Der 5. A&W-Tag der am Freitag, dem 9. November über die Bühne ging, war ein voller Erfolg. 300 Besucher fanden sich in den historischen Räumlichkeiten der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien ein, um Fachvorträgen und spannenden Diskussionen, die die Autobranche aktuell bewegen, beizuwohnen. Die besten Bilder sowie Berichte zur Veranstaltung finden Sie untenstehend sowie in der AUTO & Wirtschaft 12/2012. Die Vorträge zum Download finden Sie am Ende dieses Artikels!
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Brachat zur Ertragsoptimierung: „Verbesserung im Service nötig“
„Studien haben gezeigt, dass 30 % der Kundenanrufe in einem Autohaus versickern. Das darf es heute nicht mehr geben“, sagte Prof. Dkfm. Hannes Brachat, „Autohaus“-Herausgeber und Moderator des A&W-Tags. Der Schwabe rief die Besitzer von Autohäusern und Werkstätten auch dazu auf, bisher ungenutzte Potenziale verstärkt zu beachten: „Das Reifengeschäft bietet sehr großes Potenzial: Wenn ein Kunde zwei Mal im Jahr zum Reifenwechsel kommt, muss man ihm im Herbst einen Wintercheck anbieten, eine Beleuchtungskontrolle durchführen, nach Möglichkeit auch den Ölstand kontrollieren und bei Bedarf nachfüllen.“ Schließlich sei das Ölgeschäft für die Hälfte des Ertrages im Servicebereich verantwortlich. Als weitgehend unterschätzt bezeichnete Brachat den Bereich Tuning, dem die Autohäuser mehr Aufmerksamkeit widmen müssten. Und nicht zuletzt sollte man, um Wartezeiten zu den Stoßzeiten zu vermeiden, Aufträge für bereits fix vereinbarte Servicearbeiten und Ähnliches rechtzeitig vorbereiten. (MUE)
Voithofer erwartet weiteren Strukturwandel
Von einer „schwierigen betriebswirtschaftlichen Situation in der Kfz-Wirtschaft mit großer Heterogenität“, berichtete Mag. Peter Voithofer, GF von KMU Forschung Austria/Wien. Zwar seien laut den jüngsten Daten im Bilanzjahr 2010/11 die Durchschnittserträge im Kfz-Handel von 0,8 auf 1,3 % sowie in der Reparatur von 1,4 auf 1,8 % gestiegen, doch liege man damit nach wie vor weit unter dem Durchschnitt der marktorientierten Wirtschaft (3,47 %). „38 % der Kfz-Betriebe befinden sich nach wie vor in der Verlustzone“, so Voithofer. Zudem seien 26 % der Firmen überschuldet, bei den Unternehmen mit weniger als 2 Mio. € Jahresumsatz liege dieser Anteil sogar bei einem Drittel. Da andererseits umsatzmäßig wachsende Kfz-Einzelhändler höhere Renditen, mehr Eigenkapital und eine kürzere Schuldentilgungsdauer aufweisen würden, ist für Voithofer „ein „weiterer Strukturwandel ante portas“. (HAY)
Grossnigg: „System ist unverbesserlich verloren“
„Der Fahrzeughandel braucht die Erneuerung. Das bestehende System ist unverbesserlich verloren“, resümierte Unternehmenssanierer Dr. Erhard F. Grossnigg, in der Branche vor allem durch die Abwicklung der ehemaligen Tarbuk-Aktivitäten bekannt. Er forderte eine der Risikosituation angemessene Rendite von 8 bis 15 %, die derzeit freilich unrealistisch sei. „Die stetige Reduktion der Händlerspanne durch die Hersteller und die Mechanismen der freien Preisbildung führen zu einer drastischen Reduktion der Deckungsbeiträge im NW-Verkauf“, skizzierte Grossnigg das aktuelle Szenario. Weiters habe der Markenhandel unter CI-Kosten in „zum Teil realitätsfernen Höhen“ sowie wachsender Konkurrenz durch Herstellerniederlassungen (NW-Vertrieb) und freie Werkstätten (Service) zu leiden. Zu erwarten sei daher ein drastischer Strukturwandel: Bis 2015 könne es um 30 % weniger selbstständige Händler geben. (HAY)
Martinowsky: „Handel muss Geld verdienen“
„Wir können uns nicht darauf verlassen, dass die Werkstätte auch in Zukunft den Gesamtbetrieb tragen wird“, sagte Dr. Alexander Martinowsky, GF von Wiesenthal Autohandels GmbH/Wien: „Wir müssen dafür Sorge tragen, dass auch der Handel per se Geld verdient.“ Dies sei in den vergangenen Jahren oft zu kurz gekommen: „Es ist aber nicht das Selbstverständnis des Handels, für Glanz und Gloria des Herstellers möglichst viele Autos in den Markt zu bringen. Wir müssen damit auch wieder Geld verdienen!“ (ENG)
Gugerbauer: Ist Mittelstandsinitiative „nur die halbe Miete“?
