Dazu einige Beispiele:
1. Der volldigitale Onlineverkauf nimmt langsam aber doch an Fahrt auf!
· Belastbare Zahlen für Österreich gibt es noch keine. Aussagen einzelner Händler oder Handelsgruppen in Deutschland liegen zwischen 10-20%. Ab 25% spricht man statistisch schon von einer Trendwende!
· Onlineverkauf ist das Asset größerer Gruppen. Nur die haben die finanziellen Ressourcen sich die entsprechenden Spezialisten für Systeme und aktive professionelle Social Media Arbeit leisten zu können.
· Leadmanagement ist auch kein Nebenjob. Es gehört professionell gesteuert. Auch das spricht für große Gruppen.
· Wenn - wie derzeit immer noch - 80-90% der Autokäufer persönlich beim Händler kaufen, wird/kann sich daraus sehr schnell eine zweigeteilte Händlerstruktur entwickeln
2. Die boomende Elektromobilität und seine Herausforderungen an den Vertrieb
· Die Elektromobilität erweitert das Beratungsspektrum im Vertrieb enorm. Von Wallboxen über Stromtarife, steuerliche Aspekte für Unternehmer bis hin zu Förderungen erwartet der Kunde Kompetenz.
· Wer bildet die Verkäufer in diesen Kompetenzen aus?
· Können kleinere Betriebe auf diese oft volatilen Themen tagesaktuelle Antworten geben?
· Ist diese Beratungsleistung online überhaupt darstellbar? Wen nein spräche dies wiederum für kleine flexible spezialisierte Betriebe.
3. Plötzlich werden im Direktvertrieb deutlich geringere Standards aufgerufen, da die Hersteller/Händler bei der Agentur ja für die Fläche Miete bezahlen müssen.
· Das schafft auch für kleinere Betrieb die Möglichkeit einer Mehrmarkenstrategie ohne große bauliche Investitionen!
· Derzeit erscheinen viele neue Marken aus China auf der Bildfläche.
· Welche davon haben Zukunft?
· Welche werden dem bevorstehenden Konzentrationsprozess zum Opfer fallen?
· Ab welchem Volumen zahlt sich der Mehrmarkenvertrieb trotz geringerer Standards im Direktvertrieb aus?
4. Wie verändert der Direktvertrieb unsere Art zu verkaufen, wenn Preis, Modelle, Aktionen und Ausstattung für den Käufer bei allen Agenturen gleich sind?
· Müssen wir den Automobilverkauf an die Verkaufsprozesse von Elektromark- oder andere Handelsketten anpassen? „Aktionsfahrzeug „X“ zum Preis „Y“ in rot/schwarz/silber plus eventuell all inclusive Finanzierungspaket „Z“ mit Fixrate und Servicepaket è ja oder nein?“
· Brauchen wir im Direktvertrieb dann noch Verkäufer die komplexe zeitraubende Preisverhandlungen und Produktberatungen durchführen?
· Ist der Markenaufbau in der Region noch Aufgabe der Agentur?
· Kann der Markenaufbau mit den geringen Margen im Direktvertrieb von den Agenturen überhaupt noch geleistet werden?
· Vor allem bei Herstellern, deren einzelne Modell auf der gleichen technischen Basis aufbauen und sich nur mehr durch Optik und Label unterscheiden, müssen wir die derzeitige Art zu verkaufen im Direktvertrieb überdenken.
5. Die Kaufgewohnheiten der Kunden werden durch Amazon, Zalando, Uber, etc. jetzt schon stark verändert!
· Unglaublich, aber in meinem Umfeld kaufen die wenigsten wegen dem Preis bei Amazon, Zalando, Uber und Co.
· Bei Amazon findet man oft vergleichbare Produkte, die auf Alibaba angeboten werden (oft mit gleichen Fotos und schlechter KI-Übersetzung des Alibaba Textes) die aber teilweise mehrere hundert Prozent teurer sind als bei Alibaba!
· Dennoch bestellen viele Bei Amazon wegen dem Prozess und der Prozesssicherheit: Kaufen und digital bezahlen zu jeder Tageszeit mit wenigen Klicks. Lieferzeit garantiert. 5 Paar Schuhe bestellt, probiert, zwei Paar behalten, Rest kostenlos zurückgesendet! Rücksendung und Umtausch jederzeit problemlos möglich. Geld zurück garantiert. Und bei Lieferzeitverzögerung gibt es manchmal sogar – wenn man sich die Mühe einer Beschwerde macht - ein finanzielles Zuckerl!
· Auf diese Veränderung der Kaufgewohnheiten wird man sich zuallererst im Direktvertrieb einstellen müssen.
6. Die Serviceumsätze pro Servicedurchgang werden sich bei den Elektrofahrzeugen um 20-40% (Motoröl, Kupplung, Getriebe, Bremsen etc.) reduzieren. Vernünftig bewegte Elektromotoren schaffen mittlerweile Laufleistungen die weit über den meisten Verbrennern liegen!
· Wie/mit welchen Dienstleistungen oder Produkten können wir die Umsatzrückgänge abfangen?
· Werden allein die Kosten für den Batterieersatz das ausgleichen können? Eher nicht!
7. Wenn man einigen Zahlen der letzten Jahre Glauben schenkt, führen sowohl Klimawandel mit schwachen Wintern als auch Fahrassistenzsysteme zu einem Rückgang an Unfällen und Karosserieschäden.
· Wie wollen wir zukünftig unsere Lack- und Karosseriezentren auslasten?
· Darauf zu hoffen, dass selbstfahrende Fahrzeuge weiterhin so durch die Gegend taumeln, dass die unsere Werkstätten füllen, wird nicht helfen!
8. Und dann kommt noch die immer unsicher werdende weltpolitische Lage die uns schnell wieder einen Chipmangen bescheren kann: 60% aller Chips kommen aus Taiwan! Und wie wir wissen, hat China Taiwan immer noch nicht als eigenständigen Staat anerkannt!
Noch im vorigen Jahrzehnt hätte uns auch nur eine dieser Herausforderungen in helle Aufruhr und die Branche in Alarmbereitschaft versetzt.
Nach Corona, Chip- und Kabelbaummangel haben wir aber gelernt, dass unsere Industrie robuster ist als wir alle geglaubt haben. Dennoch müssen jetzt die Weichenstellungen getroffen werden, um diesen Veränderungen gewachsen zu sein.
Egal ob es die Ausrichtung des Betriebes auf Online- oder Präsenzhandel ist, ob man alles auf das Thema Kundenbeziehung/Kundenvertrauen „speed of trust“ setzt oder sich unter den Schirm einer größeren internationalen Händlergruppe begibt; es gilt jetzt die Weichenstellungen zu treffen!
Von dem Thema Gebrauchtwagen einmal ganz abgesehen. Aber dazu ein Andermal……………...
Gehen wir es gemeinsam an und freuen uns auf diesen spannenden Veränderungsprozess!
Horst Pohl ist mit HP Autohausconsulting Unternehmensberater mit Schwerpunkt Automobilbranche.
Der A&W-Verlag bildet ein breites Meinungsspektrum ab. Kommentare müssen nicht der Meinung des Verlages entsprechen.