Im Jahr 2002 hat die Europäische Kommission die Mehrmarkenstrategie zur Liberalisierung des Wettbewerbs aus der Taufe gehoben. Sie sollte die Unabhängigkeit der Händler von den Kfz-Herstellern fördern. Nur acht Jahre später hat sich diese Kommission zur Kindesweglegung entschlossen: Die 2002 eingeführten Freiheiten desMehrmarkenhandels wurden per 31.05.2013 ersatzlos gestrichen. Mit fatalen Folgen für Autokäufer und Autohändler.

Der Tiroler LGO Komm.-Rat Ing. Wolfgang Rötzer hat erst kürzlich darauf verwiesen, dass künftig allein die Hersteller entscheiden werden, an welchen Standorten Mehrmarkenhändler noch zulässig sein werden. "Sollte das Händlernetz sehr dicht sein, könnte durch Pochen auf Exklusivität einem Mehrmarkenhändler die Existenzgrundlage entzogen werden", warnte er eindringlich. Die Wettbewerbsstrategen in Brüssel wird dies kaum besonders beeindrucken. AUTO&Wirtschaft zeigt, wie diese wettbewerbsfeindliche Strategie der Brüssler Wettbewerbshüter doch noch ausgehebelt werden kann.

Vor allem für Händler bis 50 Autos

Die von Händlern bisher kaum genutzte Alternative heißt "GVO-Vermittler": Die Vermittlung von Neufahrzeugen könnte aufgrund der den Herstellern künftig gesetzlich erlaubten Einschränkungen des Mehrmarkenhandels einen Aufschwung erleben. Vor allem für Händler mit einem Zweitmarkenvolumen bis zu 50 Stück dürfte dies bei einer erzwungenen Markenexklusivität ein betriebswirtschaftlich sinnvoller Ausweg sein.

Der prinzipielle Unterschied zwischen "Händler" und "Vermittler" eines neuen Kfz ist, dass der Händler im Interesse des Herstellers tätig wird, der Vermittler im Interesse des Kunden. Das bedeutet, dass der Händler die Wünsche des Herstellers zu befolgen hat, die bekanntermaßen in den Händlerverträgen recht umfangreich dargelegt werden. Im Gegensatz dazu hat der Vermittler lediglich die Wünsche seines Auftraggebers zu erfüllen, die sich darauf beschränken, mithilfe des Vermittlers zu günstigen Konditionen zu einem Neuwagen zu gelangen.

Nur gültig mit Vollmacht des Kunden

Dazu nachfolgend die Definition des Vermittlers im Leitfaden zur GVO 1400/2002:

"Vermittler sind Personen oder Unternehmen, die ein neues Kraftfahrzeug für einen Verbraucher kaufen, ohne Mitglied des jeweiligen Vertriebsnetzes zu sein. Sie dürfen nicht mit unabhängigen Wiederverkäufern verwechselt werden, die ein Fahrzeug zum Weiterverkauf erwerben und nicht im Namen eines bestimmten Verbrauchers tätig werden. Ferner sind sie von Handelsvertretern zu unterscheiden, die Kunden für einen oder mehrere Händler finden. Die Lieferanten können ihre Händler nur dazu verpflichten, sich zu vergewissern, dass der Vermittler über eine gültige, vorher ausgestellte Vollmacht des Verbrauchers für den Kauf und/oder die Abholung eines angegebenen Fahrzeugs verfügt.

Die einzige Einschränkung für die Aktivitäten von Vermittlern, die in Vereinbarungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1400/2002 zulässig ist, besteht daher darin, dass der Vermittler eine gültige Vollmacht von einem bestimmten Kunden vorweisen muss. Darin müssen Name und Anschrift des Verbrauchers angeführt werden, und sie muss datiert und unterschrieben sein. Die Entscheidung darüber, wie spezifisch der Auftrag in Bezug auf das Fahrzeug sein soll, liegt beim Verbraucher. Es dürfen keine weiteren Erfordernisse festgelegt werden, wenn ein Vermittler am Kauf eines neuen Kraftfahrzeugs beteiligt ist. Die Kommission hat die beiden Bekanntmachungen außer Kraft gesetzt, die sich mit der Tätigkeit der Vermittler befassten." Dieser Leitfaden hat auch nach dem 31.05.2013 Gültigkeit. Es dürfen sowohl jetzt als auch 2013 vom Importeur die Befugnisse eines Vermittlers nicht eingeschränkt werden. Der zur Vermittlung des Neuwagengeschäftes erforderliche Vertragstext ist aufgrund der Vertragsfreiheit vom Vermittler frei gestaltbar. Es ist somit sogar möglich, dass der Kunde den Vermittler mit der Abwicklung der Rechnungslegung betraut. Das heißt, dass der Markenhändler das Fahrzeug an den Vermittler zu fakturieren hat und dieser seinerseits eine Rechnung an den Kunden ausstellt.

Rechtslage bei der Garantie

Der Vermittler kann sich im Interesse des Konsumentenschutzes gegenüber seinem Kunden auch zur Erbringung von Garantie-und Gewährleistungsarbeiten verpflichten. Für Vertragswerkstätten ist dies von Haus aus kein Problem. Sie wurden ja vom Hersteller ausdrücklich zur Erbringung derartiger Dienstleistungen autorisiert. Dafür habe ich auch ein spezielles Vermittlungsformular ausgearbeitet, das beim A&W-Verlag bestellt werden kann (siehe Faksimile).

Auch ungebundene Werkstätten können auf diese Alternative zurückgreifen. Sie müssen im Interesse des Konsumentenschutzes jedoch mit Vertragswerkstätten Vereinbarungen treffen, mit denen derartige Garantiearbeiten vom Hersteller als Garanten refundiert werden.

Wobei es für diese bei entsprechenden Neuwagenstückzahlen sicherlich sinnvoller sein wird, die Kosten einer Autorisierung als Vertragswerkstätte auf sich zu nehmen. Damit wird auch sichergestellt, dass sie vom Hersteller mit entsprechenden Ersatzteilkonditionen beliefert werden.

 

Untenstehend finden Sie das Formular für die Vermittlung von Neufahrzeugen, das Original können Sie bei Frau Annemarie Lust unter lust.annemarie@autoundwirtschaft.at bestellen.