In nicht einmal einem Jahr stehen große Änderungen an. Verantwortlich
zeichnet die EU-Kommission: Durch ihre neue
Gruppenfreistellungsverordnung werden Konsumenten, Hersteller und
Importeure sowie freie Werkstätten gestärkt, markengebundene Betriebe
aber geschwächt.
Die "alte" Kfz-GVO gilt noch bis 31. Mai 2013. Danach ist die
Vertikal-GVO auf Bezug, Verkauf oder Weiterverkauf neuer
Kraftfahrzeuge anzuwenden. Bereits seit dem 1. Juni 2010 ist die
"After-Sales-GVO" in Kraft, die bis 31. Mai 2023 gelten soll. Die
After-Sales-GVO regelt den Kfz-Anschlussmarkt, also Kauf und Verkauf
von Ersatzteilen, Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für
Kraftfahrzeuge. Die EU-Kommission will damit den Wettbewerb im
Servicebereich stärken. Im Neuwagenvertrieb herrscht nach ihrer
Ansicht hingegen hinreichend Wettbewerb, sodass keine Sonderregeln
erforderlich sind.
Verlierer und Gewinner
Faktisch wird die Kommissionsentscheidung erhebliche Auswirkungen auf
den Kfz-Vertrieb haben sowie Verlierer und Gewinner bringen. Klar ist
zum einen die Schwächung der Händler und die damit einhergehende
Stärkung ihrer Vertragsgeber durch den Wegfall folgender Punkte:
* Berechtigung zum Mehrmarkenvertrieb (bis zu drei Marken)
* Trennung von Service und Vertrieb
* Berechtigung, weitere Standorte zu betreiben ("Standortklausel")
* Verpflichtung zur Begründung von Kündigungen eines Händlervertrages
* Kündigungsfrist für ordentliche Kündigung von unbefristeten
Verträgen von zwei Jahren oder fünfjährige Fixlaufzeit des Vertrages
* Schiedsklausel bei Streitigkeiten Andererseits kommt es zur
Stärkung der Verbraucher und freien Werkstätten, denn:
* der Verkauf von Ersatzteilen an freie Werkstätten darf nicht
beschränkt werden
* Importeure und Hersteller dürfen es Werkstätten nicht verbieten,
Ersatzteile von Alternativanbietern zu beziehen
* Anbieter von Ersatzteilen sind berechtigt, ihren Namen gut sichtbar
am Ersatzteil anzubringen, das im Neufahrzeug bei Auslieferung
eingebaut ist
Kündigungen zu erwarten
Ist aufgrund des GVO-Wechsels mit Kündigungen zu rechnen? Für
Importeure wird es mit dem Lostag aus den oben genannten Gründen
deutlich einfacher, bestehende Verträge zu beenden. Allein aus diesem
Grund ist nach meiner Einschätzung verstärkt damit zu rechnen, dass
Importeure von der neu gewonnenen Freiheit Gebrauch machen werden, um
auf diese Weise das Vertriebsnetz neu zu strukturieren
beziehungsweise zu bereinigen.
Bei einer Vertragskündigung stehen einem Kfz-Betrieb bei Vorliegen
aller Voraussetzungen ein Ausgleichsanspruch sowie der Anspruch auf
Ersatzteilrücknahme und Investitionsersatz zu. Zu berücksichtigen
ist, dass diese Ansprüche innerhalb der vorgeschriebenen Fristen
(teilweise binnen Jahresfrist) ab Vertragsende geltend gemacht werden
müssen.