Damit ein gekündigter Händler eine Ausgleichszahlung erhält, darf ihn
an der Kündigung kein Verschulden treffen. Nicht erreichte Standards
oder verfehlte Verkaufsziele begründen kein derartiges Verschulden:
wohl aber der Vertrauensverlust, wenn sich der Händler mit irgend
welchen Tricks bei seinem "Geschäftsherrn" Bonifikationen
erschwindelt hat.
Wofür gibt es eigentlich diesen Ausgleichsanspruch und wo ist dieser
verankert? Ein eigenes Gesetz gibt es - nach wie vor - nicht. Der
Oberste Gerichtshof (OGH) hat sich jedoch entschlossen, auf
Vertragshändlerverträge analog das Handelsvertreterrecht anzuwenden.
Wenn der Vertrag die unternehmerische Freiheit derart einschränkt,
dass der Händler nur noch Erfüllungsgehilfe seines Importeurs ist,
ist die ihm gewährte Handelsspanne rechtlich wie die Provision eines
Handelsvertreters zu werten.
Sämtliche Kfz-Markenverträge verpflichten den dadurch gebundenen
Händler, Autos des jeweiligen Produzenten unters Volk zu bringen. Der
Händler schafft einen Kundenstock, der ihm mit der Vertragskündigung
verloren geht, den der Importeur jedoch weiter nutzen kann und mit
dem er weiterhin seine Großhandelsspanne lukriert. Die OGH-Judikatur
geht nun davon aus, dass dem Händler durch die Vertragskündigung
zumindest für die nächsten fünf Jahre Provisionen entgehen. Diese
Verluste hat der Importeur auszugleichen.
Es handelt sich dabei um keinen "Schadenersatz", deshalb braucht der
Händler auch kein "Verschulden" des Importeurs als
Anspruchsgrundlage. Ausschlaggebend ist lediglich, dass die
Vertragskündigung vom Geschäftsherrn ausgeht. Bei einer
Eigenkündigung des Händlers gibt es keinen Ausgleichsanspruch -
außer, die weitere Zusammenarbeit wäre "unzumutbar" geworden. Das
kann der Fall sein, wenn durch Vertragsänderungen wie die Anhebung
von Standards aus dem Kfz-Verkauf keine wirtschaftlich vertretbare
Provision mehr verbleibt.
Wie hoch ist nun dieser Ausgleichsanspruch? Nach dem Gesetzestext
sollte sich dieser an der Höhe der dem Geschäftsherrn verbleibenden
(künftigen) Vorteile aus der Weiternutzung des Kundenstockes
orientieren. Das wäre somit die Großhandelsspanne, die der Importeur
aus künftigen Geschäften mit Kunden des gekündigten Händlers
verdient. Die Praxis orientiert sich an den "Provisionsverlusten",
die der Gekündigte in den nächsten fünf Jahren erleidet -mit einer
entscheidenden Grenze: Mehr als eine Jahresprovision gibt es auf
keinen Fall.
Der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters ist anhand der bisher
bezahlten Provisionen leicht zu ermitteln. Ein Vertragshändler
bekommt jedoch keine Provision - ihm wird vom Importeur lediglich
eine Handelsspanne eingeräumt, womit Auseinandersetzungen über die
Höhe des Ausgleichsanspruches Tür und Tor geöffnet sind. Der OGH
orientiert sich dabei aufgrund der gleichartig formulierten Verträge
und der sehr ähnlichen Rechtslage bei seiner Bewertung an der
Judikatur des deutschen Bundesgerichtshofes. Ein Blick über die
Grenzen zeigt, wie dort durch Vertragskündigung ausgelöste
"Provisionsverluste" ausgeglichen wurden.
Fiat hat im Jahr 2000 den Händlern einen Festbetrag von 1.750 Mark
(plus Mehrwertsteuer) für jedes im Durchschnitt der letzten drei
Vertragsjahre an Endkunden verkaufte Vertragsfahrzeug (einschließlich
Tageszulassungen) angeboten. Für verkaufte Vorführfahrzeuge wurde ein
Abschlag von 10 Prozent berücksichtigt. Für Autos, die an
angeschlossene B-Händler fakturiert wurden (und von diesen
tatsächlich an deutsche Endkunden gingen), wurde ein Ausgleichsbetrag
von 400 Mark fixiert. Etwas komplizierter war Anfang 2002 die
Regelung mit dem Chrysler-Händlerverband: Ausgangsbasis war der an
den Händler fakturierte Nettoumsatz der Jahre 2000 bis 2002, wenn die
Neuwagen auch tatsächlich an Endkunden verkauft worden waren. Auf die
Verkäufe des Jahres 2002 wurden 7,2 Prozent des
Händlereinkaufspreises als Ausgleich bezahlt, für die Jahre 2000 und
2001 5,5 Prozent. Ausgenommen waren Vorführautos, für die es keine
Ausgleichszahlung gab. Zur Vermeidung jahrelanger Prozesse ist es
vielleicht auch in Österreich nützlich, sich an derartigen
einvernehmlichen Vereinbarungen zu orientieren.