Bei rund einem Drittel der Markenorganisationen seien die Verträge noch nicht an den Wegfall der Kfz-GVO per 31. Mai 2013 angepasst worden, erläuterte Kartellrechtsexperte Dr. Norbert Gugerbauer: „Bei den bereits abgeschlossenen Verträgen haben die Importeure ihre rechtlichen Möglichkeiten nicht voll genutzt. Das lässt für die Zukunft hoffen.“ Dennoch darf laut Gugerbauer kein Zweifel daran bestehen, dass die Händlerrechte durch den Wechsel zur „Schirm-GVO“ massiv eingeschränkt werden: Beispielsweise steige die Obergrenze für den verpflichtenden Bezug von Fahrzeugen, Teilen und Zubehör beim Vertragsgeber von 30 % auf 80 %. Werkstätten- und Handelsverträge dürfen künftig voneinander abhängig gemacht werden, der Mehrmarkenvertrieb darf mithilfe eines auf 5 Jahre befristeten Vertrags verboten werden. Darüber hinaus fallen per 1. Juni 2013 die Pflicht zur sachlichen Kündigungsbegründung, die zweijährige Kündigungsfrist und das Recht zur freien Betriebsveräußerung innerhalb eines Markennetzes weg. Teilweise sollen diese Händlerschutzbestimmungen durch das „Kfz-Sektor-Schutzgesetz“ fortgeschrieben werden. „Ich habe keinen Zweifel daran, dass dieses Gesetz wahrscheinlich sogar einstimmig verabschiedet wird, doch das ist nur die halbe Miete“, warnte Gugerbauer. Zu erwarten seien nämlich verfassungsrechtliche Einwände, die unter anderem mit dem „Gleichheitsgrundsatz“ (Artikel 6 des Staatsgrundgesetzes) begründet werden könnten. (HAY)
Clary relativiert aktuelle Diskussionen
Mit der nunmehr als „Kfz-Sektor-Schutzgesetz“ firmierenden Mittelstandsinitiative (Info 2145/1) hätten die Importeure ihren Willen zur Partnerschaft mit dem Handel bekundet, so Dr. Felix Clary und Aldringen, Vorsitzender des Arbeitskreises der Automobilimporteure: „Meiner Überzeugung nach gehören Verträge zwischen Importeuren und Händlern aber, sobald sie einmal unterschrieben worden sind, in die Schublade. Wenn man nur die Rechte und Pflichten einer Handelsorganisation diskutiert, drohen sehr schnell Marktanteilsverluste.“ Auch die Ertragsprobleme des Handels sollen „nicht ständig strapaziert werden“, so Clary. Die Hersteller seien sehr wohl an starken Partnern interessiert: „Prinzipiell sind selbstständige Händler für ihre selbstständigen Ergebnisse aber selbst verantwortlich. Ertragsthemen ausschließlich auf die Importeure abzuladen, wird niemals die Lösung sein.“ (HAY)
Stadler: „Österreichischer Weg“ bei Vertriebsstrukturen?
Den Handlungsspielraum als selbstständiger Importeur von Hyundai und Mitsubishi hob Komm.-Rat Ing. Alfred Stadler, Vorstandsvorsitzender von Wolfgang Denzel Autohandels AG/Wien, hervor: „Wir verhandeln mit den Europazentralen über unsere Einkaufskonditionen, aber die Händlernetze gestalten wir.“ Gerade in kleineren Märkten gebe es „gewisse Freiheiten für die Importeure und auch die Möglichkeit, landesspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen“. (HAY)
Ernst zu Kurzzulassungen: Exportstatistik nötig
„Wir müssen wissen, wie viele Autos in Österreich bleiben und wie viele exportiert werden oder vielleicht gar nie hier gewesen sind“, meinte Komm.-Rat Burkhard Ernst, Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels, zur aktuellen Debatte um die massiv steigenden Kurzzulassungen. Ein überhöhtes Zulassungsvolumen sei eine Gefahr für den Handel: „Dadurch gehen die Verkaufspläne der Hersteller von einem nicht vorhandenen Markt aus.“ Ernst will daher die vor einigen Jahren gescheiterten Bemühungen um eine Deklarierung von Exporten innerhalb der allgemeinen Zulassungsstatistik neu forcieren. Diesbezüglich zeigt sich auch Dr. Felix Clary und Aldringen, Vorsitzender des Arbeitskreises der Automobilimporteure, gesprächsbereit. (HAY)
Trost: Wachsendes Werkstattgeschäft via Internet
