäerinnen und Europäern hinterlässt, ist ein Bürokratieaufbau gegenüber europäischen Unternehmen, der diese zunehmend vor kaum erklärbare Hürden stellt“. Ernst setze darauf, dass es noch möglich ist, eine Kehrtwende herbeizuführen und dass Maßnahmen gefunden würden, welche der europäischen Industrie, allen voran der europäischen Automobilindustrie, zu neuer Stärke verhelfen.
Die allgemein formulierte „Europe-Direct“-Antwort auf das Schreiben bestätigt, dass auf die Sorgen engagierter Unternehmer offensichtlich nicht eingegangen wird: Lapidar heißt es da: „Unsere Aufgabe ist es, allgemeine Informationen über die EU bereitzustellen. Wir können zwar keine Stellung zu persönlichen Meinungen nehmen oder uns an politischen Diskussionen beteiligen, aber wir geben Ihnen gerne hilfreiche Informationen zu EU-bezogenen Themen“.
Darüber hinaus werden auch „gute“ Ratschläge erteilt, in welcher Form man sich an der Gestaltung der europäischen Politik beteiligen könne, es gebe mehrere Möglichkeiten, sich zu engagieren. Man könne „an öffentlichen Konsultationen teilnehmen, sich Bürgerforen anschließen, an Debatten teilnehmen, eine Bürgerinitiative starten, eine Petition einreichen oder sich über soziale Medien engagieren“.
Diese Antworten sprechen wohl für sich selbst – Bürgernähe sieht anders aus.
