Die 92. Tagung der US-Markenhändler-Vereinigung NADA ging nicht
zufällig in New Orleans über die Bühne. Die Stadt gilt seit dem
Hurrikan Katrina als Symbol für vernichtende Schläge durch höhere
Gewalt. Ebenfalls massiv getroffen wurden im Vorjahr die
US-amerikanischen Automobilhändler von einem gewaltigen
Markteinbruch.
Die Mitglieder der National Automobile Dealers Association (NADA)
mussten 2008 nach einem Normaljahr bis Ende August in den letzten
vier Monaten einen Rückgang der Neuzulassungen um 2,9 Millionen
Einheiten von etwa 16 Millionen auf 13,1 Millionen verkraften. Allein
im November betrug das Minus rund 40 Prozent. Am alljährlichen
NADA-Kongress zog die Führung der Vereinigung heuer alle Register, um
den Mitgliedern neuen Mut einzuimpfen. Abgesehen von
Optimismus-Injektionen von Annette Sykora (Vorsitzende im Jahr 2008)
und John McEleney (Vorsitzender 2009) sowie Alan Mulally (Präsident
und CEO der Ford Motor Company) wurden mit George Bush und Bill
Clinton gleich der 41. und 42. Präsident der USA aufgeboten, um den
krisengeschüttelten Autodealern eine Perspektive zu weisen.
Obama als größter Mutmacher
Die größte Hoffnung der gesamten Nation dürfte allerdings von einem
Abwesenden ausgehen. Sie ruht auf Barack Obama als 44. Präsident, von
dem US-Kommentatoren mittlerweile sagen, dass seine Inauguration
einen Nachhall wie der erste Schritt eines Menschen auf den Mond oder
der 11. September 2001 ausgelöst habe. Das ganze Land ist wie der
Rest der Welt weiterhin Obama-besoffen. In den Staaten würde es
niemanden wundern, wenn die seit Jahren und Jahrzehnten durch
ungerechte Verteilung des Reichtums geschundene Bevölkerung sich
unter seinem Stern aus den zusammenbrechenden gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen herauswühlte.
Optimismus als Heilmittel
Unabhängig davon drückten sämtliche Kongressredner auf die
Optimismustube, obwohl derzeit niemand sagen kann, wie die Zukunft im
US-Autohandel aussieht. Die Schätzungen der Experten über das heurige
Marktpotenzial bewegen sich (bei einem langjährigen Durchschnitt von
16 bis 16,5 Millionen) zwischen9 und 15 Millionen Neuzulassungen.
Als springender Punkt wird die Verfügbarkeit von Krediten betrachtet.
In dem Punkt landet die Branche erst recht wieder bei Obama und
seinem Recovery-Programm. Wiederaufbau und Erneuerung sind die
Vokabeln, die die NADA-Mitglieder mit New Orleans verbinden und für
die gesamten Staaten relevant sind. Was der vom Hurrikan gebeutelten,
nun wieder in altem Glanz erstrahlenden Südstaaten-Metropole gelungen
ist, soll der Autohandel ebenfalls schaffen. Neben den bekannten
Schwierigkeiten der "Detroit Three" hat der Autoeinzelhandel das
Wegschmelzen der kaufwilligen Kundschaft massiv zu spüren bekommen.
Insider sagen: Zwar in unterschiedlichem Ausmaß, kein Händler ist
jedoch ungeschoren geblieben. Charley Smith, ein ehemaliger
NADA-Chairman und GM-und Honda-Händler in New Mexico, sagte AUTO&Wirtschaft, dass nach dem vorübergehenden Austrocknen des
GM-Finanzierers GMAC einfach keine Kredite aufgestellt werden konnten
und das Geschäft stillstand.
Umstrukturierung geht weiter
Dennoch halten die US-amerikanischen Autobauer weiter Kurs. Sie
halten an Umstrukturierungsprogrammen fest, die wie bei Ford den
Absatz pro Betrieb in urbanen Lagen von derzeit 1.000 auf 1.200 bis
1.500 Einheiten bringen soll- bei rückläufigen Verkaufszahlen,
wohlgemerkt! NADA-Chefökonom Paul Taylor geht davon aus, dass 2009
mindestens 12,7 Millionen Einheiten verkauft werden, falls die
Erholung der US-Wirtschaft im dritten Quartal zu greifen beginnt. Für
den Neuwagenabsatz sind in den Vereinigten Staaten stabile
Immobilienpreise unerlässlich, während die Gebrauchtwagenpreise stark
vom Treibstofftarif abhängen. Die Geschäftsplanung für den
Einzelhandel bleibt weiter schwierig. Die Flüchtigkeit der
Rahmenbedingungen wurde auf der Konferenz von Büttenrednern wie der
American Football-Legende Archie Manning zu stabilisieren versucht.
Er empfahl -aus der Fülle seiner Team-Erfahrungen schöpfend -die
Rolle des "Leaders" anzunehmen. Das bedeute erstens Führungsfigur
sein zu wollen, zweitens Ziele zu setzen und drittens sie aktiv
anzustreben. Was sollen jene 1.100 Händler mit diesem Ratschlag
anfangen, von denen Taylor erwartet, dass sie heuer die
Automobilbühne verlassen? Die Zahl der Neuwagendealer ist seit 1970
von mehr als 30.000 auf unter 20.000 im Vorjahr gesunken. Der Prozess
verlief kontinuierlich, hat sich jedoch in Krisenperioden jeweils
deutlich beschleunigt.
Die Größten -weltweit?
Im Rahmen des International Round Tables der NADA-Spitze mit
zahlreichen Gästen aus dem Ausland -Österreich war durch
Bundesgremialobmann Dr. Gustav Oberwallner, Gremialgeschäftsführer
Dr. Manfred Kandelhart und den Wiener Landesgremialobmann Burkhard
Ernst vertreten -wurde der Automobilmarkt aus globaler Sicht
beleuchtet. Für heuer wird weltweit mit einem Absatzrückgang um 8
Millionen Einheiten gerechnet. Im kommenden Jahr könnte eine
Steigerung um 4,5 Millionen Fahrzeuge erreicht werden. Als kritischer
Punkt für die künftige Entwicklung wurde das erste Quartal 2010
genannt. Der Markt bleibt ebenso volatil wie die Performance der
meisten Autohersteller. Kooperationen und Zusammenschlüsse werden
erwartet. Schluss-und Höhepunkt der Veranstaltung war neben der
Amtseinführung von John P. McEleney als NADA-Vorsitzenden 2009 der
gemeinsame Auftritt von Bush und Clinton. Sie bemühten sich, dem
gebeutelten amerikanischen Autohandel Mut zu machen und erzählten
Anekdoten nach dem Motto: "Was uns nicht umhaut, macht uns stärker!"
Ein schwacher Trost -vor allem für Mitglieder einer Nation, die auf
dem Kongress als die größte unter allen anderen dargestellt wurde.
Seltsam in einem Land, das mit der Idee der Gleichheit und Freiheit
in die Weltgeschichte eingetreten ist. Was bleibt vom Kongress aus
österreichischer Sicht? Burkhard Ernst zieht ein Fazit, das durchaus
zum Wirtschaftsklima in der Heimat passt: Er spricht von 60 Prozent
weniger Besuchern, 50 Prozent weniger Ausstellern und einer
"Händlerstimmung im orange-roten Bereich".