Das Ersatzbedarfsgeschäft im Spannungsbogen zwischen
Zahlungsbereitschaft und Qualitätsanspruch unterliegt Einflüssen, die
ein erfolgreiches Pricing vielfach erschweren. Darüber diskutierten
Kundendienstleiter mit der Castrol-Spitze.
Mit dem Preisexperten Dr. Georg Tacke vom Strategiehaus Simon-Kucher&Partners kam rasch Schwung in die von Castrol initiierte
Gesprächsrunde mit Kundendienstchefs vieler Markenvertretungen, ging
es doch um "Value", damit der Kundennutzen und nicht allein der
Wettbewerber den Preis bestimmt. Es ging im Wesentlichen um
Fahrzeugsegmente, unterteilt in Altersblöcke, darüber gelegt die
Wettbewerbssituation, verbunden mit dem Preiswissen, und das alles
eingebunden in das Knowhow der technischen Eigenschaften der Teile.
"Nicht um akurat Neues ging es dabei", erzählte Ing. Peter
Spatzierer, Geschäftsführer von Castrol Austria, seinen Plan von der
Veranstaltung, "vielmehr um Wissensaustausch auf hohem Niveau." Die
kaufende Seite versucht den optimalen Nutzen über den Einkauf, um
dennoch hochwertige Produkte zu erhalten, die Lieferantenseite
moderiert wiederum zwischen Kaufkraft und Qualitätsanspruch ihrer
Produkte und Schulungsleistungen.
Tacke surfte zwischen den Interessen von jungen Kunden mit
tendenziell altem Fahrzeugpark undälteren Kunden mit ausgeprägtem
Qualitätsbewusstsein hin und her und bekam aus der hochkarätigen
Kundendienstecke einiges an Problemen zu hören. Junge Leute legen
demnach eine geringere Zahlungsbereitschaft an den Tag, sind
Rosinenpicker mit Tendenz zum Reparaturverzicht, zudem
-internetbedingt-mit einem hohen Preiswissen ausgestattet. Dem
gegenüber steht die Golden-Ager-Generation mit ihrer hohen
Zahlungsbereitschaft, häufig durch Garantieleistungen ausgeprägter
Treue zur Vertragswerkstatt und Hang zum Originalteilbezug.
Geringe Preisspielräume
Auf diesen beiden Säulen beruht mehr oder minder die Preisstrategie.
Eine genaue Zuordnung der Teile zu Fahrzeugbeständen, dazu zählt der
Schmierstoff allemal, und somit zu Alterssegmenten ist heutzutage
kaum mehr möglich und daher eine klare Preisstrategie schwer
durchsetzbar. Eine "richtige" Preisstrategie gibtes nicht, wurde
rasch allen Teilnehmern klar. Tacke bezeichnet ohne
Preissystem/-architektur das Teile-Pricing in den Anbieterkreisen
schlicht als "Kraut-und-Rüben"-Kultur. In den Hersteller-und
Importeursetagen macht Preisdifferenzierung nach Ländern Sinn, um die
nötige Preiselastizität im Wettbewerb zu erhalten. Der Graumarkt muss
über einen Preiskorridor gemanagt werden. In der Regel stark
differenzierende Preisgestaltungen oder -änderungen führen zum oft
größten Problem in der Kundenbeziehung: den Vertrauensverlust!
Wettbewerbsintensität der Rabatttreiber
Nun, so der Tenor aus dem Auditorium, sei eine klare Rabattlogik,
ausgerichtet auf die Umsatzziele, logisch. Das bei der aktuell
herrschenden Wettbewerbsintensität zu gestalten, erfordert viel
Branchenwissen. Spatzierer setzt in dieser Frage auf das Kundenwissen
seiner Außendienstkräfte, die vielfach und bis hinein in die
entlegensten Täler die Beschaffungsbefindlichkeiten ihrer Abnehmer
kennen. "Somit kann ich das Bonussystem auf wenige wirksame Kriterien
konzentrieren. Wettbewerber ohne ausreichende Marktkenntnisse tun
sich dabei sicherlich schwerer."
Zu große Komplexität kann mit diesem pragmatischen Ansatz vermieden
werden. Natürlich reagiert der Kfz-Betrieb, ob ge-oder ungebunden,
mit unterschiedlichen Preisbereitschaften. Ein "Homo oeconomicus" ist
er dabei selten. Gerne verbindet er den Schmierstoff mit attraktiven
Angebotspaketen, die aber auch in die Hosen gehen können. Immer ist
ein anderer noch günstiger. Nichts ist in der vom Internet diktierten
Preiswelt unmöglich, wenn man unbelehrbar nach alten
Beschaffungsmustern vorgeht.
Richtige Angebotsstruktur
Also hören sich viele Kundendienstcapos alles diesbezügliche im Markt
Gebotene an, um aus jedem noch so kleinen Detail Wertschöpfung zu
generieren.
"Schmierstoff ist immer noch eine Renditeperle, wenn sie
dementsprechend erkannt, präsentiert, gelebt und nicht inflationär
rabattiert wird", kommentiert Spatzierer dazu einen lapidaren, jedoch
allemal gültigen Sachverhalt.
Tacke mahnt zur Minimierung der Kundenverwirrung und Maximierung der
Kaufwahrscheinlichkeit durch eine klare Angebotsstruktur: "Damit Sie
für Ihre Leistung den Preis bekommen, den Sie verdienen." So gesehen
ist was dran an der Aussage, dass nicht immer der Billigste zum Zug
kommt, sofern Produktwert und Preis im Gleichgewicht gehalten werden
können.
Mit dieser Zielsetzung traf man sich zur Fact-Finding-Mission, in
noch so dramatischer Gegensätzlichkeit der Interessen Werte zu
schaffen, zu kommunizieren und zu liefern. (RED)
Wege aus der Preisfalle
Als international anerkannter Pricingexperte rät der studierte
Betriebswirt und Marketingfachmann dazu, Preise und Werte ins
Gleichgewicht zu bringen. Voraussetzung dafür ist, das Angebot für
den Kunden wertvoll zu gestalten. Nur diese Werte können im Preis
abgeschöpft werden. Preisvolatilitäten wiederum schaffen
Preisspielräume, nicht nur nach unten, sondern auch nach oben.