Krisenmanagement ist das Thema der Stunde. Rund 1.100 Insolvenzfälle pro Jahr in Deutschland, in Österreich werden knapp 200 geschätzt, sind Ausdruck misslungener Sanierungsbemühungen im Kfz-Geschäft. Der Unternehmer als Person steht in heutigen Zeiten unter erheblichem Handlungsdruck.

Die realisierten Ergebnisse weichen stark von der Planung ab, Banken und Hersteller bauen zunehmend Druck auf, Kreditlinien werden gekürzt. Resignation, Verdrängung und Zweckoptimismus stellen sich - noch - einer offensiven Vorgangsweise in den Weg.

Krise Katalysator zum Erfolg

Die erfolgreicheÜberwindung einer Unternehmenskrise setzt aber voraus, dass der Realzustand zunächst unbeschönigt so akzeptiert wird, wie er tatsächlich ist. Restwertverlust nennt sich das nahezu in blindem Stückzahlaktionismus fehlgeleitete Vermarktungsmodell, der dem Autohandel den finanziellen Atem raubt. Mercedes-Benz in Deutschland geht dank Dr. Peter Ritter, MB-Händlersprecher in Deutschland und mit Österreichs Pendant Dr. Alexander Martinowsky im ständigen Meinungs- und Interessenaustausch, jetzt auf eine Neuregelung zu: Die Mercedes-Bank rechnet ab 2010 alle Rückläufer im Restwertmodell zumjeweils aktuellen Einkaufswert der DAT ab. Auf diese Weise sollen Konkurse vermieden werden.

Was mit den Restwertverlusten in 2009 wird, steht nirgends geschrieben. Der Händler muss seine Rückläufer vermarkten.

Ein teures Unterfangen, das nach ausreichend Rücklagen verlangt.

Nur, wer hat die dafür notwendigen liquiden Mittel schon zur Verfügung? Wohlgemerkt, Mercedes hat ein Zeichen gesetzt, das von anderen Marken noch aussteht, jedoch unvermeidlich ist, soll das Händlernetz in ihren Grundzügen überleben. Volkswagen-Boss Dr. Martin Winterkorn, auf dem Weg zur globalen Nummer 1 im Automobilgeschäft, wird wohl der nächste sein, der die dafür notwendigen Euro-Milliarden springen lassen wird müssen.

Baff waren die Kongressteilnehmer ob der OpelEntscheidung - ein Affront gegen die deutscheuropäische Wirtschaftspolitik sondergleichen, der die Opel-Händler bis ins Mark getroffen hat. Peter List, Chef von Opel-Eisner in Wien und Kärnten, sieht, was die Absatzsteigerungsbemühungen mit der Marke Opel betrifft, schwierige Zeiten auf die Traditionsmarke zukommen. "Ein Freiraum nach dem anderen wird einem genommen", will er als disziplinierter Vermarktungsprofi dennoch keine Panik aufkommen lassen.

Und Magna?

Der austrokanadische Magna-Konzern wird in seinem angestammten Metier als Zulieferer verbleiben und mit für die Standorte in Österreich dramatischen Einschränkungen reagieren. Stronachs Partner wissen längst, wie viel es geschlagen hat. Ob durch den Verlust der Opel-Rechte der Hauptstandort Graz mittelfristig überleben kann, traut sich noch niemand zu fragen. Weihnachten steht vor der Tür und verträgt keine brachialen Wirtschaftsnachrichten, so wie das auch vor den Deutschland-Wahlen der Fall war.

Die Quelle-Versandhauspleite wirft ohnedies ihren Schatten voraus, die schwindende Kaufkraft im Volk wird weiter ramponiert. Warum aber gerade Automobilhandelsbetriebe so krisenanfällig sind, versuchten die rund 350 Teilnehmer auf dem Berliner Kongress auf den Grund zu gehen. Sind allein die Risikoaufschläge der Banken schuld oder doch die betriebswirtschaft lich negative Ausgangssituation in Kombination mit der in den letzten Jahren ständig verringerten Eigenkapitalausstat tung? "Das eine hängt mit dem anderen zusammen", sagt Dr. Christian Pesau.

Das Auto immer weniger leistbar

Ein deutlich rückgängiges Privatkundengeschäft und ein plötzlich eingebrochenes Firmenkundengeschäft erhöhen den Konsolidierungsdruck. Eine giftige Mischung, die durch wachsende Arbeitslosigkeit zusätzliche Brisanz erfährt.

"Die Listenpreise sind einfach zu hoch", macht MB-Händlersprecher Ritter seinem Ärger Luft: "Jeder zweite Kunde fragt bereits nach Jahres- oder Direktionswagenangeboten." Auf diese Art sind allein auf Neuwagen spezialisierte Händler nicht mehr überlebensfähig, nickten sich die Teilnehmer in Berlin gegenseitig bejahend zu. Wohl ahnend, dass siede facto zu Gebrauchtwagenhändlern mutieren. Das betrifft weitgehend alle renommierten Marken bis heran an die Kleinwagensegmente. Würde ein Verkaufsleiter vom Hersteller eine Vorkalkulation verlangen, wüsste er sofort die Wahrheit und müsste diesbezügliche Vermarktungskonzepte glattwegs ablehnen. Nur traut sich das selten jemand und eine ehrliche Neupreisgestaltung vom Hersteller zu verlangen, ist nahezu utopisch. Der ist - Stichwort Turbokapitalismus - weiter den Gesetzen der Börse verpflichtet und hält an seiner eindimensionalen Preisfindung stur fest.

Nichts bewegt sich außer den Kurzzulassungen, die in der Folge durch die Märkte vagabundieren, bis sie einen Käufer finden - und siehe da, dann zu marktgerechten Preisen. In jedem Fall bleibt beim Händler das Problem. Er muss den Wagen vermarkten, egal in welchem Alterszustand und nahezu zu jedem (fallenden) Preis.

Die Erkenntnis ist brutal: Nahezu ein Viertel aller Krisenfälle im Automobilhandel können nur durch den Gesamtverkauf des Unternehmens vor einem Konkursantrag gerettet werden. Nur hat der Konkurrent das Geld auch nicht mehr und die Banken wollen nicht mehr helfen.