Ja, hier ist die Zeit stehen geblieben: Drei schwarze Thonet-Sessel mit einem marmornen Tischchen dienen für Besprechungen, in der Vitrine liegt ein Goodie-Bag zum 100-Jahr-Jubiläum von Morgan (2009). Ein Fan hat dem Importeur schwarze Kinositze, natürlich mit Morgan-Emblem, zur Verfügung gestellt.

Corporate Identity? Einmal schwarze Bodenfliesen, dann wieder weiße? Fehlanzeige! "Natürlich gibt es gewisse Vorschriften", erzählt Ing. Mag. Jörg Koessler, der das Geschäft gemeinsam mit seiner Frau Marlies führt: "Ganz heikel sind sie in England nur, wenn es um die Verwendung des Logos geht." Rückblick ins Jahr 1977: Da wurde hier am Ortsrand von Trumau ein Rennsport-Betrieb für Ford-Motoren errichtet. "Doch schon ab Mitte der 1980er-Jahre konnten sich Private den Rennsport immer weniger leisten." 5 Jahre lang war man ein reiner Ford-Betrieb, bis sich 1994 durch den Tod des damaligen Morgan-Importeurs Max Bulla "ein Fenster aufgetan" hat, wie es Jörg Koessler ausdrückt.

"Schon seit den 1970er-Jahren sind hier viele Morgan-Motoren gelandet. Und seit 1996 haben wir uns auf Morgan konzentriert. 2003 haben wir den Ford-Vertrag gekündigt, der war nur ein Klotz am Bein. Wir wollten mehr Kapazitäten für unser Herzblut haben."

Ältestes Fahrzeug im Bestand wurde 1923 gebaut Das Herzblut: Das sind die (schon optisch und technisch) etwas eigenwilligen Vehikel von Morgan, die Namen tragen wie Plus 4,4/4 oder 3wheeler (ja, der hat wirklich nur 3 Räder). 800 bis 850 Stück werden Jahr für Jahr im Werk in den West Midlands von Hand gefertigt: Der älteste in Österreich fahrende Morgan stammt aus 1923. "Es geht um reine Emotion, nicht um Nutzen und Zweck", sagt Jörg Koessler. Die Firma in Trumau ist eine von 6 in ganz Europa, die sich nur auf Morgan spezialisiert hat. Andere Marken? Da haben Marlies Koessler-Hammerschmid und Jörg Koessler mehrfach abgewunken: "Wiesmann, Lotus, Atega hätten wir machen können. Doch Morgan ist komplett anders. Das hätte nicht gepasst."

Kein Wunder, dass der Zulauf an Kunden groß ist - sie kommen aus einem Umkreis von 1.000 Kilometern. Wobei: Der große Ansturm aus Osteuropa, wo früher noch die Hälfte aller Neuwagen verkauft wurden, hat nachgelassen: "Heute sind es nur noch 1 bis 2 pro Jahr." Etwa 15 bis 20 neue Morgan werden jährlich in Trumau verkauft, dazu kommen maximal 5 bis 6 gebrauchte. Die Preise für einen neuen Plus 4 starten bei etwa 68.000 Euro. "Beim Roadster mit 6-Zylindern auf klassischem Chassis geht leider die NoVA-Schere auf, da sind wir schnell bei 100.000 Euro."

33.000 Farben und 150 Ledermuster

Manchmal dauert es Jahre, bis sich ein Kunde zum Kauf entschließt: "Die Spezifikation ist für die Kunden die größte Herausforderung: Es gibt 33.000 Außenfarben und 150 Grundledermuster", sagt Koessler: "Für uns ist es immer eine Freude, etwas Neues zu gestalten. Durch die Handfertigung ist jedes Auto um einen Hauch anders." Die Lieferzeit liegt bei rund einem halben Jahr - und weil es handgeschraubt wird, sollte es schon nach 1.500 Kilometern zum Nachstellen in die Werkstätte.

Die ist für die Firma sehr wichtig: "Wir dürfen uns über die Auslastung nicht beklagen." Die Fahrzeuge werden eher selten in der Früh gebracht und am Abend wieder abgeholt. "Meist investieren wir in den Abschluss des Reparaturauftrags genauso viel Zeit wie in die Arbeiten selbst." Wie es denn sei mit Fachkräften bei einer so spezialisierten Marke? "Das war ein jahrelanger Kampf, aber momentan sind wir gut aufgestellt. Doch es dauert natürlich lange, bis jemand selbstständig arbeiten kann."

Über die Jahre hat Koessler gewisse Zyklen festgestellt: "Im Herbst kommen die Autos für größere Reparaturen und Sonderanfertigungen herein." Im Frühjahr ist man mit der Saisonvorbereitung ausgelastet - und dann startet das, was Koessler die "Druckphase" nennt: "Zum Beispiel wenn in der Saison ein Unfall oder Defekt passiert oder wenn ein Kunde merkt, dass sein Auto zwei Tage vor dem Urlaub nicht so recht will." Am Ende der Saison, also rund um den Nationalfeiertag, steigt in Trumau die große Abschlussparty, zu der bis zu 400 Leute kommen.

Brexit, Pfund und Nachwuchsmangel

Und die Zukunft? Immer strenger werdende Zulassungsvorschriften, Brexit und der Wechselkurs zum Pfund sind tagtägliche Herausforderungen. Dazu kommt noch die Tatsache, dass immer weniger junge Leute sich ein solches Fahrzeug kaufen. Kein Wunder, dass sich die Koesslers verstärkt um die Vermietung der Morgan kümmern und sogar mehrtägige exklusive Reisen veranstalten. Ein Bereich, der immer wichtiger wird. "Es ist ein Mosaikgeschäft", sagt Koessler: "Jeder Bereich allein ist nicht überlebensfähig, als Gesamtpaket aber sehr wohl."