Es waren nur wenige Minuten, doch die hatten es in sich: Vor allem deshalb, weil an diesem zuvor so heißen Tag -dem 10. Juli -nicht wie so oft ein wenig besiedelter Landstrich betroffen war, sondern der Süden und Osten einer Millionenmetropole, nämlich Wien. Binnen weniger Minuten "verhagelte" es nicht nur die auf den Straßen geparkten Autos, sondern auch die Gebrauchtwagenplätze (und teilweiseauch die Neuwagen) vieler Händler.

Bald war klar, dass die Schäden in die Millionen gehen: Die Telefone bei den Versicherungen klingelten pausenlos, eine Schadensmeldung nach der anderen trudelte ein. Selbst Ende August, also mehr als eineinhalb Monate nach der Katastrophe, konnte man bei der Generali -die im Kfz-Bereich traditionell sehr stark vertreten ist-keine endgültige Aussage über den Gesamtschaden machen. Die Schadenserhebung sei noch im Laufen, hieß es aus der Generaldirektion in der Wiener Innenstadt: "Für eine abschließende Nennung der Anzahl der Schäden sowie der Gesamtschadensbelastung ist es noch zu früh."

Ähnlich die Auskunft beim Versicherungsverband; Dort will man die Zahlen (wenn sie von den Mitgliedern eintreffen) überhaupt erst im Februar 2018 (!) kommunizieren.

Wien, Burgenland, Steiermark, Niederösterreich,

Besorgte Gesichter gibt es derzeit auch bei der Allianz: "Wir beobachten ein steigendes Schadensaufkommen infolge der Unwetter der vergangenen Wochen", heißt es im Unternehmen: Die größte Intensität habe es im Raum Wien (Hagelunwetter "Wolf" vom 10. 7.), im Nordburgenland (Region Neusiedlersee, 9. bis 11.8.), in der Obersteiermark (Region Ennstal, 4. bis 6.8.) und in Oberösterreich (Region Innviertel, Hausruckviertel, 18. bis 19 .8.) gegeben. Doch damit nicht genug, wie die Unwetter von Ende August im Waldviertel und im Kärntner Gailtal zeigen.

Jene, die von derartigen Ereignissen profitieren, sehen das naturgemäß anders. "Ein sensationelles Hageljahr, wie es nur alle sieben oder acht Jahre vorkommt", ist die Bilanz von Dominik Denk vom "Dellenteam"."Wenn es eine große Stadt wie Wien verhagelt, merkt man das auch an den Stückzahlen." Ende August sei die erste Woche gewesen, wo er und seine Mitarbeiter"wenigstens ein bisschen zum Durchschnaufen" gekommen seien: "Wir haben 70 Leute im Einsatz: Da sind auch Partner aus dem Ausland dabei, mit denen wir in Österreich schon lange zusammenarbeiten."

Partner, auf die man sich verlassen kann

Es sei aber gar nicht leicht, genügend qualifiziertes Personal zu finden, da es heuer auch in Deutschland, der Schweiz, Italien und Tschechien sehr viele Hagelschäden gebe. "Umso wichtiger sind langjährige Partnerschaften, auf die man sich verlassen kann. Es bringt nichts, wenn die von heute auf morgen abbiegen, wenn sie woanders eine Arbeit finden." Unter anderem sei in seinem Team sogar ein Schwede, sagt Denk: "Ein Spitzentechniker."

Ausgelastet sind die Mitarbeiter "in jedem Fall bis Anfang Oktober": Dennoch gelinge es immer wieder, spontane Schäden -etwa 20 pro Woche -zwischendurch "einzuschieben", um die Kunden (Autohäuser und Werkstätten) zufriedenzustellen.

Von einer sehr guten Auslastung bis weit in den Herbst spricht auch Reinhart Clark von "Clark"s Karosseriedienst" in Wien-Donaustadt: "Die Hagelunwetter waren im Süden Wiens und im Osten, vor allem in Groß-Enzersdorf bis Orth an der Donau - und wir liegen quasi mittendrin." Bei einigen Autos könne man die Schäden nur mit Drücken ohne Lackieren beheben, doch etwa die Hälfte der Fahrzeuge sei massiv betroffen: "Kaputte Windschutzscheibe, Motorhaube erneuern, Dachrahmen lackieren."

Angesichts der Katastrophe regt Erik Paul Papinski, Bundesinnungsmeister der Karosseriebautechniker, eine neue Vorgangsweise für derartige Schäden an. Ähnlich wie bei Massenkarambolagen, wo eine Versicherung federführend mit der Abwicklung betraut sei, müsse es auch bei derartigen Hagelereignissen Maßnahmen geben, um die Abwicklung zu beschleunigen: "Ich denke, dass wir Ende September darüber mit dem Versicherungsverband sprechen werden."

"Druck von den Kunden"

Die Mitarbeiter in den Karosseriebetrieben seien in den vergangenen Wochen einem massiven Druck seitens der Kunden ausgesetzt gewesen, die verhagelten Autos möglichst rasch zu reparieren: "Dabei hätten die meisten mit diesen Fahrzeugen noch 100 Jahre fahren können", meint Papinski etwas überspitzt.

"Dann sind auch die Werkstätten unter Zugzwang. Und die Sachverständigen können sich ja auch nicht vierteilen, um überall gleichzeitig zu sein", so der Bundesinnungsmeister. Schwer beschädigte Autos (etwa mit kaputten Windschutzscheiben) müssten in jedem Fall vorrangig repariert werden können, so Papinski - eine Forderung, der sich auch die Versicherungen anschließen.