Unterhält man sich dieser Tage mit Kfz-Unternehmern, kommt das Thema unweigerlich auf die E-Mobilität und die dafür anstehenden Investitionen. Zeit für einen „Reality Check“: Was können auch kleine Unternehmen tun, um auf die wachsende Zahl an E-Fahrzeugen vorbereitet zu sein? Mit welchen Kosten muss man rechnen? Wer hilft und steht mit Rat und Tat zur Seite?„Wichtig wäre zunächst, den Wandel einmal als Tatsache anzunehmen“, ist Peter Farbowski, Prokurist bei der Denzel-Tochter Strombox, überzeugt. Strombox berät und unterstützt neben Privaten und Kommunen auch viele Autohaus-Unternehmen bei der Planung und Umsetzung von Ladeinfrastruktur. „Das Elektroauto wird in Zukunft ein bestimmender Teil der Mobilität sein, das ist Fakt.“ In Deutschland soll 2030 der Pkw-Bestand zu 25 Prozent aus BEVs und PHEVs bestehen. Seien die Tatsachen erst einmal akzeptiert, tue man sich auch leichter, die -E--Mobilität nicht länger als Bedrohung, sondern vielmehr als Chance zu begreifen.
Bedarf ermitteln
Die großen Markenbetriebe haben längst die Vorreiterrolle eingenommen, was die praktische Umsetzung betrifft. Als Beispiel dafür kann das Kärntner Autohaus Staber dienen, das von der Porsche--Holding-Tochter Moon umfassend für das neue Zeitalter vorbereitet wurde. An zwei Standorten wurden PV-Anlagen mit insgesamt über 300 kWp Leistung errichtet, Schnelllader mit 75 bzw. 150 kW aufgestellt und das Autohaus insgesamt energieeffizienter gestaltet. Die Maßnahmen reichen bis zur Nutzung der Abwärme aus den Lackierkabinen. „Hier zeigen wir, wie eine Komplettlösung aussehen kann“, so Moon-Geschäftsführer Markus Tatzer. „PV-Anlage, Ladestationen, Energiekonzept sowie das komplette Abrechnungssystem der Ladestationen wurden von Moon Power geplant und umgesetzt.“
Angesichts solcher Großprojekte werden kleinere Unternehmer erst einmal schlucken. Aber Experten wie Markus Litzlbauer, CTO der Enio GmbH, beruhigen. Enio ist Anbieter von kompletten Lade- und Abrechnungslösungen für Elektromobilität. Auch mit weniger Aufwand ließen sich bedarfsgerechte Lösungen realisieren, so Litzlbauer: „Erst einmal muss man sich über den eigenen Bedarf klar werden. Wie viele eigene Fahrzeuge, Kundenfahrzeuge oder Autos von Laufkundschaft werden laden wollen?“
Das Beste aus dem Netz herausholen
Die zweite Frage ist die nach der benötigten Netzanschlussleistung. Zwischen 200 und 250 Euro pro zusätzlicher Kilowattstunde kostet es, wenn man diese Leistung erhöhen will – wenn man sogar auf eine höhere Netzebene wechseln will oder muss, wird es noch teurer. Da sei es schon intelligenter, über ein Lastmanagement im Betrieb nachzudenken, erklärt Litzlbauer. Ein solches System kann Ladebedarfe priorisieren sowie zeitlich und nach Leistung reihen. „In der Praxis erfolgt das über verschiedene Berechtigungen oder den Preis“, so Litzlbauer. Merke: Nicht jeder, der sagt, er hat es eilig, ist auch bereit, einen höheren Preis für schnelleres Laden in Kauf zu nehmen.
Treibstoff aus Eigenproduktion
Den vielfach geäußerten Befürchtungen, wonach die bestehenden Netze bei einem Durchbruch der E-Mobilität in die Knie gehen müssten, erteilt Matthias Komarek von der Energieagentur des Landes Niederösterreich eine Absage. „In Sachen Infrastruktur wurde sehr vorausschauend investiert. Wir haben schon in einigen Feldversuchen, etwa in Einfamilienhaussiedlungen, bewiesen, dass es nicht finster wird, wenn dort jeder ein E-Auto fährt.“
Dennoch ist Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage derzeit nicht nur aus Autarkiegründen reizvoll, sondern auch rein wirtschaftlich. „Im Moment ist es empfehlenswert, jedes mögliche Winkerl mit PV zuzupflastern“, sagt Farbowski. Gleichzeitig seien große Stromspeicher derzeit eher wirtschaftlicher Unsinn. Grund: die aktuell sehr hohen Einspeisetarife von 55 Cent und mehr pro Kilowattstunde.
Was bei Autohäusern zusätzlich für eher mehr PV-Kapazität spricht: Im Gegensatz zu Privathaushalten fällt in den Betrieben Strombedarf vor allem untertags an, wenn die PV-Anlage auch Strom liefert. „In jedem Fall sind PV-Anlagen derzeit ein Business Case, der sich in 6 bis 7 Jahren rechnet“, so Farbowski.
Chance statt Problem sehen
Welche praktischen Tipps geben Farbowski und Litzlbauer Kfz-Betrieben, wie man am besten an die Sache herangehen soll?
Farbowski: „Sehen Sie die Chance, nicht das Problem. Wichtig ist es auch, sich mit der Sache an sich auseinanderzusetzen und zu lernen. Ladezeiten sind nicht immer eine einfache Multiplikation von maximaler Leistung mal Zeit. Bei der Beratung gilt: Frag den Schmied und nicht den Schmiedl. Oft ist der lokale Elektriker vielleicht nicht up-to-date, was diese Dinge betrifft.“
Auch Litzlbauer rät, sich beraten zu lassen. Den Vorteil, den Markenbetriebe haben, können Freie mit markenunabhängigen Anbietern wieder wettmachen. „Suchen Sie smarte Lösungen, ein intelligentes Lastenmanagement kostet nicht die Welt.“ Und abschließend sei zu beachten: „Das Laden muss drei Kriterien erfüllen: Netzdienlich, umweltfreundlich und bedarfsorientiert.“