Viele (Premium-)Hersteller beobachten sorgenvoll, dass andere
Branchen durch digitale Disruptoren grundlegend verändert werden
(AirBnB, Uber, Spotify etc. ), und befürchten eine ähnliche
Entwicklung im Pkw-Handel.
Sollte dieser Fall eintreten, werden die
Hersteller zu Hardwarelieferanten degradiert, die Kundenschnittstelle
wird durch ein (fremdes) Internetportal besetzt, die wertvollen
Kundeninformationen dort abgegriffen und ein Nachfragemonopol
aufgebaut.
Auch Hersteller rücken näher zusammen, da sie sich nicht mehr
gegenseitig als die bedrohlichsten Wettbewerber sehen, sondern eben
diese digitalen Vermittler wie zum Beispiel der gemeinsame Kauf des
digitalen Kartenanbieters "Here" durch Audi, BMW und Mercedes oder
die Zusammenführung der Carsharing-Dienste von car2go (Mercedes) und
DriveNow (BMW).
Eine weitere Gegenstrategie der Hersteller können eigene Portale
sein. Das Problem dabei ist, dass durch die oftmals sehr
volumenorientierten Margen-und Bonussysteme es permanent
Vertriebspartner gibt, die durch den Absatz einiger zusätzlicher
Einheiten große Boni verdienen können und bereit sind, dafür
Fahrzeuge mit hohen Nachlässen zuverkaufen. Die eigenen Portale
können also zu einem unkontrollierten Preisverfall führen.
Um die Preiskontrolle durch den Hersteller zu gewährleisten, OHNE
gegen Kartellrecht zu verstoßen, wird als mögliche Lösung die
Umstellung auf ein Agentensystem diskutiert.
Diese Idee ist zunächst schlüssig, kann aber zu erheblichem
Kollateralschaden für den Handel führen: Der Agent vermittelt Kunden
ja nur mehr an den Hersteller, der jetzt einziger Händler für
Neu-,Gebrauchtwagen, Leasing und sonstige Dienstleistungen ist. Jedes
Geschäft ist ein Direktgeschäft. Während dies inder realen Welt noch
ganz gut funktionieren kann (Kunde schließt mit dem Hersteller über
Vermittlung des Agenten einen Kaufvertrag ab), gibt es in der
digitalen Welt realistischerweise keine Vermittlung, wenn es der
Hersteller nicht will. Der Kunde loggt sich auf der
Herstellerplattform ein und tätigt dort seinen Kauf (click-andbuy).
Er unterschreibt aber kein physisches Papier mehr beim Agenten, aus
dem dieser einen Provisionsanspruch ableiten kann.
Theoretisch könnte der Agent versuchen, den Kunden auf eine eigene
Plattform zu dirigieren, um ihn dann an den Hersteller
weiterzuleiten. Das ist eher unrealistisch, da es den meisten
Vertriebspartnern schwer fallen dürfte, bessere (attraktivere)
Plattformen als die Hersteller zu programmieren. Der Wettbewerb-wer
hat die bessere Plattform - ist vom heutigen Handel nicht zu gewinnen
und kann vom Hersteller jederzeit unterbunden werden.
In einem derartigen System steht es dem Hersteller auch frei, neben
dem eigenen Agentennetz fremde digitale Vermittler zu nutzen, z. B.
ein spezielles Angebot für Amazon-Kunden zu schaffen. Dadurch liefe
das Autogeschäft endgültig am heutigen Handel vorbei