Allen voran Volkswagen ist wohl einer der größten Player in der europäischen Autoindustrie, dessen Probleme nicht nur andere Unternehmen ebenfalls betrifft. Werksschließungen, drastische Sparmaßnahmen sowie Stellenabbau stehen bei den Wolfsburgern zur Diskussion. Die starke Gewerkschaft will das bekanntlich verhindern, eine Lösung bis zum Ende des Friedenspaktes am 30. November ist kaum in Sicht. Aber nicht nur Volkswagen schlitterte in den vergangenen Wochen in Probleme. Der Zustand der europäischen aber vor allem der deutschen Industrie ist wohl so schlecht, wie seit Jahren nicht. Manche Experten meinen, dass selbst die Pandemie nicht solche dramatischen Auswirkungen hatte, wie jene, die man jetzt in der heimischen Autolandschaft spürt.
Gewinn um 27% eingebrochen
Bevor es in weiterer Folge vor allem um deutsche Firmen geht, hat Stellantis diese Woche mit seinem Quartals und bisherigen Jahresergebnis aufhorchen lassen. Der Niederländische Konzern hat im 3. Quartal 2024 ein deutliches Umsatzminus zu verbuchen. Im Vergleich zum 3. Quartal 2023 ist der Umsatz um 27% auf 33 Mrd Euro eingebrochen. Die Gründe dafür sieht Stellantis in niedrigen Auslieferungszahlen und dem generell schwierigen Marktumfeld. Insgesamt hat Stellantis rund 279.000 oder 20% weniger Fahrzeuge im Vergleich zum Vorjahr ausgeliefert. „Im 3. Quartal gab es einige Produktionslücken bei verschiedenen Modellen, vor allem auch, weil unsere Produktumstellung in vollem Gange ist”, so Stellantis in einer Aussendung.
Auch bei der Audi AG, die zum Volkswagen-Konzern gehört, gibt es ebenfalls Probleme, wenngleich auch nicht im selben Ausmaß wie der Mutterkonzern in Wolfsburg. Audis Gewinn sinkt im 3. Quartal 2024 von 1,2 Mrd im Jahr 2023 auf 106 Mio Euro. Grund dafür sollen vor allem hohe Rückstellungen für die Schließung des Werks in Brüssel sein. Die Rendite liegt nur noch bei 0,7%. Mit einer Marge von 4,5% ist Audi in den ersten 9 Monaten nur noch halb so profitabel wie im Vorjahr. Da lag die Marge bei 9,1% im gleichen Zeitraum. Der Absatz ging auf 1,24 Mio Fahrzeuge zurück, ein Minus von rund 10,9 %. Die neuen Modelle, etwa A5, Q5, A6 und Q6, laufen gerade vom Band und werden sich erst 2025 auf den Absatz auswirken.
80% weniger Gewinn
Einen Gewinneinbruch um fast 80% muss die BMW AG hinnehmen und reiht sich damit in die Liste der deutschen Autobauer ein, die mit großen Absatzproblemen zu kämpfen haben. Im 3. Quartal brach das Ergebnis vor Steuern (EBIT) um 79,4% auf 838 Mio Euro ein. Im Vorjahr gab es im gleichen Zeitraum rund 4,06 Mrd Euro Gewinn. Die EBIT-Marge im Autosegment fiel auf 2,3%, nach 9,8% im 3. Quartal 2023. Bereits im September gab BMW bekannt, dass die Prognose für 2024 nicht halten werde. Grund dafür ist ein Problem mit dem integrierten Bremssystem von Conti sowie zunehmende Absatzschwäche in China. Neben dem Gewinn und der Marge ist auch der Umsatz von BMW im 3. Quartal um 15,7% auf 32,4 Mrd Euro gesunken.
Bosch: Weiterer Stellenabbau nicht auszuschließen
Nach den Hiobsbotschaften von Volkswagen, BMW und Co. hat nun das nächste große Unternehmen in der Autobranche erhebliche Probleme. Die Robert Bosch GmbH wird seine Ziele für 2024 klar verfehlen, wie Bosch-Geschäftsführer Stefan Hartung bestätigt. Hartung könne aktuell nicht ausschließen, „dass wir die personellen Kapazitäten weiter anpassen müssen”. Der Umsatz des Unternehmens liegt unter jenem des Vorjahres. Die Rendite wird maximal 4% betragen. „Das Ziel von 7% im Jahr 2026 behalten wir dennoch fest im Blick”, so Hartung. Bereits im Frühjahr gab Bosch bekannt, weltweit 7.000 Stellen abbauen zu wollen. Davon 3.200 im Automobilbereich.
Dass es für Bosch in diesem Jahr schlecht läuft, liegt vor allem an den Problemen der größten Abnehmer des Unternehmens. Die schwierige Lage der Autobranche führen auch bei Bosch zu drastischen Umsatzeinbußen. Aus diesem Grund sei ein größerer Jobabbau als bisher geplant möglich.
Schaeffler streicht 4.700 Stellen bis 2027
Automobilzulieferer Schaeffler muss bis 2027 rund 4.700 Stellen in Europa abbauen. Davon betroffen sollen etwa 2.800 Stellen in Deutschland sein. Besonders vom Abbau betroffen wird die Industriesparte des Unternehmens sein. Dort gehen nach Angaben eines Sprechers rund 2.500 Stellen verloren. Im Automotivbereich werden etwa 1.600 Stellen abgebaut. Durch die Verschmelzung von Schaeffler und Vitesco Technologies entfallen weitere 600 Stellen im Verwaltungsbereich. Der Nettoabbau soll, nach Abzug von Pensionierungen und Verlagerungen, etwa bei 3.700 Stellen liegen. Dies entspricht etwa 3,1% der Mitarbeiter im Konzern. Nach dem Zusammenschluss mit Vitesco hatte sich die Zahl der Beschäftigten seit Oktober 2024 um rund 35.000 auf etwa 120.000 Mitarbeiter erhöht.
Zu den bisher genannten Unternehmen gesellt sich bspw. auch Autozulieferer ZF, der bereits im Juli angekündigt hatte, 14.000 Stellen bis 2028 streichen zu wollen. Hinzu kam Mitte Oktober eine korrigierte Umsatzprognose für 2024. Getroffen hat es auch den Autositzhersteller Recaro, der bis Jahresende abgewickelt wird. Alle Mitarbeiter verlieren ihre Jobs, ein möglicher Investor habe kein Interesse am Erhalt der Produktion.
Forderung nach Eingreifen durch die Politik
Bei diesen Meldungen kommt es nicht überraschend, dass VdA-Präsidentin Hildegard Müller, unter anderem auch wegen des Wahlsieges von Donald Trump in den USA, folgendes sagt: "„Spätestens jetzt ist deutlich, dass die Aufgaben, die bereits seit langem bekannt sind, schnell und entschlossen angegangen werden müssen.” Sie fordere ein rasches Eingreifen der Politik, um die Stärken der europäischen Autoindustrie hervorzuheben, zu stärken und neue Märkte zu erschließen sowie auf Innovation zu setzen.
Ähnliches hat auch der designierte EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas angekündigt. Er wolle 2025 einen Investitionsplan für nachhaltigen Verkehr präsentieren. Mehr dazu lesen Sie hier.