In diesem Leitfaden wurde auch die Frage beantwortet, was unter dem Begriff "Originalersatzteile" zu verstehen ist:

Es gibt dabei drei Gruppen:

* Die erste Gruppe umfasst Teile, die der Fahrzeughersteller selbst produziert.

* Die zweite umfasst Teile, die vom Ersatzteilhersteller an den Fahrzeughersteller geliefert werden, der sie an seine Vertriebspartner weiterverkauft. Für diese Originalersatzteile gilt die Regel, dass diese nicht daran gehindert werden dürfen, ihre Waren-oder Firmenzeichen auf diesen Teilen effektiv und gut sichtbar anzubringen. Darüber hinaus dürfen ihre Möglichkeiten zur Belieferung aller Werkstätten und Ersatzteilhändler nicht eingeschränkt werden.

* Die dritte Gruppe von "Originalersatzteilen" besteht aus den Teilen, die nicht an den betreffenden Fahrzeughersteller geliefert werden, aber dennoch nach den von ihm vorgegebenen Spezifizierungen und Produktionsstandards produziert werden. Der Ersatzteilhersteller liefert diese oft auch "Identteile" genannten Teile entweder an unabhängige Ersatzteilhändler oder direkt an Werkstätten.

"Einschränkung des Wettbewerbs"

Eine damals offene Frage war, ob die Kfz-Hersteller ihre Vertragswerkstätten hindern können, diese Originalersatzteile an freie Werkstätten weiter zu verkaufen. Die Kommission hat schon damals deutlich gemacht, dass dies "eine schwerwiegende Einschränkung des Wettbewerbs" darstellen würde. Mit der Folge, dass das gesamte Vertriebssystem des Herstellers mit seinenVertragsbindungen nicht mehr vom Kartellverbot freigestellt wäre.

In dem nunmehr veröffentlichen Fragenkatalog (FAQs) wurde der Frage nachgegangen, wie die freien Werkstätten zu den von ihnen benötigten Originalersatzteilen kommen. Die Vertragswerkstätten sind jedenfalls nicht verpflichtet, freie Werkstätten zu beliefern. Sie dürfen allerdings vom Hersteller weder direkt nochindirekt nicht zu einem derartigen Ersatzteil-Embargo veranlasst werden. Aus der Sicht der Kommission "ist es unwahrscheinlich, dass EU-Wettbewerbsrecht verletzt wird, wenn eine zugelassene Werkstatt von sich aus entscheidet, keine Ersatzteile an unabhängige Werkstätten zu liefern. In der Regel können diese die gewünschten Originalteile dann bei einer anderen zugelassenen Werkstatt erwerben."

Verstoß gegen EU-Wettbewerbsrecht

Was passiert, wenn eine Vertragswerkstätte nun tatsächlich die Belieferung einer freien Werkstätte verweigert? Auch dazu gibt es nun eine Antwort: "Sobald es für unabhängige Werkstätten generell schwierig ist, Originalteile über die zugelassenen Händler zu beziehen, könnte, wenn der Kraftfahrzeughersteller die erforderlichen Ersatzteile nicht direkt liefert, ein Verstoß gegen EU-Wettbewerbsrecht vorliegen. Insbesondere der fehlende Zugang zu Originalteilen könnte die Marktstellung eines unabhängigen Marktteilnehmers schwächen, was letztendlich zulasten der Verbraucher ginge."

Rabatte bis zu 50 Prozent

Offen blieb in den FAQs die nicht unerhebliche Frage, zu welchen Konditionen die freien Werkstätten zu beliefern sind. Diesem Problem ist Gerhard Zeiner, Sprecher der freien Werkstätten in der Bundesinnung, auf den Grund gegangen. Er verwies darauf, dass gebundene Werkstätten vom ihrem Hersteller Rabatte bis zu 50 Prozent bekämen; freie Werkstätten mit identen Einkaufsvolumina würden jedoch nur zu Letztverbraucherkonditionen (Listenpreis ohne Rabatte) beliefert werden. "Diese Differenzen im Ersatzteileinkauf sind mit den geringeren Lohnkosten der ungebundenen Werkstätten oft nicht mehr abzufangen. Damit wird die Chancengleichheit am Markt vermindert und kann dies für Konsumenten zu einer erheblichen Verteuerung der Reparaturen führen", erläuterte er den Brüsseler Wettbewerbshütern. Diese sehen aber nur dann ein Problem, "wenn die freie Werkstatt keinen alternativen Zugang zu den Originalersatzteilen über den Ersatzteilhersteller oder den freien Handel hat, z. B. weiles sich um Monopolteile handelt". Bei diesen würde eine "Preisdiskriminierung einen wettbewerbswidrigen Effekt entfalten". Dies könnte "dann möglicherweise den Tatbestand des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gemäß Artikel 102 AEUV darstellen", heißt es in Brüssel. Es geht alsonur um Ersatzteile, die es nur vom Hersteller gibt -das dürfte etwa beim Getriebe oder Motor meist der Fall sein. "Durch eine solche Preisdiskriminierung würden die bestehenden Verträge zwischen Kfz-Herstellern und Vertragswerkstätten eine zusätzliche negative wettbewerbswidrige Wirkung entfalten. Das muss jedoch in jedem Einzelfall konkret geprüft werden."

Nach Zeiner liegt es nun an jeder einzelnen freien Werkstätte, auf derartige Diskriminierungen zu achten. Und der Einladung der Europäischen Kommission zu folgen, Verstöße umgehend den Wettbewerbsbehörden -in Österreich somit der Bundeswettbewerbsbehörde und dem Bundeskartellanwalt - zur weiteren Überprüfung bekannt zu geben.