Rund 80 % der Nutzer seien online und 76 % würden auch im Netz kaufen, freute sich Dipl.-Kfm. Sorin Anghelina, Leiter Werkstattkonzepte bei Trost Auto Service Technik SE/Stuttgart, der über Dienstleistungs-vermarktung via Internet-Servicebörsen referierte. 1,9 Mrd. € erwirtschafteten die 250 größten E-Commerce Shops 2011; Auto und Zweirad, Ersatzteile und Reifen seien daran mit 9 % beteiligt; auch Inspektionen mit Groupon-Rabattmarken erwähnte Anghelina. In Wien finde man im Umkreis von 10 km bereits mehr als 70 Werkstätten, die bereit sind, bei Reifen als Montagepartner für Internet-Reifenhändler zu fungieren, so Anghelina. Analog gebe es 40 Werkstätten, die Teile von Autoteile-Meile.at einbauen – wie auch immer die Werkstätten mit derartigen Montagearbeiten auf ihre Kosten kommen. Zum angegebenen Festpreis wären fast 77 % bereit, die §-57a-Begutachtung, 72,5 % Inspektion oder Ölwechsel und 67,4 % den Reifenwechsel vornehmen zu lassen, ergab die Trost-Befragung von 1.036 Autofahrern (davon 55 % weiblich) im Durchschnittsalter von 41 Jahren mit einem durchschnittlich 5 Jahre alten Auto. 50,7 % wären bereit, Verschleißreparaturen an Bremsen oder Auspuff online zu beauftragen. 49,2 % wollen, weil sie vollkommen zufrieden mit ihrer Stammwerkstatt sind, nicht wechseln. 23,8 % haben keine Stammwerkstatt. 20,2 % wollen wechseln, weil sie ein günstigeres Angebot suchen. Insgesamt 6,8 % sind laut den Anghelina präsentierten Daten mit der aktuellen Leistung ihres Stammbetriebs nicht zufrieden und wollen daher wechseln. (ENG)
Lorenzen (AutoScout24): „Verdammt heiße Kunden“
Ein Drittel aller Kunden, die auf www.autoscout24.at surfen, plane innerhalb der nächsten zwei Monate ein Auto zu kaufen, gar 60 % innerhalb des kommenden Jahres: Als „verdammt heiße Kunden“ bezeichnete Dipl.-Kfm. Peter Lorenzen, der auch für Österreich zuständige Vice President Dealer Sales Germany bei AutoScout24 GmbH/München, diese Personen. Umso wichtiger sei es für Autohäuser, den (potenziellen) Käufern im Internet einen perfekten Service zu bieten: „Der Kunde findet im Internet viel über Sie, aber nicht immer das, was er sucht und gibt daher viel zu schnell auf.“ Wichtig sei daher, dass Autohausbesitzer selbst immer wieder auf www.google.at nachschauen, wohin man bei der Eingabe „ihres“ Autohauses geführt wird: „Das gilt auch für Smartphones, die immer wichtiger werden.“ Lorenzen rief die Autohaus- und Werkstattbesitzer auf, auf der Homepage auch anzugeben, wodurch sich ihr Unternehmen von den anderen unterscheide: „Die Seite muss aktuell und individuell sein und die Möglichkeit zur direkten Kontaktaufnahme bieten.“ In diesem Zusammenhang zollte Lorenzen den österreichischen Autohausbesitzern Lob: „Bei einem Mystery Shopping im August habe ich zwölf Autohäuser via Internet kontaktiert und alle zwölf haben sich noch am selben Tag gemeldet.“ In Deutschland hingegen warte er oft deutlich länger auf eine Rückmeldung. (MUE)
Castrol betont Rolle als Ertragsbringer
„Wir bringen den Kfz-Betrieben Profitabilität“, unterstrich Ing. Peter Spatzierer, GD von Castrol Austria GmbH/Wiener Neudorf. Weltweit werde jeder zweite Pkw ab Werk mit Schmierstoffen der BP-Konzernmarke befüllt: „Das ist für Sie als Werkstätte der ideale Angriffspunkt, um mit unseren Produkten Ihre Margen zu optimieren.“ So bedeute der „Nachfüll-Liter“ Zusatzerträge, die „ihm wahrsten Sinn des Wortes auf der Straße liegen“ würden. Spatzierer betonte auch das Lobbying, Marketing und Weiterbildung umfassende Dienstleistungspaket von Castrol. Das insgesamt 24 Personen umfassende Autohaus-Betreuungsteam sorge für außergewöhnliche Kundennähe. Trotz des Konzernhintergrunds sei man in der Lage, individuelle österreichische Strategien umzusetzen: „Wir sind hier lokal am Markt, wir treffen hier lokale Entscheidungen.“