Wer die betrieblichen Kennzahlen aus den Augen verliert, läuft
Gefahr, geradewegs in das wirtschaftliche Fiasko zu schlittern. Neue
Seminare informieren über die Kostenstruktur der Kfz-Werkstätten.
Zahlen lügen nicht. Besonders dann, wenn es um
betriebswirtschaftliche Grundlagen geht. Zu dumm, dass viele
Werkstattinhaber im hektischen Geschäftsalltag keine Zeit für
eingehende Analysen finden. Wie sehr sich Preisgestaltung und
Auslastung auf die Bilanzen auswirken, zeigen Castrol-Urgestein Georg
Beder und die steirische Landesinnung der Kfz-Techniker in einer
neuen Seminarreihe.
Auslastung im Fokus
"Die klassische Kfz-Reparaturwerkstätte steht und fällt mit der
Auslastung", weiß Beder aus jahrzehntelanger Erfahrung. Der ehemalige
Marketing-und Vertriebschef von Castrol hat sein ganzes Berufsleben
in der Autobranche verbracht. Den scharfen Blick auf Missstände, das
intuitive Gespür für ungenützte Chancen hat er sich bis heute
bewahrt. "Eine klassische Werkstätte mit vier Kfz-Technikern, drei
Lehrlingen, zwei Bürokräften und dem mitarbeitenden Chef kommt auf
Lohnkosten von 264.000 Euro pro Jahr", rechnet Beder vor. Um
kostendeckend zu arbeiten, ist bei einer Auslastung von 65 Prozent
ein Stundensatz von 51,87 Euronötig. Bei 80 Prozent Auslastung sind
es dagegen nur mehr 42,14 Euro. Wie verhält es sich mit den Kosten
pro Mitarbeiter? "Bei voller Auslastung wären das in unserem
Rechenbeispiel 22,20 Euro", sagt Beder. Sinkt die Auslastung, steigen
die Kosten um mehr als die Hälfte: 80 Prozent bedeuten schon 27,74
Euro, 65 Prozent 34,15 Euro.
"Allianz der Mächtigen"
Selbst die an sich ungenügende Auslastung von zwei Dritteln ist für
manche Kfz-Werkstätten ein Wunschtraum. Einerseits werden die Kunden
immer sparsamer, anderseits wachsen die Aufwendungen. "Eine Allianz
der Mächtigen aus Importeuren, Versicherungen und anderen
Großunternehmen wälzt immer mehr Kosten auf die Betriebe ab",
kritisiert Landesinnungsmeister Rupert Skotschnigg. Beder stimmt zu:
"In den letzten Jahren hat man immer wieder gehört, dass im
Neuwagen-und Gebrauchtwagenvertrieb nichts mehr verdient wird. Jetzt
kommt auch die Werkstatt immer stärker unter Druck."
Kundenzufriedenheit entscheidet
Dennoch: Die Situation ist keineswegs aussichtslos. Bei ihren
Seminaren zeigen Beder und Skotschnigg, wie einfache Schritte die
wirtschaftliche Lage verbessern. Zwei Millionen Autos sind
beispielsweise mit zu wenig Motoröl unterwegs. "Das ist ein enormes
Potenzial, das mit dem richtigen Partner effektiv genutzt werden
kann", sagt Beder. Bei ebenso vielen Fahrzeugen sollte die
Bremsflüssigkeit getauscht werden: eine Holschuld der Werkstatt, die
derzeit noch zu selten eingelöst wird.
Drei Schulungsnachmittage hat die steirische Landesinnung der
Kfz-Techniker bislang für ihre Mitglieder abgehalten, das Feedback
war überaus positiv. In Zukunft könnten die Seminare auch in anderen
Bundesländern abgehalten werden. Die Kennzahlen, die darin
präsentiert werden, sind ebenso allgemein gültig wie Beders
wichtigste Botschaft: "Entscheidend ist die psychologisch richtige
Kundenbehandlung. Doch Kundenzufriedenheit ohne
Mitarbeiterzufriedenheit, das ist unmöglich."