Ein Toyota Hilux ist immer brav. Dieser hier ist die Ausnahme.
Schreie im Hintergrund (Dank an alle, die schon aus der Ferne richtig
erkannt haben, dass sich das so nicht ausgehen kann.), ein mir
entgegeneilender Garagenwart (der die Meinung der Zaungäste längst
übernommen hat) und mittendrin ein neuer Toyota Pickup, der so nun
wirklich nicht durch den 2,05 Meter hohen Einfahrtsbogen passen
sollte. Das liegt nicht an den am Überrollbügel angebrachten
Zusatzscheinwerfern, es liegt bereits am Überrollbügel selbst und ob
sich die Dachhöhe schlussendlich ausgegangen wäre, ist auch ungewiss.
Fakt ist, dass dieser Pickup in einer vom Parkpickerl geprägten Stadt
nur dann Freude bereitet, wenn er auch ein solches hat. Zusätzlich
sind auch sechs Meter lange Parkplätze von Vorteil. Die braucht
dieser Hilux einerseits aufgrund seiner aus Stahlrohren mit 76
Millimeter Durchmesser bestehenden Rammbockattrappe an der Front und
andererseits, weil esfür andere Verkehrsteilnehmer einschüchternd
wirkt, wenn das Heck des Toyota über ihrer Motorhaube verweilt.
Wenigstens vor einer Anhängerkupplung muss sich niemand fürchten,
vielleicht auch, weil es für diese Höhe gar keine Anhänger gibt.
Ohne Parkpickerl und ohne Parkplatz bleibt eigentlich nur die Flucht
aufs Land, auch wenn sie für einen Montagnachmittag so eigentlich
nicht geplant war. Dienstag ist ja auch wieder ein Bürotag. Die
innerstädtische Fortbewegung im ersten Stock sichert den weitläufigen
Überblick, all die Dinge, die sich in der Nähe des Fahrzeuges
befinden, sind umso leichter zu übersehen. Fußgänger, Radfahrer,
Kinder -hätte Toyota einen solchen Hilux gewollt, man hätte ihn als
Frontlenker gebaut, so wie Autobusse auch. Auf Samtpfoten im
305er-Format geht es somit durch die Gassen des dritten Wiener
Gemeindebezirks und so wird auch niemand übersehen, zumindest ist uns
nichts bekannt. Die Aufmerksamkeit echter 4x4-Fans ist dabei stets
garantiert. Sie staunen, einige winken und die Neider sind dadurch zu
erkennen, dass sie einem den Vogel zeigen. Auch gut.
Die Sorge, dass die grobstolligen Ballonreifen spätestens auf der
Tangente zur akustischen Terrorquelle mutieren und jeder Spurrille
nachlaufen, die sie finden, erweist sich als unbegründet. Natürlich
ist es lauter als in einem normalen Hilux und natürlich gilt es, das
Lenkrad ein wenig fester zu halten, die Unterschiede zum Serienauto
haltensich dennoch in überschaubaren Grenzen. Tribut fordert der
Umbau nur beim Beschleunigen. Toyota rückt dieser Problematik mit
einem Powerchip entgegen, der genau jene 30 zusätzlichen Pferde
aktiviert, die Reifen, Höhe und anderes Zubehör verschlingen, wodurch
ziemlich exakt die Fahrleistungen des Serienautos zur Verfügung
stehen. An den rund drei Liter Mehrverbrauch, die der Umbau stets mit
sich bringt, ändert dies jedoch nichts. Den Gießhübel rauf mit 80 und
auf der anderen Seite mit 180 wieder runter, da bedarf es nicht nur
wegen der stets lauernden Exekutive viel Mut. Möglich aberist es.
Auf der Landstraße angekommen, erlaubt die hohe Sitzposition Blicke
bis weit ins Land hinein. Ans Rasen denkt längst niemand mehr. Der
Weg ins echte Gelände führt diesmal über mehrere Kilometer
Schotterstraßen und hier machen sich der hohe Schwerpunkt und die
großen Räder dadurch bemerkbar, dass das Cutten von Kurven die ganze
Fuhre in Bewegung setzt.
