Die harte Währung vorweg: Die Stückzahlen stimmen, 2021 war ein gutes Gebrauchtwagen-Jahr: Nach einem Rückgang im Jahr 2020 auf rund 841.000 Ummeldungen wurden 2021 -trotz deutlicher Angebotsverknappung -wieder die Werte von vor Corona erreicht: 2018 wurden fast 875.000 Fahrzeuge umgemeldet, 2019 waren es rund 872.000. Welchen Anteil daran die Händler haben, zeigt ein Vergleich der Ummeldungen mit den Zahlen von Indicata Market Watch, wo die über GW-Börsen von Händlern an Endkunden vermarkteten Gebrauchtwagen (Online B2C) analysiert werden.
Legt man die Zahlen nebeneinander, ergibt sich eine grobe Einschätzung hinsichtlich der Verteilung zwischen Händler-an-Privat-sowie Privat-an-Privat- Verkäufen. Lag der Anteil der Händler auf Basis dieser Aufstellung im Jahr 2019 bei 52,4 Prozent, hat sich dieser im ersten Corona-Jahr 2020 auf 51 Prozent leicht verringert. Der Rest wurde entsprechend von Privat an Privat verkauft. 2021 ist der Gebrauchtwagen-Mangel endgültig auch bei den älteren Fahrzeugen und damit bei den klassischen Privatverkäufern angekommen. Der Händleranteil ist 2021 auf 56,3 Prozent gestiegen (siehe Tabelle). Die Nachfrage ist also intakt, lediglich das Angebot fehlt.
Preissteigerung um 13,1 Prozent
Das rückläufige Angebot bei stabiler bzw. steigender Nachfrage erhöht natürlich die Preise. "Wir erleben eine nochmalige Steigerung der Preise seit Mitte 2021", erklärt Mag. Robert Madas von Eurotax Österreich: "Im Durchschnitt sind die Gebrauchtwagenpreise seit Februar 2020, also seit Beginn der Pandemie, um 13,1 Prozent gestiegen." Diese Werte werden in der Eurotax-Restwertanalyse abgebildet, darüber hinaus werden regionale Angebotspreise im Eurotax Marktradar tagesaktuell dargestellt. Das Angebot liegt derzeit um 35 Prozent unter dem Vergleichswert vor Beginn der Pandemie. "Wir erwarten für die nächsten Monate weiterhin leicht steigende Preise", so Madas. "Die Angebotssituation wird sich vermutlich das ganze Jahr 2022 nicht verbessern und erst 2023 -abhängig von der Neuwagen-Lieferfähigkeit -etwas entspannen."
Zu hohen Preisen einkaufen
Da müssen wir mitspielen, Fahrzeuge teuer einkaufen und noch teurer verkaufen“, so GW-Spezialist Horst Pohl. Sind die Kosten und der Gewinnaufschlag im Verkaufspreis realisierbar, ist ein hoher Einkaufspreis absolut in Ordnung. „Ich würde darauf achten, eine 6-fache-Lagerdrehung zu erhalten, also maximal auf einen 2-Monats-Bestand aufzurüsten“, so Pohl. Wenn sich die Angebotsverknappung durch den Chipmangel löst, darf der Bestand nicht zu hoch sein. Kommt der große Schwung an Neuwagen nach der Chipkrise auf den Markt, kann die Zahl an Gebrauchtwagen den Händler rasch überfordern: beim Platz, in der Abwicklung, in der Aufbereitung und vor allem in der Finanzierung.
Wo zukaufen?
Viele Händler haben sich bislang nicht mit dem Zukauf beschäftigt, Quellen müssen erst aufgebaut werden. Hier sind Betriebe im Vorteil, allen voran freie Händler, die sich schon lange damit beschäftigen. Aktivitäten für den Ankauf von Privatpersonen, direkter Kontakt zu Privatanbietern über die Gebrauchtwagenbörsen wie willhaben, Autoscout24 oder Zweispurig, Tausch oder Kauf bei Händlerkollegen und natürlich diverse Vermarktungsplattformen: Dazu gehört die direkte Registrierung bei den Leasingunternehmen oder den Banken der Hersteller, den unabhängigen Versteigerungsplattformen wie Autorola oder Autobid.at, aber auch bei in Österreich neuen Anbietern wie caronsale.
Werkstattauslastung und Finanzdienstleistung
Aktiver Zukauf ist auch für künftige Werkstatt-Auslastung extrem wichtig. Die geringe Zahl an ausgelieferten Fahrzeugen bringt nach und nach auch Lücken in den Werkstätten. Bislang wird das durch erhöhten Service- und Reparaturbedarf jener Fahrzeuge aufgefangen, die noch weitergefahren werden. In den nächsten Jahren wird dieser Nachschubmangel in der Werkstätte aber spürbar werden.
Dazu braucht es mehr denn je alle Kundenbindungsmaßnahmen, die verfügbar sind: Finanzierung, Versicherungsdienstleistung und Wartungspakete: Der Kunde ist Corona-bedingt verstärkt bereit, gerne alles aus einer Hand anzunehmen. Die Verkäufer stehen – mehr denn je – Zusatzprovisionen offen gegenüber. Und diese Zusatzleistungen bringen dringend notwendige Deckungsbeiträge. Fazit: Jedes Auto zählt. •