Mit Urteil vom 1. August 2025 (C:2025:604) hat sich der EuGH neuerlich mit der Zulässigkeit (oder Unzulässigkeit) von Abschalteinrichtungen in Abgasanlagen sowie der Bedeutung von Typengenehmigungen (konsumentenfreundlich) auseinandergesetzt. Es handelt sich um zwei Klagen um VW-Käufe aus dem Jahr 2016. Während sich europäische Kfz-Konzerne mit EU-Vorschriften und Rechtsstreitigkeiten aus alten „Verbrenner“-Zeiten herumzuschlagen haben, laufen ihnen die von einer derartigen Vergangenheit unbelasteten Chinesen bei der neuen Elektromobilität munter den Rang ab.
In den konkreten Fällen waren die Dieselmotoren mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet, die bei der Abgasmessung aus einer Prüfstandserkennung mit Umschaltlogik bestand. Bei ihr handelt es sich „laut Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments zur Typengenehmigung von Fahrzeugen und deren Bauteilen, geändert durch eine Verordnung (EU) 2018/858 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und (EG) 595/2009 und der der im konkreten Fall nunmehr anzuwendenden EU-Verordnung Nr. 715/2007, Art. 3 Nr.10“ um einen höchst komplexen Konstruktionsteil: Dieser „ermittelt die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter, um die Funktion eines beliebigen Teils des Abgaskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren.“ Dies kann die Wirksamkeit dieses Kontrollsystems „unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringern.“
Der Hersteller hat überdies laut Art. 4 Abs.2 sicherzustellen, dass „die Auspuff- und Verdunstungsemissionen während der gesamten normalen Lebensdauer eines Fahrzeuges bei normalen Nutzungsbedingungen entsprechend dieser Verordnung wirkungsvoll begrenzt werden.“ In Art. 5 Abs. 2 wurde festgelegt, dass „die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig ist.“ Ausnahmsweise zulässig ist sie jedoch, falls sie „notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeuges zu gewährleisten.“
Im Oktober 2015 hatte das Kraftfahrt-Bundesamt VW aufgetragen, die bisherige Abschaltvorrichtung bei allen schon ausgelieferten Motoren zu beseitigen. Worauf VW diese unzulässige Abgasregelung durch ein Software-Update eliminierte. Mit Verweis auf den erforderlichen Schutz des Motors wurde sie durch eine neue mit einem sogenannten „Thermofenster“ ersetzt. Nach positiver behördlicher Begutachtung wurde sie als „Bauteil“ mit einer neuen Typengenehmigung freigegeben. VW konnte daher davon ausgehen, dass die neuen und alle alten – nun nachgerüsteten – VW sämtliche behördlichen EU-Vorschriften erfüllen.
Wer wann irgendwo auf die Idee kam, dass die neue typengenehmigte Maßnahme doch nicht den EU-Vorschriften entsprach, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Jedem, der das Urteil durchliest, wird jedoch sofort klar, wieso die EU überreguliert ist: Die vielen Verordnungen, Änderungen der Verordnungen, Richtlinien und Anhänge zu den Richtlinien machen es jedem Techniker schwer, da noch den Durchblick zu bewahren. Daher hatte auch der Genehmigungsbehörde der Durchblick gefehlt. Die erst später von anderen entdeckte Unzulässigkeit kann VW trotz behördlich erteilter Typengenehmigung nicht von der Haftung für diesen Bauteilmangel befreien. Als Entschädigung wird VW den Klägern 15 Prozent des Kaufpreises bezahlen müssen.