Eine aufmerksame und zugleich feste Hand am Lenkrad bekommt solche
Situationen gut in den Griff. Hilfreich ist es, wenn man damit schon
im Vorfeld rechnet. Von 2WD auf 4WD und auch gleich die Untersetzung
aktiviert, setzt sich Bigfoot schwungvoll in Bewegung. Derängstliche
Blick des Fahrers ist dabei stets nach oben gerichtet, um tief
hängende Äste und dergleichen rechtzeitig zu erkennen. Bei all dem
Bügelwerk wäre ein außenliegender Überrollkäfig vermutlich auch schon
egal gewesen. Keinerlei Aufmerksamkeit verlangt die Topografie der
befahrenen Waldwege. Selbst dort, wo ein Serien-Defender nur mit viel
Geschick ohne Bodenkontakt durchkommt, rollt dieser Hilux einfach
durch, als wäre es eine Schotterstraße. Nur in Ausnahmefällen hat die
Unterbodenschutzplatte an der Front damit zu tun, Schlammklumpen und
kleinere Baumstrünke zu zerstören,am Fahrer geht auch das vorbei.
Nach ein wenig mehr Mut als mit einem Serienauto verlangen die
Kletterpassagen. Von so hoch oben wirkt alles gleich schwieriger als
es eigentlich ist. Langsam an den Steilanstieg herangetastet, bedarf
es einer sportlichen Grundnatur, um den Fahrerplatz zu verlassen, um
sich zu vergewissern, ob sich eh alles ausgeht. Nichts peinlicher,
wenn der eigene Elan zwar zum Aussteigen, aber nicht wieder zum
Einsteigen reicht. Nach einer kurzen Verschnaufpause ist es dann doch
noch gelungen. Nach der ersten Viertelstunde im echten Gelände
entsteht auch ein Grundvertrauen in das Auto, das sich fortan in
einem stets wachsenden Tempo zeigt. Das soll so natürlich nicht sein,
ist aber speziell dann, wenn draußen jemand mit einer Kamera in der
Hand steht, kaum zu vermeiden. Dem Toyota scheint auch das recht egal
zu sein, die beim Testwagen vorhandenen 100-Prozent-Sperre für die
Hinterachse haben wir jedenfalls nie gebraucht, was aber nicht heißen
soll, dass man auf sie verzichten darf.
Zu dem größten Vorteil jedes Pickup-Modells zählt seine Ladefläche,
auf der sich auch moderne und damit eigentlich viel zu große
Mountainbikes bequem verstauen lassen, nur dass man bei diesem Hilux
Elektromountainbikes mit einem Kran verladen muss, während einfache
Fahrräder nur nach einer Mindestkörpergröße von 1,8 Metern verlangen.
Das Rad von der Ladefläche geschnappt, die wichtigsten Utensilien in
den Rucksack gepackt, geht es mit deutlich reduziertem CO2-Ausstoß
zurück in die Stadt. 90 Minuten später ist das Büro erreicht. Der
nächste Tag lehrt uns, dass dieser Hilux etwas für sportliche Naturen
ist, die vom Wienerwald in die Stadt stets das Radl nehmen, weil die
Sache mit den Parkhäusern nicht ganz so einfach ist. Für all jene,
die es mit dem Sport nicht so haben, ist und bleibt ein serienmäßiger
Hilux mit ordentlichen Reifen die bessere Wahl, alle anderen dürfen
fürsich entscheiden, ob sie gut und gern 20.000 Euro in etwas
bessere Offroadeigenschaften, deutlich mehr Verbrauch und schwächere
Fahrleistungen investieren wollen.
PS: Die am Testwagen angebauten (aber nicht aktiven) LED-Lichter sind
inÖsterreich in dieser Form beziehungsweise in dieser Menge und an
diesen Montagepunkten nicht zulassungsfähig. Wer auf Extralicht
dennoch nicht verzichten will, bekommt unter anderem bei
Taubenreuther, Style-X oder Eurosignal typisierte LED-Lichter
angeboten und auch montiert.