Darüber hinaus gibt es in der Software, über die wir schon im Vormonat berichtet haben, die Möglichkeit, weitere Schätzwerte wie Stehzeit, Preisminderung oder Nutzungsentgelt im Gewährleistungsfall objektiv nachvollziehbar zu quantifizieren.

Totalschaden, kostensparende Reparatur

Aus der Sicht des Obersten Gerichtshofes (OGH) ist eine Reparatur rechtlich dann "tunlich", wenn die dafür erforderlichen Kosten den Wiederbeschaffungswert um maximal 10 Prozent übersteigen. Bis dorthin hat der Geschädigte einen Reparaturanspruch. Eine starre 110-Prozent-Grenze gibt es dafür aber nicht. Über dieser Tunlichkeitsgrenze qualifiziert der OGH einen derartigen Unfall als wirtschaftlichen Totalschaden. Unter Berücksichtigung der heutigen Fahrzeugtechnik muss dies jedoch durchaus nicht der Fall sein. Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hat deshalb schon längst die Grenze für den wirtschaftlichen Totalschaden bei 130 Prozent angesetzt. Die österreichische Rechtssprechung hat diese Entwicklung einstweilen noch verschlafen -oder im übergeordneten Interesse der Versicherungswirtschaft ignoriert. Aus wirtschaftlichen Überlegungen werden von Autohäusern deshalb auch Unfallfahrzeuge eingetauscht, bei denen die vollen gewerblichen Reparaturkosten um 25 bis 30 Prozent über dem ursprünglichen Zeitwert liegen. Sie beabsichtigen dabei nicht den Verkauf des Wracks, sondern seine kostengünstige Instandsetzung. Bei der Ermittlung des "objektiven Minderwertes" ist dann zu berücksichtigen, wie ein durchschnittlicher Wrackhändler kalkuliert. Der BGH akzeptiert dabei eine Restwertermittlung auf Basis dreier Anbote regionaler Autohändler. "Die Auswahl der regionalen Händler quasi als Schätzgehilfen des Sachverständigen garantiert noch nicht, dass in die Anbotskalkulation keine unseriösen Handlungen involviert sind", kommt es aus der Sicht Pfeffers dabei leicht zu Schätzverzerrungen. "Schließlich sind diese selbst am Einkauf des Wracks nicht uninteressiert. Durch die überregionale Weitervermarktung an den Höchstbieter ist die Möglichkeit gegeben, dass das Unfallfahrzeug über eine Subwrackbörse wieder auf unseriöse Wege gelangt." Der "seriöse Markt" kann aus Pfeffers Überzeugung daher mit dieser Methode nicht abgebildet werden. Es kommen nach wie vor nur Zufallswerte zustande. Eine Alternative ist daher erforderlich: Bei noch instandsetzbaren Totalschäden hat der Sachverständige bei seiner Berechnung von einem durchschnittlich seriösen Interessenten als Wrackkäufer auszugehen. Dieser muss über die Möglichkeit verfügen, zu regionalen Konditionen das Fahrzeug kostengünstig zu reparieren. Er wird bereit sein, für das Wrack die Differenz zwischen dem Zeitwert des unbeschädigten Autos und seinen reduzierten Reparaturkosten zu bezahlen.Dazu muss noch eine handelsübliche Spanne mit einkalkuliert werden. Pfeffer berücksichtigt in einem ersten Schritt das mit einer Eigenreparatur für die Werkstätte verbundene Ertragspotenzial. Deshalb werden von den Mechanikerkosten 50 Prozent und den Lackiererkosten 20 Prozent als "Einsparungspotenzial" der Werkstätte in Abzug gebracht. Bei den Kosten der Ersatzteilbeschaffung lässt sich im Programm stufenlos ein Abschlag von 0 bis 30 Prozent einstellen. Danach wird eine Mindest-Wrackhändlerspanne von 5 Prozent dazu gerechnet. Diesen Wert kann der Sachverständige mit verbindlichen Anboten aus der Wrackbörse vergleichen. Im Streitfall liegt es dann am Richter, welche Anforderungen er an die Schadensminderungspflicht des Geschädigten bei der Annahme eines Anbotes aus der Wrackbörse stellt.

Totalschaden, doch keine Reparaturabsicht

Wenn die Reparaturkosten den Zeitwert um mehr als 30 Prozentübersteigen, ist selbst eine Billigreparatur unwirtschaftlich. Seriöserweise kann der Verkauf einer derartigen Havarie nur an einen Altteileverwerter erfolgen. Dann wird der Wrackwert nach einem von Pfeffer neu entwickelten "Top-Down-Verfahren" geschätzt. Ausgangspunkt des Programms sind die "theoretischen Ersatzteilkosten", die den "theoretischen Ersatzteilwert" des Neufahrzeuges ergeben. Je nach Marke und Segment liegt dieser Wert beim 1,5-bis 3-fachen des Neuwagenpreises, wobei im Programm Referenzfahrzeuge zur leichteren Klassifizierung eingespeichert sind. Danach ist entsprechend dem Alter die Fahrzeugabwertung zu kalkulieren. Daraus ergibt sich der theoretische Altteilewert des kompletten Autos vor dem Unfall. Dann hat der Sachverständige entsprechend dem Schadensbild die unbrauchbaren Teile auszuscheiden. "Dafür muss der Anwender die betroffenen Schadenszonen und die dazugehörigen Verformungen im Programm definieren", reduziert sich laut Pfeffer automatisch der Umfang der unbeschädigten Teile. Beim verbleibenden Rest ist die Wettbewerbssituation am lokalen Altteilemarkt mittels "Marktgängigkeitsfaktor" zu berücksichtigen. Das ergibt letztlich den objektiven Wrackwertnach dem Unfall.

Objektiver Kaskoschaden

Mit den objektivierten Berechnungsmethoden des Programms sollten in Zukunft Diskussionen mit den Versicherungen vermeidbar sein. Das gilt auch für Kaskoschäden. Auch bei diesen muss der Sachverständige seiner Kalkulation von Rest-und Minderwerten jenen Wrackkäufer zugrunde legen, der im Inland über die Möglichkeit verfügt, das Fahrzeug kostengünstig instand zu setzen. Dies gilt auch für die Verwertung schwer havarierter Fahrzeuge als "Organspender" für Zeitwertreparaturen. Die Wrackbörse gehört damit der Vergangenheit an.