Das Produkt Ganzjahresreifen gibt es schon seit geraumer Zeit. In
jüngster Zeit wird es seitens mancher Hersteller immer stärker
beworben. Wir fragten im Reifenfachhandel nach, ob die Kunden schon
darauf reagiert hätten.
Autofahrer wissen Bescheid
"Bis dato interessieren sich Kunden -bis auf vereinzelte Anfragen
-fast nicht für Ganzjahresreifen", wie Peter Müller, Geschäftsführer
Reifen-Peter/Feldkirch, berichtet. "In Vorarlberg werden Winterreifen
aufgrund des teilweise alpinen Geländes benötigt. Auch den Kunden ist
bewusst, dass sie im Winter auf die entsprechende Bereifung ganz
genau achten müssen." Vielen Autolenkerinnen und Autolenkern sei auch
klar, dass ein Winterreifen mit einer Profiltiefe unter 4 mm nicht
mehr für seinen eigentlichen Zweck verwendet werden könne. "Es macht
wenig Sinn, einen Ganzjahresreifen zu montieren und diesen, wenn er
die gesetzlich vorgeschriebene Profiltiefe verloren hat,im Winter
durch einen neuen Ganzjahresreifen zu ersetzen."
Kunden aufklären
"InÖsterreich gibt es im Gegensatz zu Deutschland für Winterreifen
eine vom Gesetzgeber vorgegebene Mindestprofiltiefe von 4
Millimetern", so Mag. Michael Peschek, Geschäftsführer
Point-S/Salzburg. "Darüber hinaus verfügt der Ganzjahresreifen auch
nicht über die Profilstärke eines Winterreifens, der mit 8
Millimetern in zur Auslieferung kommt." Natürlich müssten Kunden auch
darüber entsprechend aufgeklärt werden, vor allem etwa darüber, dass
bei einem Ganzjahresreifen in Österreich (im Gegensatz zu
Deutschland, wo die Mindestprofiltiefe bei 1,6 Millimetern liegt) bei
4 Millimetern die Wintereigenschaften weg seien und dieser damit auch
nicht mehr der gesetzlichen situativen Winterreifenpflicht
entspreche.
In Tirol nicht gefragt
"Aufgrund der topografischen Verhältnisse in den Bergen sind
Ganzjahresreifen eigentlich kein Thema", weiß Herbert Varga,
Geschäftsführer Reifen Varga/Thaur. Es gebe sie ja schon länger und
sie seien in alpinen Bereichen auch früher wenig gefragt gewesen. Das
Kundenverhalten habe sich insofern geändert, "dass nochmals verstärkt
auf die Preisstellung geschaut wird und damit ergibt sich
zwangsläufig ein höherer Absatz von preisgünstigen Produkten." Es sei
schwieriger geworden, teure Markenware an den Mann zu bringen, wobei
vor allem im Privatkundenbereich mehr gespart werde. "In Österreich
ist für Winterreifen eineMindestprofiltiefe vorgeschrieben, da haben
Ganzjahresreifen ein entsprechendes Ablaufdatum."
Nachfrage hält sich in Grenzen
"Es gibt natürlich Kunden, die vermehrt nach Ganzjahresreifen fragen,
aber bei uns sind sie ein weitaus weniger bedeutendes Thema als in
großen Städten", sagt Herbert Wadel, Reifen Wadel/Klagenfurt. "Sobald
wir unsere Kunden aber aufklären, was der Ganzjahresreifen kann und
was nicht, greifen die meisten zuSommer-und Winterreifen. Damit hält
sich die Nachfrage bei diesem Produkt in Grenzen. Die Industrie macht
uns da etwas weis, was in Wirklichkeit nicht ist". Man habe starke
Argumente in der Hand, die die Kunden überzeugten. "Das ist auch
wichtig, denn wir verdienen mit der Einlagerung, wir verdienen mit
der Dienstleistung. Steigen die Kunden auf Ganzjahresreifen um,
verlieren wird den Kontakt zu ihnen."
