Der Trend, nostalgisch mit alten Autos aus den 1950er-und
1960er-Jahren durchs Land zu kutschieren, hält an. Die Vergabe des
"Pickerls" wird für die Werkstätten nicht einfacher.
Durch die Oldtimer-Renaissance steigt der Bedarf, diese in Schuss zu
halten. Zur Freude zahlreicher Werkstätten, denen sich ein über das
Tagesgeschäft hinausgehendes Geschäftsfeld eröffnet. Von einigen
Oldtimer-Fetischisten wurde nun beim Verkehrsministerium angeregt,
für derartige Fahrzeuge strengere Zulassungsbestimmungen zu schaffen.
Im Verkehrsministerium wurde diese Idee von Dipl.-Ing. Dr. Friedrich
Forsthuber freudig aufgegriffen. Schon in der Vergangenheit gab es
für Oldtimer das grüne Pickerl, wobei die Einhaltung der damit
verbundenen Zulassungsbestimmungen von der Exekutive zu überprüfen
war. Diese klagte jedoch stets, bei Verkehrskontrollen auf der Straße
überfordert zu sein. Und so kam der Vorschlag, diese Kontrollfunktion
an die Kfz-Werkstätten auszulagern, den Behörden durchaus gelegen.
Überprüfung der Historizität des Fahrzeugs
AUTO&Wirtschaft hat bereitsüber die 35. KFG berichtet, mit der nun
tatsächlich die roten Begutachtungsplaketten erfunden wurden. Seither
fragen sich einige Fachleute, ob dies nicht eine Schnapsidee war, mit
der den Oldtimerfreunden nur zusätzliche Kosten aufgebürdet werden.
Denn die Werkstätten haben bei diesem roten Pickerl in Zukunft nicht
nur die Betriebs-und Verkehrssicherheit zu kontrollieren . Sie müssen
auch die Übereinstimmung des Fahrzeugs mit jenem behördlichen
Genehmigungsdokument, das die Historizität dieses Fahrzeugs
dokumentiert, überprüfen. Das bedeutet auch, dass die Werkstätten
nicht nur denBehörden, sondern allenfalls auch den Käufern
derartiger Oldtimer für die Richtigkeit dieser Überprüfung haften.
Wie sollen die mit 1. Jänner 2018 in Kraft getretenen Bestimmungen
zur wiederkehrenden Begutachtung historischer Fahrzeuge von den
Werkstätten umgesetzt werden? Dafür hat das Ministerium flugs einen
Erlass verfasst, der bis zu der spätestens am 20. Mai 2018 in Kraft
tretenden neuen Prüf-und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV)
Klarheit schaffen soll. Diese Prüfpflicht wird nun recht simpel und
wenig aufschlussreich definiert: "Das Genehmigungsdokument ist,
soweit das durch das prüfende Organ beurteilt werden kann, zu
überprüfen."
Frühestens im Sommer 2018
Erich Groiss, Chefsachverständiger des ARBÖ, sieht die Werkstätten
und ihre Prüfer nun vor dem Problem, zusätzlich zu technischen
Mängeln auch Vorschriftenmängel beurteilen zu müssen. Was ist einem
Prüfer nun alles zumutbar? Da wird auch die kommende PBStV keine
Klarheit schaffen: "Genaue Erläuterungen wird es erstim neuen
Mängelkatalog geben. Frühestens im Sommer 2018 werden die ersten
roten Pickerl auf den Straßen unterwegs sein."
Für Andrej Prosenc, Chef-Sachverständiger des ÖAMTC, ist es vorweg
darum gegangen, die damit verbundenen Kosten zu kalkulieren. "Es
handelt sich dabei um eine recht kleine Gruppe", entfallen von den
jährlichen 700.000 normalen §-57a-Überprüfungen beim ÖAMTC bloß 1.500
auf historisch zertifizierte Fahrzeuge. "Wir behandeln das derzeit
wie ein normales Pickerl und schlucken den Mehraufwand selbst."
Prosenc sieht diese neuenÜberprüfungen deshalb gelassen. "In den
Genehmigungsdokumenten steht meist kaum mehr drinnen als im normalen
Zulassungsschein." In diesem werden normalerweise nicht einmal die
Bremsanlage und die Gemischaufbereitung angeführt. Problematisch ist
für ihn jedoch, dass die tatsächliche Beurteilungder Prüfpflicht
Landessache ist. "Und wir wissen derzeit nicht, wie das die
Landesregierungen auslegen werden."
Sachverständigengutachten notwendig
Er versteht die Bemühung der Behörden, von der bisherigen Prüfpflicht
befreit zu werden. Bloß für die Oldtimer-Besitzer erkennt er im roten
Pickerl derzeit keinerlei Vorteile. Damit die Autos als "historisch"
anerkannt werden, müssen sie zuerst zu einer behördlichen
Genehmigung. Dafür brauchen sie ein Sachverständigengutachten. Und
danach müssen die dort festgestellten Genehmigungsmerkmale alle zwei
Jahre zur Überprüfung, ohne dass diesem Aufwand ein erkennbarer
Nutzen gegenüber steht.
"Das ist ein bisserl Vereinsmeierei -um den anderen zeigen zu können,
dass man ein als Oldtimer zertifiziertes Auto fährt." Für Prosenc
wäre eine derartige Regelung erst dann sinnvoll, wenn manche Städte
für ältere Fahrzeuge Fahrverbote erlassen - von denen dann Oldtimer
mit roten Pickerln generell ausgenommen werden. Was etwa für
Sternfahrten nach München oder Düsseldorf hilfreich wäre -so diese
Städte Oldtimer mit roten Pickerln tatsächlich privilegiert herein
lassen.
Sinn macht das allenfalls schon jetzt für jene Sachverständigen, die
sich auf eine derartige Gutachtenserstellung spezialisiert haben. Und
für jene Werkstätten, die ihren Kunden den erhöhten Prüfaufwand und
die damit verbundene Haftung auch wirklich verrechnen. Tatsächlich
besteht für Oldtimer keine Pflicht zum roten Pickerl -undden
Einschränkungen. Wenn sie betriebs-und verkehrssicher sind, bekommen
sie wie bisher ihr jährliches weißes Pickerl. Die Werkstätten
brauchen für das rote Pickerl auch keine neuen Geräte -das bisherige
Format wurde ohne Änderung beibehalten. "Einige wollten halt das
historische Pickerl etwas aufwerten", sagt Groiss. Für ihn bedeuten
auch die neuen zeitlichen Fahrbeschränkungen - sie dürfen nur 120
Tage im Jahr auf die Straße -keine Verschlechterung: "Echte Oldtimer
sind eh nie mehr als ein paar Tage unterwegs." Und die 30-jährigen
Pseudo-Oldtimer sollen wie bisher bloß mit weißen Pickerln unterwegs
sein.