Thema für urbane Bereiche
"Ganzjahresreifen sind eher noch ein Thema in der Großstadt, aber wir
sind am Land und in den Voralpen kann es auch entsprechend harte
Winter geben, weshalb unsere Kunden hauptsächlich Winterreifen
benötigen und Ganzjahresreifen nur selten nachgefragt werden",
berichtet Franz Doblhofer, Geschäftsführer Doblhofer Reifen/Ried im
Innkreis. Das liegenicht zuletzt auch daran, dass die Menschen im
Vergleich zu den Städten mangels Alternativen viel mehr von ihren
Fahrzeugen abhängig seien, um damit ihren Arbeitsplatz zu erreichen.
"Für viele Kunden spielt natürlich der Preis eine Rolle, aber sie
schätzen auch Qualität. Gleichzeitig habe ichbemerkt, dass immer
mehr Kunden fachmännisch beraten werden wollen."
Nicht geeignet
"Bei uns spielt das Wetter oft Kapriolen, sowohl im Winter als auch
im Sommer, das wissen auch unsere Kunden und deshalb spielen
Ganzjahresreifen auch nur eine untergeordnete Rolle, erklärt
Christoph Leszkovich, Geschäftsführer von Reifen Ritz/Eisenstadt.
"Der Ganzjahresreifen macht also aus genannten Gründen keinen Sinn,
deshalb empfehlen wir ihn auch nicht." Es könne durchaus sein, dass
sich diese Reifen in Ländern wie Spanien oder auch in Norddeutschland
größerer Beliebtheit erfreuen, in Österreich ist das aufgrund der
Topografie, des vorherrschenden Wetters und den daraus resultierenden
Anforderungen aber anders: "Die Kunden schätzen die Qualität und
wollen auch sicher unterwegs sein."
Nur ein Randthema
"In unserem Unternehmen bewegt sich die Nachfrage nach
Ganzjahresreifen auf einemäußerst bescheidenen Niveau", wie Mag.
Matthias Leichtfried, Geschäftsführer Weichberger GmbH/Oberndorf an
der Melk, sagt. Eine leichte Steigerung habe es bei Weichberger nur
bei gewerblichen Verbrauchern gegeben, bei Privatkunden praktisch
keine. "Wobei sich interessierte Kunden dann zumeist doch für die
gewohnte Variante -also Winter-und Sommerreifen -entscheiden."
Grundsätzlich obliege die Entscheidung bei der Wahl des Produktes dem
Kunden. Dieser müsse sich auch im Klaren sein, wo und wann er dieses
Produkt einsetzen wolle und auch einsetzen könne: "Wobei wir ihn
natürlich gerne fachmännisch beraten."
Vereinzelte Nachfragen
"Wenn in der Obersteiermark der Winter einbricht, dannüberrollt er
uns oft wirklich heftig. Für unser Gebiet können wir Kunden
Ganzjahresreifen daher überhaupt nicht empfehlen", sagt Ernst
Simbürger, Geschäftsführer Reifen Huemer/Liezen. Auch im Bereich der
Unternehmen sei dieses Produkt kein Thema: "Für unsere Flottenkunden
kommt dieser Reifenauch nicht infrage, weil Leasinggesellschaften
sich oft insofern absichern, dass die Fahrzeuge mit ordentlichen
Sommer-und Winterreifen unterwegs sind." Am ehesten würden sich -und
das aber auch nur vereinzelt -vor allem ältere Autofahrerinnen und
Autofahrer, die nicht mehr als 2.000 bis 3.000 Kilometer pro Jahr
unterwegs seien, für Ganzjahresreifen interessieren.
Produkt für Wenigfahrer
"Es hat eigentlich immer schon Kunden gegeben, die Ganzjahresreifen
nachgefragt haben, weil dieses Produkt ja schon seit geraumer Zeit
verfügbar ist. Mir wäre aber nicht aufgefallen, dass die Nachfrage in
jüngster Vergangenheit sprunghaft angestiegen ist", meint Andreas
Endel, Geschäftsführer Endel&Auer/Wien 1. "Natürlich erhalten die
Kunden von uns fachmännische Beratung. An diesem Produkt sind vor
allem Kunden -und das sind sehr wenige -, die entweder sehr wenig
fahren oder auch Besitzer von Fahrzeugen älterer Baujahre sind,
interessiert." Als Zwitter eigne sich dieses Produkt auch vor allem
für Wenigfahrer, die bei Schnee nicht unbedingt fahren müssen. "Die
meisten Kunden verstehen das und sind auch nicht beratungsresistent."